Ist denen, die gegen eine möglichst einfache und damit datenweiterreichende Einbindung des Like-Buttons argumentieren, eigentlich klar, dass sie gegen Dezentralisierungstendenzen im Web argumentieren?
Jede Einbindung von Funktionen eines Dritten in eine Website wird Daten an diesen Dritten weiterleiten. Die Zwei-Klick-Lösung von heise (Erst nach dem Ja-ich-will-sharen-Klick erscheint der eigentliche Like-Button.) ist bestenfalls eine Lösung nur für den Like-Button. Dieser Button ist eine sehr simple Funktion, die 2010 eingeführt wurde.
Was ist mit eingebetteten YouTube-Videos? Was ist mit externen Kommentarsystemen von Livefyre oder, wie hier, Disqus? Soll alles erst nach einem „Ja, zeig mir das bitte.“-Klick eingeblendet werden?
Was ist mit den von Netzaktivisten verzweifelt herbeigewünschten dezentralen Alternativen zu Facebook und co.? Dort würden hinter den Kulissen sehr viel mehr Parteien eine Rolle im Datenverkehr spielen.
Ich bin auf meinem eigenen Server, ein Freund von mir auf seinem eigenen und fünf weitere Freunde von mir nutzen einen Knoten in den USA. Der Knoten meiner fünf Freunde benutzt zusätzliche Funktionen, die auf meine privaten mit ihnen geteilten Daten zugreifen können und unter anderem von einem neuseeländischen Anbieter bereitgestellt werden. Mein anderer Freund benutzt auf seinem Server Zusatzfunktionen von russischen, französischen, schwedischen und einem Dutzend weiterer Anbieter.
Nach deutscher Like-Button-Datenschutz-Vorstellung darf nichts davon ohne meine explizite Zustimmung passieren.
Man stelle sich etwa die Registrierung auf einem erfolgreichen Diaspora mit vielen Netzwerkknoten vor:
„Bitte bestätigen Sie mit 1.000 Klicks die Weiterleitung Ihrer Daten innerhalb unseres dezentralen Netzwerks.“
Der Like-Button ist ein Problem? Nein, wie bei Street View ist wieder eine deutsche Debatte das Problem, bei der selbst die meisten netzaffinen Menschen den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen.
Denksportaufgabe: Wie soll ein deutscher Datenschutz so umgesetzt werden, dass er den Nutzern ihre Kontrolle gibt ohne die Entwicklung dezentraler Alternativen zu hemmen?
Oder ist das egal und Like-Button-Gegner sind auch Gegner eines dezentraleren Webs?
Jürgen Geuter says
„Wie soll ein deutscher Datenschutz so umgesetzt werden, dass er den
Nutzern ihre Kontrolle gibt ohne die Entwicklung dezentraler
Alternativen zu hemmen?“
Ich will ja nicht gebetsmühlenartig immer wieder dasselbe sagen, aber: Je dezentraler das Netz desto schneller zerfällt Datenschutz in seine Teile.
Die Datenschützer müssen eigentlich dankbar sein, dass Facebook alles monopolisiert, da kann man dann zumindest eine Firma angreifen.
Um im Beispiel zu bleiben: Damit Du sinnvoll einwilligen kannst, müsstest Du ja einschätzen können, was die ganzen dezentralen Stationen mit „Deinen Daten“ tun, was, da Du nicht weißt, welche Plugins, Patches und Dinge dort laufen. Des weiteren müsstest Du ja Deine Einwilligung für jede neue Installation irgendwo auf der Welt geben, das ist ganz offensichtlich nicht praktikabel.
Selbst bei zentralisierten Systemen wie z.B. Facebook schafft es niemand wirklich „seine/ihre“ Daten unter Kontrolle zu halten, bei dezentralen Systemen ist diese Idee nur noch kafkaesk.
Marcel Weiss says
Exakt.
343max says
Hältst du es wirklich für eine gute Idee ausgerechnet den Like-Button als ein Symbol eines Netzes darzustellen, in dem Daten dezentral gespeichert werden?
Und ja, du hast uns ertappt: jeder, der für ein wenig Datenschutz eintritt will in Wirklichkeit nur das Netz zerstören, weil wir nämlich eigentlich alle nur zu doof sind eine Maus von einem Stullenbrett zu unterscheiden und wollen, dass diese ganze Technik einfach nur wieder weggeht.
