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Inhaltsverzeichnis
Das Zeitalter der Feeds
Massenmedien bestehen aus überschaubar großen Redaktionen1, die ihre Inhalte, sei es Zeitungsartikel oder Radio- oder TV-Beiträge, zusammenwerfen in ein gemeinsames Gefäß. Die Zeitung, der Sender, you name it.
Die noch recht junge vernetzte Öffentlichkeit zeichnet sich vor allem durch eine um ein Vielfaches -um Dimensionen, um Welten- größere Zahl an Menschen aus, die senden. Oder vielleicht besser: die teilhaben. Vernetzte Öffentlichkeit heißt Teilhabe einer größeren und damit auch vielfältigeren Zahl an Menschen.
David Weinberger hat vor ungefähr 700 Jahren ein Buch über eine zentrale Besonderheit des Internets geschrieben, vor allem gegenüber der vorher alternativlos massenmedialen Realität. „Small pieces loosely joined“ hieß das Buch.
Die vernetzte Öffentlichkeit besteht aus small pieces, aus uns selbst, statt aus großen Monolithen (Massenmedien). Diese Riesen gibt es auch (gibt immer noch Spiegel Online und co., ebenso erfolgreiche Influenzer). Aber die Gesamtheit der Öffentlichkeit und unsere heutige Realität wird von uns small pieces bestimmt.
Es gibt verschiedenste Gründe, warum das große Hoffnungsmedium der Nuller Jahre ‚Blog‘ heute nicht mehr im Zentrum steht. Ein wesentlicher Grund, der in meinen Augen zentralste und wichtigste, ist, sie waren zu „loosely joined“. Konkret: Das Schreiben und Interagieren und einfach, ja, passives Konsumieren hat dem Medium in der Masse eine Obergrenze gesetzt, weil es keine Stelle gab, an der das bequem und leicht zugänglich zusammenlief.2
Auch die kleinen Öffentlichkeitsteile, die sich über im Netz über Politik aufregen wollen oder ihren Freunden zeigen möchten, was sie Tolles gekocht haben, brauchen ein Gefäß, eine Sammelstelle.
Was die Zeitung und der Sender für die Massenmedienproduktion ist, ist der Feed für die vernetzte Öffentlichkeit. Die Feeds sind die Sammelstelle, an der die kreativen Ergüsse zusammenlaufen und ihre Freunde, ihre Fans, ihr Publikum, ihre Reaktionen finden.
Diese Feeds unterscheiden sich untereinander stark beim sozialen Objekt (oder dem reinen, nicht so sozialen Eintrag) und der dahinter liegenden Netzwerkarchitektur. Eine nicht vollständige Aufzählung:
- Newsfeed bei Facebook
- Feed bei Instagram
- Stories bei Instagram
- Stories bei Snapchat
- Startseite & Abos bei YouTube
- FYP & Following bei TikTok
- Timeline bei Twitter
- Feed bei LinkedIn
- Timeline bei Mastodon
- Activity-Feed bei Letterboxd
- RSS-Reader
- Substack-Reader/App
Allein mit den Unterschieden zwischen diesen Feedansätzen ließe sich ein ganzes Buch füllen. Gemein haben sie, dass bei ihnen die ’small pieces‘ zusammenfinden, und, könnte man argumentieren, erst zum Leben erwachen. (Hat ein Tweet stattgefunden, der in keiner Timeline auftauchte?)
Was man aus der obigen Aufzeichnung wiederum öffentlichkeitsseitig relevant nennen könnte, ist übersichtlich:
- YouTube
- TikTok
Natürlich sind das nicht viele Feeds.
Das ist aber auch weder überraschend noch per se schlimm. Netzwerkeffekte wirken in unterschiedliche Richtungen, sie sorgen unter anderem für eine Konzentration auf der Anbieter/Netzwerkseite. Die Kehrseite davon: Sie wirken nur stark in diese Konzentrationsrichtung, wenn die Netzwerke groß sind, wenn auf ihnen viel stattfindet.
Würde es weltweit nur 5 relevante Massenmedien geben, wäre das ein sehr großes Problem. Weil die Redaktionen vergleichsweise klein sind, weil die Macht bei den Chefredaktionen liegt. Wenige Feeds dagegen korrelieren nicht automatisch mit weniger Stimmen in der Öffentlichkeit. Im Gegenteil: Genau genommen gibt es da gar keine Verbindung.
Soziale Netzwerke haben keinen Redaktionsschluss. Weshalb wir auf ihnen so viel und oft sein können, wie es unsere Zeit erlaubt und unsere Sucht gebietet. (Der Mensch an sich dürstet nach sozialen Interaktionen.)
