Facebook hat die schlagzeilenträchtige Marke von 500 Millionen aktiven Nutzern bekanntgegeben. Aktive Nutzer bei Facebook sind solche, die sich in den letzten 30 Tagen mindestens einmal eingeloggt haben.
Inhalt:
Inhaltsverzeichnis
Kontext
Irgendwann letztes Jahr, aber spätestens dieses Jahr zum Start des Open Graph Protocols und der Social Plugins ist Facebook vom größten Social Network der Welt endgültig zum Internet-Giganten geworden (siehe hier für eine ausführliche Analyse zu den Social Plugins, Open Graph Protocol und Graph API). Während vielen Beobachtern angesichts des Wachstums von Facebook langsam mulmig wird (warum, dazu gleich mehr), scheint vielen die Tragweite von Facebook immer noch nicht klar zu sein:
Das letzte Internet-Jahrzehnt wurde mehr oder weniger von Google bestimmt. Pagerank, Websuche, SEO.
Das jetzt kommende Internet-Jahrzehnt wird von Facebook bestimmt. Facebook ist nicht einfach ’nur‘ das nächste Google, was die Tragweite für das Web betrifft. Will man Facebooks mittelfristige Auswirkungen auf das Internet begreifen, muss man sich ein Google vorstellen, das zusätzlich noch mit seinem Aufkommen den Hyperlink erfand.
Facebook bei den Zahlen
Noch ein paar weitere Zahlen, um die Größe und die Dynamik von Facebook besser einordnen zu können.
Aus der Pressemitteilung:
- 50 Prozent der aktiven Nutzer loggen sich täglich ein. (das heißt 250 Millionen Nutzer, die sich täglich einloggen)
- Mehr als eine Million Entwickler und Unternehmer nutzen die Plattform in mehr als 180 Ländern.
- Mehr als eine Million Websites haben die Facebook-Plattform bereits integriert.
- Mehr als 150 Millionen Nutzer interagieren mit Facebook jeden Monat über externe Sites.
Aktuelle Nutzerzahlen im deutschsprachigen Raum:
Deutschland: 9,95 Mio. (+100.000 seit Juni 2010)
Schweiz: 2,23 Mio.
Österreich: 2,08 Mio.
Weitere Eckdaten:
- Facebook hatte 400 Millionen aktive Nutzer im Februar diesen Jahres erreicht.
- Drei Monate vorher erreichte man 350 Millionen aktive Nutzer.
- Zyngas FrontierVille ist in den ersten 36 Tagen auf 20 Millionen Nutzer gewachsen, was die Möglichkeiten der Plattform recht deutlich macht.
- Aktuell existieren über drei Milliarden Like-Buttons auf den Websites außerhalb von Facebook
- Social Plugins befinden sich auf über 350.000 Websites, vor einem Monat waren es noch 200.000, im Mai 100.000.
- Facebook verzeichnet 570 Milliarden Seitenaufrufe pro Monat. Das ist mehr als die 99 nächstgrößten Websites zusammen.
Inside Facebook hat Facebooks internationales Wachstum visualisiert:
‚Das ist nicht mehr mein Internet!‘
Facebook, das mit seiner Außenintegration nebenbei das semantische Web voranbringt, wird das Internet für die nächste Zeit massgeblich bestimmen.
Douglas Adams hat einmal geschrieben:
1) everything that’s already in the world when you’re born is just normal;
2) anything that gets invented between then and before you turn thirty is incredibly exciting and creative and with any luck you can make a career out of it;
3) anything that gets invented after you’re thirty is against the natural order of things and the beginning of the end of civilisation as we know it until it’s been around for about ten years when it gradually turns out to be alright really.
Apply this list to movies, rock music, word processors and mobile phones to work out how old you are.
In letzter Zeit konnte man einige enttäuschte Utopisten und Netz-Idealisten aus den Neunzigern dabei beobachten, wie sie sich am Social Web abarbeiteten; hierzulande immer wieder dankbar aufgenommen und verbreitet von der FAZ. Das Internet wurde nicht zu dem Utopia, das sie sich erhofft hatten. Stattdessen dominieren etwa werbefinanzierte Dienste das Web. Pfui.
Mit Facebooks Aufstieg zu einer der zentralen Mächte im Web werden wir etwas ähnliches beobachten können: Einiges, was im letzten Jahrzehnt über das Web abstrahiert gedacht wurde, zerbröselt, je größer Facebook wird. Der anonyme Hyperlink; Texte verlinkt, geschrieben von anonymen Personen; Google, das Inhalte rankt, unabhängig vom Schöpfer (zumindest auf der direkten Ebene). All das bleibt zwar bestehen, aber es ist nicht der Mittelpunkt des Webs, das einzige Wesen des Internets, für den es viele hielten, die in den Nuller Jahren im Web sozialisiert wurden.
Beziehungen zwischen Menschen, gern auch mit bürgerlichem Namen im Netz, haben an Bedeutung gewonnen. Ein zentraler Beziehungshub, auf den jeder zugreifen kann, wenn er will, auf dem sich immer mehr Personen befinden und vernetzen, ist das große Gegengewicht zum inhaltelastigen Web, das vorher dominierte. Die Dynamiken, die mit dem Social Web ab 2005 begonnen haben, gewinnen mit dem mittlerweile gigantischen Facebook als Brennpunkt eine neue Dimension.
Facebook verändert massgeblich das Web.
Die grundsätzlichen Ressentiments gegen alles, was von Facebook kommt, kann man bereits jetzt auf diversen Blogs beobachten. An der Realität ändert das nichts. Facebook wächst sowohl in Nutzerzahlen als auch in der Funktionalität. Mein Fazit zur Einführung des Open Graph Protocols und der Social Plugins:
Mittelfristig ( = die nächsten Jahre) bedeutet das, dass das Internet auf eine sehr zentralisierte Form mit Facebook im Mittelpunkt zusteuert. Ich sehe aktuell nicht, wie Facebook noch aufgehalten werden kann. Die Netzwerkeffekte, direkt auf Nutzerseite, indirekt und mehrseitig auf der gesamten Plattform, sind auf Facebooks Seite.
Jedem, der sich in das Google-Web in seiner Nuller-Jahre-Form verliebt hat, muss es dabei eiskalt dem Rücken herunterlaufen.