Stephan Mosel says
Also ich bin mir nicht sicher wie dezentral das Netz nun ist wenn egal auf welcher Seite man ist eigentlich alles bei FB zusammenläuft, die meine Seitenaufrufe von Drittseiten speichern. Unterschied zwischen einem Like-Button und einem Video wäre immerhin, das letzteres der Content selbst ist. Also das Problem ist doch nicht, dass Websites natürlich auch wie eh und je Elemente von anderen Websites einbinden, sondern die quasi Monopolstellung des Likebuttons, verbunden damit dass FB keineswegs willens ist, hier nur die für die Bereitstellung erforderlichen Daten zu sammeln (man denke an die nur vermeintlich bei FB ausgeloggten User). Das kann man ja zumindest mal thematisieren und ich glaube ohne diesen Umstand gäbe es auch das „Problem“ bzw. die Diskussion darum gar nicht.
Marcel Weiss says
Ja, das halte ich für ein geeignetes Beispiel. Eben weil es ein dezentralisierendes Element ist. Die Tatsache, dass Facebook riesengroß ist, tut dem keinen Abbruch. Und ja, ich glaube, dass diejenigen, die das alles verstehen, oft sehr kurzsichtig argumentieren. Besonders wenn es um Datenschutz geht.
Hast du Antworten auf meine Fragen? Ich habe sie nicht.
Marcel Weiss says
Und das heißt jetzt was in Bezug auf dezentrale Social Networks?
mspro says
max, Ich glaube, marcel geht es weniger um dezentrale datenhaltung, sondern um dezentrale distribution von inhalten. jede website ist heutzutage ein mashup unterschiedlichster distributoren. die anti-like-initiative geht konkret dagegen vor.
ich weiß, dass sich das kontraintuitiv anhört, aber der facebook-like-button ist in seinem prinzip dezentral. und das wird klar, wenn du ihn als einen unter anderen embedds begreifst. wenn du aber den like-button angreifst, greifst du das prinzip der denzentralen distribution an.
343max says
Der Like-Button ist genau das Gegenteil, er ist ein Element, dessen einziger Zweck es ist mehr Traffic auf Facebook zu ziehen. Das ist kein Verbrechen, aber der Like-Button steht in keinem Fall für irgendeine Form von Dezentralisierung. Er ist in meinen Augen geradezu das Symbol der gigantischen Gravitation die Facebook hat.
Nein, ich habe keine Antwort auf deine Frage. Aber im Gegensatz zu dir glaube – oder hoffe – ich, dass es eine okaye Antwort auf diese Frage geben kann und sie gefunden wird. Weil ich den Datenschutz für ein wichtiges Gut halte. Weil Datenschutz ein Bürgerrecht ist, und wir in einer Zeit leben, in der die Bürgerrechte massiv eingeschränkt werden.
Ich glaube, das es möglich ist, einen angemessenen Datenschutz im Netz zu gewährleisten, ohne – so wie du es darstellst – eine sinnvolle oder tollen Entwicklung damit abzuwürgen oder aufzuhalten.
Und warum genau soll ich es eigentlich gut finden, dass in praktisch jeder Seite Google Analytics eingebunden ist, und Google mich dadurch einmal quer über den Planeten tracken kann?
343max says
Rein technisch mag der Like Button ja ein embed Code unter vielen sein. Praktisch ist er aber das Aushängeschild von Facebook, dem Giganten, dessen Geschäftsmodell es ist ein möglichst geschlossenes und zentrales Netz zu schaffen.
Stephan Mosel says
Erstmal gar nix, die Problematik entsteht allein dadurch dass sich FB im
Gegensatz zu anderen deutlich weniger an die Spielregeln hält und nicht
die Daten erhebt die es braucht, sondern die, die es sammeln kann
(Zuordnung zum User der ausgeloggt eine Seite mit Like Button aufruft).
Die wenigen User von Diaspora sind davon nicht betroffen. Dass ein Internet ohne von anderen Servern eingebundene Elemente sinnfrei ist steht außer Frage.
Daraus ergibt sich nicht der Umkehrschluss, dass an der Art und Weise
wie eingebundene Elemente von Monopolisten jeweils spezifisch genutzt werden keine Kritik
geübt werden kann.
mspro says
und deswegen kann man facebook doof finden und trotzdem gegen das like-verbot sein.
343max says
Wieso? Facebook weigert sich standhaft sich an irgendwelche Datenschutzvorgaben zu halten. Wenn das die einzige Möglichkeit ist, Facebook zu etwas mehr Datenschutz zu bewegen (was ich bedauere) dann finde ich diese zumindest angemessen.
Marcel Weiss says
Ich weiß nicht, ob es sehr clever ist, jetzt gegen alles vorzugehen, was einem nicht passt und einfach darauf hofft, dass das keine Kollateralschäden nach sich ziehen wird.
