EU-Digitalkommissar Günther Oettinger im Interview mit Markus Keßler auf Futurezone:
Zum Beispiel Geoblocking. Fragen sie die Filmwirtschaft ihres Landes. Die sagen: “Wenn wir nur einen gemeinsamen europäischen Markt hätten, hätten wir keine Chance unsere Filme zu produzieren. Es gäbe nur noch Hollywood.” Dann würden Google und Co aus den USA den Markt beherrschen.
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Wenn ich auf dem Flughafen Wien von fünf österreichischen Filmemachern spontan auf das Thema angesprochen werde, dann habe ich dem Rechnung zu tragen.
Öttinger ist der Digitalkommissar der etablierten deutschen und europäischen Industrie, die entsetzt überall den Aufstieg der Nullen und Einsen beobachtet.
Es geht ihm um Protektionismus der hiesigen Wirtschaft. Protektionismus kann sinnvoll sein, ist aber immer ein Schutz der Wirtschaft auf Kosten der jeweiligen Konsumenten/Endnutzer des Wirtschaftsraums. Die bekommen nämlich im Ernstfall nicht mehr das globale Optimum auf dem Markt angeboten sondern bestenfalls "nur" noch das lokale Optimum.
Man sollte hier keinen Fehler bei der Einschätzung begehen. Neue europäische Unternehmen wie Zalando und andere Digitalunternehmen sind Oettinger so fremd wie Google. Er ist das Sprachrohr der alten Industrien, der Telekomunternehmen und der Fertigungsindustrien und klassischen Entertainmentbranchen. Und dementsprechend wird er auch Gesetzesvorhaben vorantreiben.
Die deutsche Startupwelt wäre gut beraten, ein Auge auf die europäischen Entwicklungen zu haben. Wir stehen kurz vor einem europäischen Regulierungskrieg, bei dem es um die Rahmenbedingungen des europäischen Digitalmarktes gehen wird.
Wenn Günther Oettinger und die, die ihm ins Ohr flüstern, erfolgreich sein werden, werden Geschäftsmodelle, die aufgrund der technischen Errungenschaften der letzten Jahre außerhalb von Europa erfolgreich sein können, in Europa stärker besteuert und reguliert und damit unattraktiver -bis hin zu unmöglich- gemacht werden.
Chris says
Europa hat in der Vergangenheit zu schnell Kulturmärkte geöffnet. Das hat sie planiert. Man kann die Offenmarktstrategie insgesamt als gescheitert ansehen. Russland und China waren dagegen sehr erfolgreich.
Ich muss immerzu an den Turmbau zu Babel denken. Die Vielfalt verhindert zwar den Turmbau aber gerade das ist ja das Gottesgeschenk, den totalitären Größenwahn auf Erden zu stoppen.
Wir haben heute ja schon in der Musik einen Hyperdominanz der englischen Sprache. Portoguisische oder spanische Musik hat kaum einen Markt in Deutschland. Statt Vielfalt bringt Marktöffnung nur totalitäre Einheitlichkeit, die Charts rauf und runter, überall hören alle das gleiche.
Es ist naiv anzunehmen, dass das Resultat von europäischer Einheitslizenzierung etwas anderes sein wird als die totale Dominanz von Hollywood und rein englischsprachigen Produktionen. Im Cui Bono gesprochen schwächt es die Verhandlungsmacht der Urheberverbände. Das mag man goutieren, wenn man Sympathien für die kommerziellen Gegner der Rechteinhaber hat und einfach aus Konsumentenbequemlichkeit denkt. Der Effekt ist dagegen einigermaßen klar, digitale Kultur wird noch weniger Ausdruck des Herderschen Volksgeistes sein, sondern der globalen neoliberalen Maschinerie.
Marcel Weiss says
Dann ist offensichtlich, was die Politik hier für maximale Vielfalt machen muss: Märkte auf die kommunale Ebene beschränken.