Zentralität und Dezentralität
Ich schreibe seit Jahren über APIs, Plattformen und die Auswirkungen von gesunkenen Transaktionskosten. Ich schreibe seit Jahren darüber, wie die neuen Marktbedingungen durch das Internet an vielen Stellen zu geringeren Unternehmensgrößen führen (besonders markant ist das etwa im Mediensektor). Ich bin also, glaube ich, relativ unverdächtig, eine konservative, einseitige Sicht auf die Bedeutung zentral und hierarchisch organisierter Aufgabenlösung einzunehmen.
Zentralität, oder genauer vertikale Integration, hat ihre Vor- und Nachteile genauso wie ihre dezentralen Alternativen die ihren haben. Genau so wie Apples Appstore-Erfolg wären auch Facebook-Netzwerk und -Plattform als offenes Konstrukt von mehreren gleichberechtigten Partnern so nicht möglich gewesen. (Selbst Apples größter Konkurrent, Android, ist zwar offen, wird aber von einem Unternehmen, Google, geleitet und bestimmt.)
Wie schwierig das Unterfangen ist, eine erfolgreiche Plattform auf Social Networks aufzusetzen, sieht man unter anderem am eher wenig erfolgreichen Open Social. Man muss es so deutlich sagen wie nur irgendmöglich: Keine auf offene Standards setzende, also dezentrale, Alternative zu Facebooks Angeboten kann einen vergleichbaren Erfolg vorweisen. Die Erschließung beziehungsweise Erschaffung neuer Märkte scheint vertikal integrierten Unternehmen einfacher zu fallen. (siehe wieder etwa Apple und iPad) Auch dafür gibt es mehrere Gründe, die hier nicht näher ausgeführt werden sollen. Aktuell bereitet Facebook den Roll-out seiner Währung Facebook Credits vor. Kein alternatives, dezentrales System hat dem etwas entgegenzusetzen. (Meines aktuellen Wissenstandes nach noch nicht einmal konzeptionell.)
Diese Erschließungsmöglichkeit von neuen Märkten ist ein Vorteil für Zentralität oder vertikale Integration. Ein Nachteil ist die asymmetrische Verteilung von Macht zwischen Plattformprovider und Plattformnutzer zugunsten des Plattformproviders. Diese äußert sich zum Beispiel in einseitig vom Plattformprovider veränderten Rahmenbedingungen – Facebooks schwieriges Verhältnis zur Privatsphäre.
Der Treppenwitz der Diskussionen rund um Facebook, als dieses seine Außenintegration vorantrieb, war, dass dem offensten Netzwerk der Welt von Beobachtern eine Walled-Garden-Strategie vorgeworfen wurde. Abgesehen davon, dass jedes Unternehmen innerhalb der bestehenden Gesetze sein Geschäft nach seinem Gusto führen kann: Kein anderes Social Network ermöglicht Drittanbietern so viele Erlös-Möglichkeiten und seinen Nutzern so viele Einsatzmöglichkeiten ihres Social Graphs. Und Facebook setzt, wenig überraschend, überall auf die Plattform, sowohl im mobilen Sektor als auch bei der eigenen Währung. Warum geht kein Schrei durch das deutsche Web, dass jetzt endlich die Öffnung von wer-kennt-wen kommen müsse? Warum schreibt niemand in den USA, dass Facebook zwar geschlossen sei, MySpace aber noch viel geschlossener ist?
Woher kam und kommt die Kritik, Facebook sei zu geschlossen und deshalb schlecht für das Web?
Facebook ist durch seine Öffnung zur Plattform, erst als Binnenintegration 2007 und dann 2010 nach außen zum mit großem Abstand nützlichsten Social Network geworden. Leider ist Facebook gleichzeitig auch das mit Abstand größte Social Network. (Beide Tatsachen hängen sicher zusammen.)
Aus diesen beiden Tatsachen ergibt sich eine enorme und steigende Bedeutung von Facebook. Diese Bedeutung ist es, die vielen Angst macht.
Die Natur des Marktes, auf dem sich Facebook befindet, deutet zumindest partiell darauf hin, dass es hier um zentral angebotene Plattformen geht. Facebooks Öffnung nach außen führte zum Open Graph Protocol. Denn dieses ist notwendig für eine sinnvolle Verknüpfung von Facebook und Außenweb. Google hat für seine Websuche und seinen Pagerank kein eigenes Protokoll benötigt. Es konnte an die Verlinkung via Hyperlinks anknüpfen. Facebook kann das nicht: Es existiert nichts dergleichen. Zumindest nichts, was eine weite Verbreitung erfahren hätte.
Dass es durchaus zum Thema des Walled Garden Facebook auch Grautöne gibt, wird oft übersehen: Das Open Graph Protocol unterstützt das OWF Agreement, wie ich in meiner damaligen Analyse bereits berichtete. Andere Plattformen können ebenfalls auf das Protokoll aufsetzen:
Basically, it means that the new Open Graph Protocol announced by Facebook yesterday is under a completely open license agreement that other platform creators can adopt, use, and freely distribute without worry of patent. As I said, in many ways it is similar to the GPL, in that platforms created under this agreement are intended to be re-used and distributed across the web, keeping the license in tact.
Die „Like“-Button-Daten lassen sich zusätzlich auch aus Facebook importieren.
Kein anderes Social Network bietet ansatzweise vergleichbare Funktionen.
Nochmal: Facebook wird für seinen geschlossenen Ansatz umso heftiger angegriffen, je weiter es sich öffnet. Hysterical.
Markteintrittsbarrieren und der Diaspora-Mythos
Was für eine Geschichte: Das riesige Netzwerk Facebook wird böse, schreibt seinen Nutzern Veränderungen in den Privatsphäre-Einstellungen vor und alle sind dem Goliath hilflos ausgeliefert. Und da kommen vier Studenten aus New York und sagen, sie bauen mit Diaspora eine Facebook-Alternative, offen und dezentral. Der biblische Kampf zwischen David und Goliath, er wird wiederholt im Social-Network-Markt.
Ein Märchen. Ein hübsches zwar, aber ein Märchen.