Ich verstehe, warum man gegen den Like-Button in seiner heutigen Form sein kann, aber ich sehe auch mit Entsetzen, dass selbst in den Blogs nicht über das große Bild über den Button hinaus geredet wird.
Es findet keine Diskussion über die Konsequenzen statt.
Marcel Weiss says
Aber wie soll ein dezentrales Netzwerk ohne Klickorgien funktionieren, wenn der Nutzer alle Kontrolle erhalten soll und immer explizit zustimmen muss? Das kann ja durchaus sinnvoll sein. Aber was ist die Konsequenz für die Entwicklung des Webs? Auch bei Diaspora kann es einen Knoten geben, der sich so verhält wie Facebook. Was dann? Kann man vorher ja nicht wissen.
(Ich bin nicht sicher, ob man Facebook als Monopolisten bezeichnen kann.)
mspro says
und du hast auch durchdacht, was das heißt, diesen deutschen datenschutz zu implemenmtieren? (nein, die zweiklicklösung reicht /nicht/ aus, laut uld. du musst bei jedem aufruf der seite einen hinweistext bestätigen. pro aufruf. pro plugin. willkommen im datenschutzfreundlichen web.)
343max says
Ich hab nichts durchdacht, ich kenne die tiefen des deutschen Datenschutzes nicht und ich weiss nicht, wie oft man klicken muss, damit etwas dem Datenschutz entspricht.
Aber das ist auch eine ganz andere Diskussion.
343max says
Was ist denn das große Bild über den Button hinaus? Und was wären die Kollateralschäden?
Marcel Weiss says
Dachte, das hätte ich im Artikel deutlich gemacht.
Gast says
Ein wesentliches Problem beim Like-Button ist, dass bei einer zentrale Stelle in großem Umfang Daten zusammenlaufen.
Nehmen wir als Beispiel an, ich bin eine staatliche Stelle, die diese Daten gebrauchen oder mißbrauchen will. Dann sind solche zentralen Datensammlungen wesentlich nützlicher für mich als dezentral bei vielen verschiedenen Anbietern liegende Daten (natürlich nur, solange ich auf diese Daten nicht zentral zugreifen kann und sie aufwändig und ggf. auffällig einzeln besorgen muß).
Wolfgang Walter says
Mir nicht. Man kann vor allem nicht alles über einen Kamm scheren. Wenn eine Zeitung ein Youtube einbindet, meinetwegen. Aber meine Bank, meine Ärzte oder Online-Shops bitte nicht. Und auf keinen Fall Behörden. Und die Zweiklicklösung würde auch für Youtube, GoogleMaps etc. funktionieren.
Vor allem aber gibt es eine Lösung, die dem jetzigen Datenschutzrecht entsprechen würde: Man schließt mit z.B. Google einen Vertrag ab für Auftragsdatenverarbeitung, dann braucht man keine Einwilligung. Der Vertrag muss natürlich die Einhaltung des in Deutschland geltenden Datenschutz sicherstellen und Google kann diese Daten dann nicht für sich verwenden. Dass das möglich ist, zeigt Googles AdSense: Die Datenschutzbeauftragten der Länder haben Googles AdSense praktisch untersagt. Nun kann man plötzlich mit Google konforme Verträge abschließen.
343max says
Ich glaube nicht, dass Thilo Weichert die Weiterentwicklung des Netz aufhalten kann oder will. Alles, was ich sehe, ist ein zahnloser Tiger, der ein wenig rumbluffet, um Facebook wenigstens ein paar Eingeständnisse abzugewinnen. Und ich finde seinen Bluff relativ sympathisch und finde seine Ziele nicht alle aber teilweise gut und ich sehe den Datenschutz im Netz komplett unterrepräsentiert und marginalisiert, und ich finde es es gut, wenn da jemand seinen Job ernst nimmt und sich, wenn er schon ernsthaft nichts ausrichten kann, auf einen Stein stellt und wenigstens sich ein wenig auf die Brust klopft. Und ich sehe nicht, dass im Netz derzeit irgendeine Entwicklung oder Technologie ernsthaft wegen zu viel Datenschutz gefährdet ist.
Marcel Weiss says
Wie gefallen dir die verpixelten Häuser in Street View?
Glaubst du, dass es keine verschärfenden Gesetze geben kann, die hierzulande Dienste schwierig bis unmöglich machen? Immerhin ist das ein Feld, bei dem sich ausnahmsweise alle Parteien von CDU bis Grüne und zusätzlich noch CCC und netzpolitik.org, die beide von den Gesetzgebern als 'Sprachrohre' der 'Internet-Community' gesehen werden, einig sind.