Von diesen fünf relevanten Feeds gehören zwei (Facebook & Instagram) zu einem Konzern, dessen Board in der Hand des Gründers/CEOs liegt. Der nächste Feed, YouTube, ist eine Tochter eines der größten Big-Tech-Konzerne (Google-Mutter Alphabet). TikTok kommt aus einem Land mit Diktatur und Konzentrationscamps.
Der letzte Feed, Twitter, finally, war in vielerlei Hinsicht lange ein Ausreißer. Gesellschaftlich wichtig, aber unternehmensseitig nicht erfolgreich. Twitter war nie Big Tech. Dass da Saudi-Arabien Anteile hält etc., das ließ sich immer ausblenden.
Und jetzt kommt Elon Musk, der (noch?) reichste Mann der Welt und kauft Twitter3. Als Einzelperson.
Diese vielen Feeds haben wie gesagt unterschiedliche Attribute.
Auf LinkedIn sind die Thought Leader und leaden mit ihren Thoughts die anderen Leader.
Auf Instagram muss jeder Beitrag zwingend eine visuelle Komponente haben. Selbst eine Solidaritätsbekundung mit der Ukraine funktioniert in diesem medialen Umstand besser mit, zum Beispiel, einem Selfie im Aufzug. Das ist so wenig pietätlos wie der Zwang bei jedem großen Onlinemedium, ein Symbolbild zu jedem Text zu packen. Wer das nicht versteht (Twitter-Rentner z.B.), ist davon irritiert. Aber das ist die jeweilige Feed-Realität.
Jede dieser Feedumgebungen zeichnet sich durch Dutzende eigene Netzwerkdynamiken aus, die ineinandergreifen.
Die Nutzung von Twitter zeichnet sich nicht zuletzt durch ihre Niedrigschwelligkeit aus. Im Zweifel reicht es, einen Satz in das Smartphone zu tippen. Keine Filter, keine Fotos sind nötig.4 Dieser Umstand -neben der Newsiness dank Kürze, Text & asymmetrischem Follower-Prinzip- dürfte massgeblich dafür verantwortlich sein, dass heute signifikante Teile der, ich sage mal, westlichen Elite auf Twitter ist.
Obwohl man auf Twitter mittlerweile aus Growthhacking-Gründen uneingeloggt praktisch gar nichts mehr sieht und Twitter mit etwas über 200 Millionen aktiven Nutzer:innen jüngst sogar hinter Snapchat zurückgefallen ist, hat sich Twitter in den Köpfen seiner Nutzer:innen als Synonym für Öffentlichkeit schlechthin, als „town square“, etabliert.
TikTok ist größer, aber da fand Trump nicht statt. Er fand auf Twitter statt (und mit größerer Reichweite in Screenshots auf Facebook; und in den nacherzählenden Massenmedien).
Man kann jetzt viel spekulieren, warum genau Musk Twitter übernehmen will.
Interessanter ist aber erst einmal die Frage, warum er kann. Und warum so viel darüber gesprochen wird.
Eine Bestandsaufnahme von Twitter
Eine grobe Bestandsbeschreibung des heutigen Twitters muss zwingend drei Aspekte umfassen:
- Die Besonderheit des Social Graphs
- Die toxischen Dynamiken der Plattform
- Das dysfunktionale Unternehmen hinter der Plattform
Zu Erstens: Die Besonderheit des Social Graphs
Netzwerkeffekt ist nicht gleich Netzwerkeffekt. Netzwerkeffekte können unterschiedlich stark wirken und unterschiedliche Eigenschaften haben, je nach dem in welchem Kontext sie auftreten.
Vor ungefähr acht Jahren hatte ich eine auf den ersten Blick nicht intuitiv erscheinende Erkenntnis im Zusammenhang mit Twitter. Je weniger nahe sich mit einander vernetzte Nutzer:innen stehen, desto größer ist der durch die Vernetzung ausgelöste Lock-In-Effekt. Der Grund dafür liegt in einem klassischen Koordinationsproblem.
Enge Freunde kann ich über verschiedene Wege erreichen, auch offline, und in der Regel sind wir uns gegenseitig wichtig genug, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass wir schon irgendeinen Weg zur Kommunikation finden; selbst wenn eine:r von uns sich aus welchen Gründen auch immer entscheidet keine der populären Plattformen zu nutzen. Je weiter weg sich eine gegenseitige Beziehung von diesem Freundschaftszustand befindet, desto stärker ist sie an die Plattform gebunden, auf der sie begonnen hat.
Dieser Umstand in Verbindung mit der Asymmetrie des Follower-Prinzips auf Twitter, der Broadcast-artiges Verhalten, den Aufbau von Publikum, ermöglicht, hat einem enormen netzwerkseitigen Lock-In zur Folge. Twitter verlassen heißt Kontakte verlassen. Für manche heißt das viele Kontakte, für andere wenige Kontakte, das Ausmaß variiert, aber der Effekt ist immer der gleiche.