Facebooks Größe (siehe Zahlen oben) und seine funktionierende Plattform (siehe Zahlen oben) haben mittlerweile beachtliche Markteintrittsbarrieren geschaffen.
Es mag eine schöne, emotionale Story abgeben – und damit gut für die Pageviews sein-, von vier idealistischen Studenten zu berichten, die auszogen, dem Zuckerwolf das Fürchten zu lehren, aber mit der Realität hat es leider wenig zu tun.
Niemand würde heute über einen ernsthaften Google-Herausforderer schreiben, der von vier Studenten aus New York kommt. Denn jeder weiß mittlerweile, dass der Suchmarkt nicht so ohne weiteres geknackt werden kann. Wer es nicht weiß, sollte mal Steve Ballmer anrufen; der kann ein Lied davon singen.
Mir scheint, dass vielen Beobachtern die Markteintrittsbarrieren nicht bewusst sind, die rund um den massiv wachsenden Facebook-Komplex entstanden sind und weiter wachsen. Facebook kann durch seine Plattform vielen Beteiligten verschiedenste Vorteile bieten, die den Alternativen fehlen: Deshalb ist beispielsweise Facebook Connect erfolgreicher als das wesentlich ältere und bereits von einigen großen Sites angenommene OpenID. Facebook hat mit seiner Plattform einen erfolgreichen zweiseitigen Markt etabliert.
Noch einmal zum Vergleich: Würde Diaspora innerhalb der ersten ein, zwei Jahre nach dem (aktuell noch nicht ersichtlichen) Launch auf 50 Millionen aktive Nutzer kommen, wäre das ein gigantischer Erfolg – und immer noch nur ein Zehntel von der Größe, die Facebook heute bereits innehat.
Selbst unter den optimistischsten Annahmen würde ein bei Null anfangendes Projekt wie Diaspora wahrscheinlich fünf bis zehn Jahre brauchen, um überhaupt als ernsthafter Facebook-Konkurrent wahrgenommen zu werden. Und dabei ist die Entwicklung, die Facebook selbst in den nächsten Jahren erfahren wird, noch gar nicht mit eingerechnet.
Von technischen Hürden eines dezentralen Ansatzes ganz zu schweigen: So müssten die Privatsphäre-Einstellungen naturgemäß bei einem dezentralen Ansatz entweder mindestens ebenso komplex wie bei Facebook oder noch komplexer gestaltet sein, weil im Hintergrund mehr Parteien am Werk sind.
Eine realistischere Facebook-Alternative
Unvorstellbar für die Datenschützer, die von der Facebook-Datenkrake weg wollen, aber der wohl einzige, der sie vor Facebooks Allmacht retten kann, ist ein altbekannter: Google.
Facebook wächst natürlich auch zu Kosten der anderen Social Networks auch hierzulande (etwas, das seit Jahren vorhersehbar war). Diese Netzwerke haben zu diesem Zeitpunkt alleinstehend mittelfristig keine Chance mehr. (Business-Networks ausgenommen)
Aktuell wird es den Betreibern von Social Networks wie MySpace, Bebo oder den VZ-Netzwerken noch nicht bewusst sein, aber nur gemeinsam können sie ihr Überleben sichern.
Es gab seit der ersten Bekanntgabe der Facebook-Plattform vor drei Jahren unzählige Initiativen, die Facebook etwas entgegensetzen wollten. Selbst jemand wie ich, der sich relativ intensiv damit beschäftigt, verliert dabei irgendwann den Überblick. OpenSocial, XAuth und wie sie alle heißen, waren und sind bis dato halbherzige Versuche; oder zumindest ihre Implementierung ist halbherzig umgesetzt.
Gegen eine übergroßen Marktführer wie Facebook kommt man in einem Informationsmarkt in erster Linie nur mit Multihoming und Ankopplung an, also mit offenen Standards.
Google hat das begriffen. Mit Google Buzz setzt der Suchgigant aus strategischen Gründen auf offene Standards. Und auch der gerüchteweise kommende Facebook-Konkurrent von Google wird massiv auf offene Standards setzen. Vielleicht wird „Google Me“ sogar der Standard selbst sein.
Die aktuellen, noch existierenden Netzwerke müssen sich auf eine mit einem offenen Standard umgesetzte, weitgehende Durchlässigkeit zwischen ihren Netzwerken einigen. Dieser Standard müsste diverse netzwerkübergreifende Grundfunktionen umfassen:
- allgemeines Vernetzen
- Nachrichten diverser Art schreiben (Social-Graph-öffentliche und komplett öffentliche Status-Updates, private Nachrichten)
- Austausch diverser Medieninhalte (Fotos, Videos)
- Instant Messaging
- Integration des Open-Graph-Protocol
- evtl. ein standardisierter Newsfeed zur Integration weiterer unterschiedlicher Aktivitäten
Der Standard muss offen sein, und jeder Anbieter muss via API Provider als auch Konsument des Standards sein. Nur so könnte der netzwerkübergreifende Zusammenschluss genügend Fahrt aufnehmen. (Und selbst dann ist ein Erfolg alles andere als sicher.)
Wahrscheinlich ist so eine Initiative nur unter der Federführung von Google möglich, das technisches Know-How, Ressourcen und genügend Neutralität mitbringen würde.
Wahrscheinlich ist es allerdings nicht, dass dies in absehbarer Zeit passiert. Zu aufwendig umzusetzen und gleichzeitig zu unattraktiv aus kurzfristiger Sicht wäre die Aussicht für die Netzwerke. Immerhin würden die beteiligten Netzwerke sich auf das Interface reduzieren lassen müssen. Weitere Probleme dieses Ansatzes, wie Lock-In-Aufrüstung mittels proprietärer Funktionen, sollen hier nicht diskutiert werden, mir sei aber noch der Hinweis erlaubt, dass Dezentralität auf Plattformproviderseite bei mehrseitigen Märkten eben nicht nur Vorteile hat.
In meinem Fazit zu den diesjährigen F8-Bekanntgaben schrieb ich:
Langfristig wird es ein Wettkampf zwischen Facebook auf der einen Seite und einem komplett auf offene Standards setzenden, dezentralen Verbund von Anbietern mit unter anderem Google auf der anderen Seite hinauslaufen. Mit offenem Ausgang. Am wahrscheinlichsten ist langfristig eine Koexistenz der Ansätze mit exzessivem Multihoming auf Anbieter- und Nutzerseite.
