Heribert Prantl fordert ein 'praktikables Urheberrecht' in der Süddeutschen Zeitung:
Prosumer:
Um nicht ins Stadium der Erbärmlichkeit hineinzugeraten, muss das Recht zum Beispiel lernen, dass es die Internetwelt nicht einfach strikt in Konsumenten (also User) und Produzenten (also Urheber) trennen kann, sondern viele Nutzer zugleich konsumtiv und produktiv tätig, sie also "Prosumenten" sind - wenn sie aus ein paar Filmen, Bildern, Musiken etwas Neues schaffen oder eine schon existierende Geschichte fortschreiben.
vs. Kontrolle über bestehende Werke:
Es sieht auch fast jeder ein, dass es der Dichter nicht dulden muss, dass sein Doktor Schiwago auf einmal Held eines Pornofilms ist. Und der Schöpfer des rosaroten Panthers muss es sich nicht gefallen lassen, dass Neonazis seine Trickfigur als virtuellen Führer durch ihre Mörderwelt missbrauchen.
und
Verbot von Filesharing:
Recht war und ist immer ein Interessenausgleich. Das heißt aber nicht, dass bestehende krasse Illegalitäten, die Usus geworden sind (Benutzung der illegalen Tauschbörsen), einfach legalisiert werden sollen. Es gibt kein Recht auf kostenlose Konsumgüter, ganz gleich welcher Art. Es gibt ein Recht auf Zugang zu Informationen, nicht aber zu den Werken, die daraus gemacht werden.
vs. Nutzung von Werken über Social Networks im Rahmen von Kommunikation:
Was Jugendliche früher mit der Schere aus der Bravo ausgeschnitten und ins Album geklebt haben, kopieren sie heute auf ihre Facebook-Seite. Das Urheberrecht darf daraus kein Skandalon machen, welches das Familieneinkommen gefährdet.
Heribert Prantl schreibt oft sehr gute Texte. Auch dieser gehört nicht zu den schlechtesten Texten zum Thema Urheberrecht, aber er offenbart auch eine gewisse Ratlosigkeit:
Herr Prantl sieht die Notwendigkeit einer Reform des Urheberrechts, um die gängige Praxis im Netz zu legalisieren, will aber gleichzeitig den damit verbundenen Kontrollverlust nicht hinnehmen.
Er ruft nach der Quadratur des Kreises und fordert, das ein kluger Geist (das Genie in der einsamen Kammer?) endlich rund und eckig vereint, weil beides wichtig und richtig ist.
Der innere Widerspruch ist aber so offensichtlich, dass er auch Herrn Prantl auffallen dürfte.
Interessant wird die deutsche Urheberrechtsdebatte erst, wenn intelligente Menschen wie Herr Prantl anfangen, über eine konkrete Auflösung dieses Widerspruchs nachzudenken. Denn eins ist sicher: Dafür muss man sich entscheiden, was einem wichtiger ist. Bis dato drücken sich leider fast alle, die sich in der Öffentlichkeit in Deutschland dazu äußern, vor dieser Entscheidung.
Siehe auch: