Heise berichtet über die jüngsten Entwicklungen zwischen Apple und Presseverlagen:
Künftig soll jede App, über die Firmen Zeitungen, Magazine oder Bücher veräußern, mindestens zusätzlich eine In-App-Kauffunktion enthalten, bei der der Computerkonzern mitverdient. Den Verlagen schmeckt das überhaupt nicht: Sie fürchten Einnahmeverluste und die Tatsache, dass ihnen dann die Möglichkeit fehlt, Kontaktdaten ihrer Leser übermittelt zu bekommen, die sie zu Marketingzwecken nutzen könnten.
BBC berichtet über die European Newspaper Publishers‘ Association:
The European Newspaper Publishers‘ Association (ENPA) says it is concerned by the company’s plans to direct online sales through iTunes.
If that happens, the ENPA warns, a large cut of their profits would go to Apple.
Fassen wir zusammen: Erst feiern die Manager von Presseverlagen die Tatsache, dass Apple erfolgreich ein geschlossenes System aufbaut, in dem Apple die letztliche Kontrolle über alles hält und so zum Beispiel innerhalb des Systems keine ‚Piraterie‘ möglich wird. (In Wirklichkeit wird sie nur stark erschwert.)
Endlich, frohlockten sie, macht jemand den Geburtsfehler des Internets rückgängig.
Jetzt beschweren sich die gleichen Vertreter von Presseverlagen darüber, dass Apple die Kontrolle über sein System hält. Und nutzt. Und zwar nicht nur ‚gegen‘ Nutzer, sondern auch ‚gegen‘ App-Anbieter.
Natürlich nutzt Apple seine Kontrolle, um die iOS-Plattform nach seinen Vorstellungen auszugestalten. Und dazu hat Apple jedes Recht.
Wahrscheinlich überlegen mittlerweile Vertreter einiger Presseverlage, ob man Apple nicht mit Regulierung zwingen könnte, das Vorgehen zu ändern. Dazu zwei Anmerkungen: Weder machen iOS-Systeme eine Mehrzahl der Geräte für digitalen Medienkonsum aus, noch schränkt Apple den Zugriff auf seine iOS-Geräte wesentlich ein: Es steht jedem frei sein Angebot über den voll funktionsfähigen Browser anzubieten. Nur ein Angebot über eine native App setzt für In-App-Verkäufe den Einsatz des Zahlungsmechanismus von Apple voraus.
Das Problem der Presseverlage: Apple will sich nicht mit der Rolle des Erfüllungsgehilfen begnügen. Das mag Presseverlage und andere App-Anbieter stören, ist aber Apples gutes Recht.
Bemerkenswert an der Entwicklung dieser Diskussion ist allerdings, wie vorhersehbar das alles war.
Die Mehrheit der Pressebranche erscheint erstaunlich kurzsichtig.
Warum sollte Apple, das erfolgreich eine zentrale Verkaufsstelle für Applikationen installiert hat, nicht auch die Transaktionsprozesse für In-App-Verkäufe zentralisieren? Natürlich würde Apple das machen. Natürlich war das lange bekannt. Und natürlich war das auch vor Bekanntwerden schon absehbar. Alles andere hätte schlicht keinen Sinn ergeben.
Das Drehbuch für die nächsten Monate:
- Die Presseverlage wollen mehr Konkurrenz im Tabletmarkt. Sie entdecken die Vorzüge von ‚Offenheit‘ und loben Googles Ansatz mit Android.
- Einige Monate später stellen sie fest, dass Offenheit auch bedeutet, dass weder der Plattformprovider (Google bei Android), noch sie selbst umfassende Kontrolle über beispielsweise die Distribution von Applikationen haben. Außerdem stört sie, dass Offenheit zwangsläufig zu Fragmentierung und damit unter anderem zu Schwierigkeiten bei plattformumfassenden Zahlungsmechanismen führt. (Von den Interessen eines Plattformproviders, der ein Werbeunternehmen ist, ganz abgesehen..)
- Sie fordern mehr Kontrolle von Google über die Plattform und schauen sich schließlich nach einem geschlosseneren System um, das endlich den Geburtsfehler von Android rückgängig macht.
- Repeat.
Mit den tatsächlich entscheidenden Vorgängen hat das alles recht wenig zu tun:
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