Fazit
Das ist eine Menge, die man verdauen muss.
Facebook, und besonders seine Plattform, stellt die nächste Stufe im Web dar. Dass diese mittelfristig sehr stark von einem einzelnen Unternehmen kontrolliert werden wird, ist äußerst bedauerlich aber wohl unvermeidbar.
Vernetzung auf Hyperlink-Basis – etwas, das letztlich auch Googles Basis ist – wird immer der wichtigste Grundpfeiler des Internets bleiben. Komplexere Vernetzungsmöglichkeiten wie sie Facebook erst möglich macht, sind aber die Zukunft des Webs. Facebook ist nicht ’nur‘ das nächste Google. Es ist ein Google, das seine eigene Hyperlink-Struktur gleich mitbringt. Facebook zeigt die Zukunft des Webs auf. Vielleicht wird Facebook in zehn Jahren von etwas anderem abgelöst oder zumindest in seine Schranken verwiesen so wie heute Google, aber bis es so weit ist, ist es relativ sicher, dass Facebook das Internet maßgeblich prägen wird.
Den größten Fehler, den man aktuell machen kann ist, Facebook zu unterschätzen.
007 says
Aktive Nutzer bei Facebook sind solche, die sich in den letzten 30 Tagen mindestens einmal eingeloggt haben. Google nutzt man täglich unzählige Male, quasi bei jeder Internetrecherche. Damit entpuppt sich das Gerede vom neuen Facebook-Jahrzehnt als purer Quatsch. Das Internet wird weiterhin vor allem und viel stärker von Google und seinen Diensten als von Facebook bestimmt.
adrianoesch says
aber es handelt sich doch dabei nicht wirklich um einen zweiseitigen markt, da gibts doch noch viel mehr spieler auf dem feld, weswegen ich mir auch keine grossen sorgen um einschränkungen mache.
Mspro says
(ach so ja: und natürlich bin ich dagegen! also gegen ein zentralisiertes auf facebook infrastruktur aufgebautes oder nur angewiesenes internet. nein, nein, nein! und ich glaube auch, dass die die gefahr, die aus so einer zukunft ausgeht, real ist. man darf die grundlagen für gesellschaftliche kommunikation nicht privatisieren! vielleicht bin ich da altmodisch, aber man müsste mir erst klarmachen, warum das eben nicht gefährlich sei und warum das vielleicht sogar potential hat.)
Marcel Weiss says
Ich habe nie behauptet, dass Facebook das Endgame wäre. Das ist es natürlich nicht. Meine Aussage ist, dass Facebook die nächsten Jahre das Web bestimmen wird. Direkt wie auch indirekt. (Man sieht ja auch lustigerweise, wie alle Initiativen der Konkurrenten sich an der Möglichkeit der Facebook-Alternative reiben, statt etwas völlig anderes zu kreieren.)
Meine Sicht auf die langfristige Perspektive steht hier im Fazit:
http://neunetz.wpengine.com/2010/04/23/facebooks-ausweitung-der-kampfzone/#toc-fazit
„Langfristig wird es ein Wettkampf zwischen Facebook auf der einen Seite und einem komplett auf offene Standards setzenden, dezentralen Verbund von Anbietern mit unter anderem Google auf der anderen Seite hinauslaufen. Mit offenem Ausgang. Am wahrscheinlichsten ist langfristig eine Koexistenz der Ansätze mit exzessivem Multihoming auf Anbieter- und Nutzerseite.“
Du schreibst:
„Ich glaube da um so mehr daran, weil ich nicht glaube, dass Social Networks der Weisheit letzter Schluss sind. Ich kann damit ehrlich gesagt nichts anfangen (ich weiß, das ist subjektiv) aber ich glaube, dass Facebook eine Menge Leute bindet, die einerseits aus eigener Kreativlosigkeit oder Nichtauskennens bei Facebook sind (…bei Facebook sind halt alle…) ,“
Das ist durch und durch subjektiv und nicht weit weg vom „get off my lawn“. Sorry, nur weil du damit nix anfangen kannst, sind die 500 Millionen FB-Nutzer kreativlos? Das sagt mehr über Dich aus als über Facebook. :)
Marcel Weiss says
Mit „zweiseitig“ sind die Nutzerseiten auf der Plattform gemeint. Natürlich gibt es noch andere Plattformprovider mit mit FB konkurrierenden Angeboten, aber der Sog der FB-Plattform ist am größten. Siehe für zweiseitige Märkte auch hier:
http://neunetz.wpengine.com/2010/04/02/zweiseitige-maerkte-die-grundlagen/
Marcel Weiss says
Natürlich ist es mit Gefahren bzw. Nachteilen verbunden. Zu Facebook gibt es nur aktuell keine Alternative. Oder anders gesagt: Man müsste ohne FB auf vieles verzichten. Alle offenen, dezentralen alternativen Ansätze bisher sind, na sagen wir mal gnädig, ausbaufähig.
Mspro says
Auch ich habe nicht vom Endgame geredet, sondern direkt deiner These von einer Internetdominanz von Facebook in der Zukunft widersprochen. Und ich hab auch nicht gesagt, dass /alle/ Facebooknutzer kreativlos sind, sondern, dass es /vielleicht/ /einige/ davon sind.
Ich habe einige Kritikpunkte an Facebook, die grundätzlicher Natur sind und die über das übliche Pirvacy krams hinausgehen. Ich weiß, dass das nicht jeder teilt, aber das ist auch nicht mein Punkt. Mir ging es tatsächlich nur um den Glauben an die Zukunft und meinen Nichtglauben an das Facebookkonzept. Mehr nicht.
Marcel Weiss says
(Und wie oft muss ich eigentlich noch auf die OWF-Agreement-Unterstützung des Open Graph Protocols verweisen, bis das jemand zur Kenntnis nimmt.)
Marcel Weiss says
Dann verstehe ich Deine vorherigen Ausführungen nicht. Ich habe nie behauptet, dass SNs wie FB etwa der Weisheit letzter Schluss sind. Diese Aussage u.a. hast Du aber als Widerspruch zu meinem Schluss bezeichnet.
Ich glaube auch nicht, dass FB auf Jahrzehnte das Web bestimmt, sondern auf Jahre. Es kann niemand sagen, was langfristig passieren wird. Aber die nächsten Jahre zumindest wird FB dominieren. Die Dynamiken sind zu stark, um etwas anderes zuzulassen.
Anyway, spannende Zeiten sind es allemal.
Picki says
@mspro die Grundlage der Kommunikation im Netz ist doch bereits privatisiert. Oder gibt es staatliche Provider?
Mspro says
(… und die grundsätzlichen dinge, wo ich glaube, das facebook eigentlich eine weniger starke, weniger effektive Struktur hat, als das was möglich ist, ähnelt dem, was dominic da oben schreibt, sowie der kritik am friend-Konzept von Markus Späth in seinem 5 Jahre Hackr-artikel… ich müsste mir da mal gedanken machen und das alles gesammelt mal aufschreiben… ach ja, ich bin ja blogger…)
Mspro says
@Picki jaja. sagen wir zentral privatisiert. weißt schon, was ich meine.
Marcel Weiss says
“ ich müsste mir da mal gedanken machen und das alles gesammelt mal aufschreiben“
I second that.
Johannes says
Adam Douglas?
Douglas Adams! :)
Dominic says
Auf mich wirken FB, myspace und *VZ etc eher wie das „Privatfernsehen im Netz“. Offline gab und gibt es Millionen Menschen, deren Wahrnehmung fluktuiert(e) kontinuierlich zwischen SAT/*RTL*/Pro7 hin und her und die (fortlaufenden) Sendungen dort bestimm(t)en deren (Lebens-)Realität. DEREN – aber nicht meine. Für mich ist es nicht im Mindesten relevant, was diesmal in Sendungen wie DSDS oder GZSZ oder hastenichjesehn war oder kommen könnte – für JENE schon.
Das Geschehen in einem SN ist ebenso selbstreferenziell. Es entfaltet seine Wirkung nur innerhalb seiner eigenen Grenzen und die Aussenwirkung beschränkt sich hauptsächlich auf laufende Updates der Meldungen über wachsende Mitgliederzahlen und „aktualisierte“ Datenschutzbestimmungen (gefolgt von steigenden Umsatzzahlen). Das Phänomen als solches ist schon interessant (vor allem als „soziales Experiment“), aber ein „Proteststurm“, der in FB losbricht, bleibt und wirkt auch nur dort – im FB-Wasserglas.
Aus diesem Grund mag ich mich der im Artikel dargelegten Meinung, FB wäre das „Neue Internet“ nicht anschliessen, denn das wäre ein durchweg zentral kontrolliertes und zensiertes Internet, was ja keiner wirklich will.
Provatfernsehen mag durchaus auch einmal etwas zu bieten haben und dann kann man es auch mal einschalten. Aber wenn man den Fernseher gar nicht mehr ausschalten mag, weil man Angst hat, dort etwas zu verpassen, dann hat man als Mensch praktisch schon verloren. Dann wurde man „erfolgreich“ vom Kommerz versklavt und aller Nutzen relativiert sich spätestens an diesem Punkt, wo man keine echte Entscheidungs- und damit Handlungsfreiheit mehr hat.
Marcel Weiss says
Oh, wie peinlich. Danke für den Hinweis! Ist korrigiert.
Marcel Weiss says
Die Hälfte der aktiven Nutzer ist täglich auf Facebook, also 250 Millionen. Facebook sieht mehr Nutzung als die 99 nächstgrößen Websites zusammen. Heute ist Facebook groß aber noch nicht bestimmend. In ein, zwei Jahren, wenn sich die Plattform im Web ausgebreitet hat, wird das anders aussehen.
Marcel Weiss says
„Das Phänomen als solches ist schon interessant (vor allem als „soziales Experiment“), aber ein „Proteststurm“, der in FB losbricht, bleibt und wirkt auch nur dort – im FB-Wasserglas.“
Warum sollten Aktivitäten, die auf FB starten, nicht irgendwann das Netzwerk verlassen und darüber hinaus wirken können? Die von dir behauptete Unmöglichkeit unterstellt eine Trennung von FB und dem Rest der Welt, die so nicht gegeben ist.
„Aus diesem Grund mag ich mich der im Artikel dargelegten Meinung, FB wäre das „Neue Internet“ nicht anschliessen, denn das wäre ein durchweg zentral kontrolliertes und zensiertes Internet, was ja keiner wirklich will.“
Das habe ich so auch nie behauptet. Google war auch nie das Internet, hat es aber trotzdem entscheidend geprägt und tut das noch. Das Gleiche gilt für Facebooks Zukunft. Facebook ist und bleibt nur ein Teil des Internets, es wird aber gerade zu einem sehr wichtigen, zentralen Bestandteil. Das habe ich versucht, im Artikel darzustellen.
adrianoesch says
bestimmt wird das internet weder von google noch von facebook, sondern alleine von deren nutzer. ja sie haben macht, aber nicht institutionalisierte macht sondern (vielleicht sogar „demokratische“) macht durch die user. und dass die schnell schwinden kann, muss ich, so glaub ich, nicht ausführen.
Dominic says
„Warum sollten Aktivitäten, die auf FB starten, nicht irgendwann das Netzwerk verlassen und darüber hinaus wirken können? Die von dir behauptete Unmöglichkeit unterstellt eine Trennung von FB und dem Rest der Welt, die so nicht gegeben ist.“
Es ging mir dabei um die Aussenwirkung der Aktivitäten im SN. Wenn etwas FB verlässt, z.B. weil es über Twitter verbreitet wurde, dann ist es ab diesem Zeitpunkt öffentlich sichtbar und entfaltet (erst dann) eine Wirkung. Eine Diskussion am internen Board einer Gruppe in FB kann 100000 Teilnehmer haben – sie wird ausserhalb – bzw „im Internet“ – trotzdem nicht wahrgenommen. Ein einzelner Tweet entfaltet instantan eine grössere Aussenwirkung, als diese 100k, hitzig disputierenden FB-Member.
Der Unterschied liegt in der persönlichen Wahrnehmung und der daraus abgeleiteten (mutmasslichen) Relevanz, die man so einer Erscheinung beimisst. Jeder der Involvierten wird die Relevanz entsprechend hoch einstufen; so lange davon aber keiner etwas nach Aussen transportiert, bleibt es der öffentlichen Wahrnehmung verborgen. Ganz anders verhält es sich z.B. bei einem Blog (oder eben Tweet). Das wird sofort wahrgenommen, von searchbots indiziert, von anderen Blogs verlinkt und wenn es sich um ein „hot topic“ handelt, wird es sich sehr schnell über verschiedene Netze verbreiten. Und während innerhalb von FB die ganze Diskussion mitsamt ihrer Gruppe von einem Augenblick auf den nächsten abgeschaltet werden kann, weil [***beliebigen Grund hier selbst ausdenken***] ist dies auf der anderen Seite des „Daten-Käfigs“ nicht so einfach möglich.
Darin sehe ich einen systembedingten, qualitativen Unterschied, den FB auch nicht so einfach egalisieren kann, ohne damit seinen zentralistischen Kontrollanspruch aufgeben zu müssen.
007 says
Erfolgreiche Unternehmen leben selbstverständlich von der Akzeptanz durch ihre Kunden und basiert die Macht von großen Internetunternehmen auf der Akzeptanz von Internetnutzern. Was aber nichts daran ändert, dass diese Internetunternehmen diese Akzeptanz ihrer Kunden mit ihren Angeboten selbst erringen. Insofern wird das Internet von wichtigen Unternehmen wie ihren Nutzern gleichermaßen bestimmt. Wahr ist auch, ohne große, bestimmende Internetunternehmen hätten Kunden im Internet sehr viel weniger zu bestimmen und zu bestellen. Es können beide nicht ohne einander.
Mspro says
Hm, das ist sehr vieles sehr richtig beobachtet und ich finde das gut, dass du dich da von einigen idealistischen Ideologemen absetzt, die definitiv mal mit der Realität abgeglichen gehören.
Ich habe nur zwei Anmerkungen zu machen, warum ich dem letztendlichen Schluss dennoch widerspreche:
1. Ich glaube nicht, dass Facebook so sicher im Sattel sitzt, wie es im Artikel erscheint. Klar haben sie einen riesigen – vielleicht uneinholbaren – Vorsprung zu allen jetzigen und zukünftigen Social Network Initiativen. Aber wer sagt denn, dass ein zukünftiger neuer Platzhirsch ein Sozial Network sein wird? Im Internet kann es jeden Tag passieren, dass jemand mit einem völlig neuen Konzept um die Ecke kommt, dass alle Karten neu mischt. Im Internet ist nichts sicher, egal wie hoch die Mauern sind.
2. Ich glaube da um so mehr daran, weil ich nicht glaube, dass Social Networks der Weisheit letzter Schluss sind. Ich kann damit ehrlich gesagt nichts anfangen (ich weiß, das ist subjektiv) aber ich glaube, dass Facebook eine Menge Leute bindet, die einerseits aus eigener Kreativlosigkeit oder Nichtauskennens bei Facebook sind (…bei Facebook sind halt alle…) , oder sogar, dass ein Dienst, der das, was Facebook macht, besser kann, viel viel besser kann, noch nicht erfunden wurde. Aber wird.
Das sind nur sehr wage Anmerkungen, ich weiß, aber: auf das ganz Andere aus der Zukunft konnte man sich bisher immer verlassen. Jedenfalls im Internet.
Marcel Weiss says
Grundsätzlich richtig, aber: Indirekte Netzwerkeffekte auf
zweiseitigen Märkten können, wenn entsprechend stark, den
Handlungsspielraum der Nutzer maßgeblich einschränken.
Marcel Weiss says
„Es ging mir dabei um die Aussenwirkung der Aktivitäten im SN. Wenn
etwas FB verlässt, z.B. weil es über Twitter verbreitet wurde, dann
ist es ab diesem Zeitpunkt öffentlich sichtbar und entfaltet (erst
dann) eine Wirkung. Eine Diskussion am internen Board einer Gruppe in
FB kann 100000 Teilnehmer haben – sie wird ausserhalb – bzw „im
Internet“ – trotzdem nicht wahrgenommen. Ein einzelner Tweet entfaltet
instantan eine grössere Aussenwirkung, als diese 100k, hitzig
disputierenden FB-Member.“
Hm, wenn Du Indizierbarkeit durch Suchmaschinen als Kriterium für
Öffentlichkeit siehst, kann man so argumentieren. Das würde ich nicht
so sehen. (Alles andere ist Netzwerk A gegen Netzwerk B bevorzugen.)
Darüber hinaus können private Accounts weitestgehend und Fanpages
komplett öffentlich und indizierbar gemacht werden. Gerade der Schritt
von Facebook hin zu mehr Öffentlichkeit, auch teilweise schon per
default, hat in den letzten Monaten für viel Kritik gesorgt.
Im Übrigen ist es durchaus diskutabel, ob das Organisieren von
Offline-Tätigkeiten wie etwa Demonstrationen nicht auf FB besser
möglich ist als auf Twitter. Aussenwirkung kann sich verschiedentlich
äußern.
„Darin sehe ich einen systembedingten, qualitativen Unterschied, den
FB auch nicht so einfach egalisieren kann, ohne damit seinen
zentralistischen Kontrollanspruch aufgeben zu müssen.“
Dir ist schon klar, dass Twitter genauso 'zentralistisch' ist, oder?
Dort ist die default-Einstellung lediglich schon immer auf öffentlich
gesetzt gewesen. :)
Danke für die Denkanstösse!
martinlindner says
Facebook, scheint mir, ist ein hohler Scheinriese. Es muss groß sein, weil da so viele Leute sind. Es hat all das, was Marketing-Abteilungen suchen, aber nichts an Inhalten und User Experiences, was über läppisches Freshman-FOAF-Networking hinausgeht.
Das spricht nicht dagegen, dass die Facebook Nation riesengroß und aufgeblasen das Jahrzehnt hindurch überlebt, und wahrscheinlich auch den einen oder anderen Werbedollar macht. Das wird das restliche Web nicht besonders tangieren. Aber dass daraus eine echte Alternative zu Google entstehen soll, wegen Social Search und weil soziale Verbindungen die Hyperlinks ersetzen … das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. (Ich gebe zu: Ich will es auch nicht.)
Google sollte Twitter kaufen, sich für alle Microcontent-Dienste öffnen und soziale Semantik einbauen. Dann ist es allerdings nicht mehr ein Player im Web, sondern eigentlich das Web selbst, wovor man eigentlich wohl mehr Angst haben sollte als vor Facebook. Dieses Google Galaxy-Programm scheint mir jedenfalls für mehr als nur ein neues Jahrzehnt gut zu sein.
Mspro says
Done!
Marcel Weiss says
„Aber dass daraus eine echte Alternative zu Google entstehen soll, wegen Social Search und weil soziale Verbindungen die Hyperlinks ersetzen … das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. (Ich gebe zu: Ich will es auch nicht.)“
Mit Facebooks Daten wird Instant-Personalisierung möglich, das ist nicht zu unterschätzen. (Unabhängig davon, wie du das jetzt persönlich findest.) Nebenbei wird Facebook nicht nur Werbedollars einnehmen (die sie jetzt schon in den Break Even drücken). FB wird meines Erachtens nach vor allem mit den Facebook Credits, der FB-Währung, richtig absahnen. Die Sache ist die: Eine Plattform wie die von Facebook eröffnet unzählige Erlösstrom-Möglichkeiten.
„Das wird das restliche Web nicht besonders tangieren.“
Schau dir nochmal die Zahlen zur Plattform oben. Das ist bereits heute massiv. Was glaubst Du, wie diese Zahlen in zwei Jahren aussehen werden?
–
Was ist 'läppisches Freshman-FOAF-Networking'?
martinlindner says
ja, ich glaube, dass sie viel geld machen können. all das geld, dass die gewinnspiel- und lifestyle-werbung eben nicht mehr verdient, und das ist eine menge, zweifellos. das reicht, um eine globale größe zu werden, aber die genügt sich selbst.
ich sehe auch, dass die zahlen enorm groß sind. ich glaube nur, dass der kulturelle gehalt, der „die welt bewegt“, darin klein ist und auch klein bleiben wird. es ist ja nicht mal popkultureller überschuss dort wie in MySpace.
überall, wo ich einblick in Facebook habe, spielt sich schlicht nichts besonders bemerkenswertes ab. das mag in bestimmten generationen und kulturellen räumen anders sein, keine ahnung. ich wäre dankbar für einen einblick in die facebook-kultur, da, wo sie wirklich vibriert.
„läppisches freshman-FOAF-networking“: so als analogie zu den walgesängen, wo ja auch unfassbar große bitraten übertragen werden. welche botschaften mögen sie sich übermitteln? ich dachte immer, die rufen sich zu: „ich bin hier, wo bist du?“ und „da ist ein krill, und noch einer, und noch einer, und …“ und die facebook-wale, die nicht mehr so viel simsen, sagen hier eben: ich will dein freund sein, wenn du mein freund sein willst. auf 1000 verschiedene arten (poke, gift, wasweißich). nochmal: da gibt es eine riesen-bedarf dafür. das ist huge. aber eben hohl, im sinne von: es hat keine wirkung.
Marcel Weiss says
„ich glaube nur, dass der kulturelle gehalt, der „die welt bewegt“, darin klein ist und auch klein bleiben wird.“
Hm, die Ansicht kann ich verstehen, ihr aber nicht zustimmen.
Ich sehe überall, wie alle möglichen Dinge durch FB verstärkt werden können. Das fängt bei Nachrichten an, siehe hier z.B.:
http://neunetz.wpengine.com/2010/05/05/durchlauferhi…
Und geht z.B. beim E-Commerce weiter (ich bekomme bei Exciting Commerce mit, was da für Möglichkeiten entstehen). FB ist ein Tool. Vielleicht bringt es keine eigene Kultur mit (was ich auch bezweifeln würde, aber durchaus möglich), aber das macht es kulturell nicht automatisch wertlos. So wie Email zB ein Tool ohne eigene Kultur oder direkten Kulturausstoss ist, könnte das bei FB ähnlich sein. (wobei ich wie gesagt nicht sicher bin, ob FB nicht eigene kulturellen Dinge hervorbringt.)
Tvundso says
So richtig glaube ich nicht an diese 500 Millionen Nutzer. Wer außer Facebook kann diese Zahl verifizieren? Und würde es für Facebook (juristische) Konsequenzen haben, kommunizierten sie eine übertriebene Zahl? Ja wohl nicht.
Gleichwohl ist Facebook auf dem Weg ähnlich bedeutend wie E-Mail oder Google zu werden.
Marcel Weiss says
„Es ging mir dabei um die Aussenwirkung der Aktivitäten im SN. Wenn
etwas FB verlässt, z.B. weil es über Twitter verbreitet wurde, dann
ist es ab diesem Zeitpunkt öffentlich sichtbar und entfaltet (erst
dann) eine Wirkung. Eine Diskussion am internen Board einer Gruppe in
FB kann 100000 Teilnehmer haben – sie wird ausserhalb – bzw „im
Internet“ – trotzdem nicht wahrgenommen. Ein einzelner Tweet entfaltet
instantan eine grössere Aussenwirkung, als diese 100k, hitzig
disputierenden FB-Member.“
Hm, wenn Du Indizierbarkeit durch Suchmaschinen als Kriterium für
Öffentlichkeit siehst, kann man so argumentieren. Das würde ich nicht
so sehen. (Alles andere ist Netzwerk A gegen Netzwerk B bevorzugen.)
Darüber hinaus können private Accounts weitestgehend und Fanpages
komplett öffentlich und indizierbar gemacht werden. Gerade der Schritt
von Facebook hin zu mehr Öffentlichkeit, auch teilweise schon per
default, hat in den letzten Monaten für viel Kritik gesorgt.
Im Übrigen ist es durchaus diskutabel, ob das Organisieren von
Offline-Tätigkeiten wie etwa Demonstrationen nicht auf FB besser
möglich ist als auf Twitter. Aussenwirkung kann sich verschiedentlich
äußern.
„Darin sehe ich einen systembedingten, qualitativen Unterschied, den
FB auch nicht so einfach egalisieren kann, ohne damit seinen
zentralistischen Kontrollanspruch aufgeben zu müssen.“
Dir ist schon klar, dass Twitter genauso 'zentralistisch' ist, oder?
Dort ist die default-Einstellung lediglich schon immer auf öffentlich
gesetzt gewesen. :)
Danke für die Gedankenanstösse!
2010/7/22 Disqus <>:
Marcel Weiss says
Grundsätzlich richtig, aber: Indirekte Netzwerkeffekte auf
zweiseitigen Märkten können, wenn entsprechend stark, den
Handlungsspielraum der Nutzer maßgeblich einschränken.
martinlindner says
Ja, das ist die spannendste Frage für mich: Ist Facebook eher so etwas wie e-Mail plus SMS, für die Fußkranken der Webrevolution? Oder ist (wird) es wirklich so etwas wie das Google (die ja tatsächlich das Wissen der Welt bewegen und verarbeiten)? (Gibts eigentlich eine Google-Kultur?) Oder ist es ein webkulturell etwas fortschrittlicheres Studi-VZ plus Payback plus Lifestyle-Fanpage-Communities (so wie früher, zur Tempo-Zeit, irgendeine Zigaretten-Firma mal eine Regierung mit „Ministry of Music & Nightlife“ deklarierte, das Michael Reinboth bekleidete)?
Die schieren Zahlen machen die Leute ganz wehrlos: Man denkt, dass den Zahlen irgendeine Bedeutung entsprechen _muss_. Aber was die echten Facebook-User, die also da leben, eigentlich dort tun, hat mir noch nie jemand erklärt & gezeigt. Warum eigentlich? Das würde mich wirklich interessieren.
Meine persönliche Aversion liegt natürlich daran, dass ich mich immer mehr für Semantik & Sprache als für das Soziale interessiert habe. Aus der Distanz war mir sogar das durchgeknallt poppige und schmutzige MySpace sympathischer als der seltsam aseptische Streber-Appeal von Facebook. (MySpace war ja das große soziale Ding vor Facebook und nach Friendster, falls sich noch wer dunkel erinnert.)
Ich bin jedenfalls gespannt, welche Lebensformen sich in Facebook entwickeln.
ben_ says
Meine Skepsis gegenüber Facebook kennst Du und es wäre müßig, das hier nochmal auszudiskutieren. Wir werden in 5 Jahren sehen, was aus Facebook geworden ist. Bis dahin sage ich artig Danke für das großartige Douglas Adams Zitat und mag ergänzen, dass es eine ähnliche, aber etwas kompaktere Aussage vom großen Jan Faktor gibt:
„Jede Generation gibt der Welt das Gefühl der Noramlität zurück.“
In diesem Sinne …
Marcel Weiss says
Nicht wenige Beobachter vermuten, dass Facebook Zahlen oft bewusst niedrig hält und bekanntgegebene Kennzahlen oft schon Wochen oder Monate vorher erreicht wurden. Dazu findet man einige Artikel auf Inside Facebook zum Beispiel. (Gründe dafür ist das Niedrighalten vom Veröffentlichen von Kostenpunkten; strategisches Timing der Bekanntgaben etc.)
Marcel Weiss says
Ich glaube, Du machst in Deiner Betrachtung einen Fehler: Facebook ist nicht das fertige Bild, sondern der Malkasten. Das Entscheidende für FBs Einfluss auf das Web über die nächsten Jahre werden die APIs und die Plattform, vor allem die Außenintegration, werden. Ein Beispiel: Huffington Post wächst maßgeblich über ihre gut umgesetzte Facebook-Integration. Ich gehe zur HuffPo und sehe sofort, was meine HuffPo lesenden FB-Freunde empfehlen. Egal ob man das persönlich gut oder schlecht findet: Es funktioniert und ist für die beteiligten Parteien oft sehr attraktiv.
Severin Kistner says
Google ist Google weil sie finanziell ein solch unglaubliches Wachstum hatten. Vergleichbare Beispiele sind Apple und Microsoft.
Das sind 3 Moloche die alle 30-40 Mrd auf der hohen Kante haben. Die können sich alles leisten was sie wollen und bekämpfen sich gegenseitig. Dazu gehören Firmenübernahmen, gigantische Risikoinvestitionen Lobbyarbeit usw.
Nicht zu vergessen IBM, Oracle und besonders im Consumerbereich HP. Die können sich auch plötzlich noch zu Wort melden.
Ich sehe nicht wo hier Facebook irgendeine Chance hat. Die unglaublich Datenmasse weckt Begehrlichkeiten, aber die Realität heißt „Erstes Jahr mit positivem Cashflow“. Der Umsatz beträgt gerade einmal etwas über 1Mrd. Das die einzige Wachstumsquelle sind mehr User, aber wenn der Umsatz nur in dieser Proportion steigt dann sind wir bei ca 3Mrd am Ende angelangt. Facebook kann lange autonom bleiben und Erfolg haben, aber bei dem Tanz der Elefanten wird es nie als Akteur teilnehmen können.
007 says
Facebook ist ein noch viel unaufgeräumterer Riesenhaufen von Daten, als es die Suchmaschine Google ohnehin schon ist. Bei Googles Such- und Recherchewerkzeugen sehe ich ganz gut durch – bei Facebook stehe ich wie ein Schwein vor dem Uhrwerk, z.B. hat es soweit ich es überblicke, keinerlei Ordnungsmöglichkeiten für den Newsfeed?
Google hat fest umrissene Informations- und Recherchewerkzeuge für alles und jedes. Facebook ist nichts weiter als Hören und Sagen, eine Art erweiterter Dorfklatsch. Außerdem ist das System von Facebook im Vergleich zu dem von Google immer noch viel zu abgeschlossen. Ich vermisse bei Facebook stringente, übersichtliche, klare und einfache Strukturen. Beim Otto Normal User hat sich Facebook bisher auch viel weniger verbreitet als Google. Ich persönlich weiß damit schlicht nichts anzufangen.
Seba says
Sind echt sehr, sehr imposante Zahlen. Wobei ich die Rechenleistung, bzw. auch den Traffic mit den fast 600 Mill/p.M. am krassesten finde. Bin gespannt, wie die Zukunft des Netztes sich dahingehend weiterentwickeln wird.