Zu Zweitens: Die toxischen Dynamiken der Plattform
Hierzu gibt es nicht viel zu sagen. Twitter hat über die Jahre einige zum Teil sehr aktive, prominente Nutzer:innen verloren: Chrissy Teigen und Leslie Jones (Ghostbusters) waren nur die bekanntesten Fälle. Es geradezu erstaunlich, dass es überhaupt noch prominente Frauen gibt, die Twitter aktiv nutzen.
Über die Jahre haben Nutzer:innen immer wieder öffentlich aufgeschrieben, welche simplen Werkzeuge Twitter gegen Missbrauch implementieren könnte. Missbrauch auf Social Networks ist eine sehr schwierige Aufgabe, die niemals komplett lösbar ist. Das bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass Plattformprovider nichts dagegen machen können. Es bedeutet nur, dass das Problem nie ganz verschwinden kann; in der Hand der Plattformprovider liegt allerding wie groß das Ausmaß des Problems ist.
Dass so viele Nutzer:innen so unzufrieden über den Stand der toxischen Atmosphäre und dem zum Teil haarsträubend extremen Missbrauchs auf der Plattform trotzdem auf Twitter geblieben sind, liegt vor allem am vorherigen Punkt. Einmal Verbindungen aufgebaut, ist Twitter extrem „sticky“.
Es lässt sich durchaus vermuten, dass signifikante Teile der Nutzerschaft Twitter nur zähneknirschend verwendet.
Zu Drittens: Das dysfunktionale Unternehmen hinter der Plattform
Das alles ist eine Folge der Dysfunktionalität des Unternehmens hinter Twitter. Mark Zuckerberg hat Twitter einmal als ein „clowncar“ bezeichnet, das in eine Goldmine gefahren ist. Der Social Graph von Twitter ist die Goldmine.
Hier ein paar Datenpunkte aus den letzten zehn Jahren des Clowncars, dem Unternehmen Twitter:
- Twitter hatte mit Vine einen erfolgreichen Vorläufer von TikTok und hat ihn eingestellt.
- Während in den 2010er Jahren mobile Messsenger wie WhatsApp gewachsen sind wie Unkraut, hat Twitter seine Privatnachrichten so stark vernachlässigt, dass man gut davon ausgehen kann, sie hätten sie am liebsten komplett abgestellt. (Eine Zeit lang konnte man in Twitter-Privatnachrichten etwa keine Links verschicken. (CNET von 2014))
- Die einschneidenste Produktinnovation der letzten 15 Jahre war entweder der Quote-Retweet (huh boy) oder die Vergrößerung der Tweetlänge (2017) von 140 Zeichen auf 280 Zeichen. 15 Jahre.
- Innovative Dienste und Apps rund um Twitter hat das Unternehmen regelmäßig gekauft und dann eingehen lassen. (Die Clients Tweetie & Tweetdeck, die langsam von schlechter umgesetzten Apps abgelöst wurden, der Newsaggregationsdienst Nuzzel, der ohne nativen Nachfolger verschwand)
Es lohnt sich, das Potenzial der Plattform zu umreißen, damit deutlich wird, wie wenig Twitter in den letzten Jahren erreicht hat:
- Vine hätte TikTok oder etwas vergleichbar Großes im Videosektor werden können.
- Twitter-DMs hätten als separate Messenger-App sehr groß werden können und nicht nur WhatsApp und Telegram, sondern Slack, Discord und co. Konkurrenz machen können.
- Twitter ist das einzige im Zentrum der Onlineöffentlichkeit stehende, über ein Jahrzehnt alte Tech-Unternehmen, das kein Produktportfolio hat. Es gibt nur Twitter, die App. Keine weiteren Angebote.5 Nicht einmal verschiedene Einstiegspunkte. Vergleiche dazu Facebook oder Google mit YouTube. (Obwohl die Konzepte bei Twitter längst existieren und nur implementiert werden müssten: Das übernommene Nuzzel hätte eine neue Zugangsart zu den auf Twitter geteilten News und damit für Nachrichtenkonsum allgemein sein können. Newslit und Mailbrew zeigen, was in dieser Richtung auf Basis der existierenden(!) Daten heute alles möglich ist.)
Es endet hier nicht.
In Nexus 104 (Mitglieder) schrieb ich über das schlecht umgesetzte Werbemodell bei Twitter, dessen Effizienz selbst hinter dem Werbegeschäft des jüngeren Snap zurückfällt:
Kurzfassung:
- Twitter hat es nicht geschafft, eine vergleichbar gute Datenanalyse über Apps hinweg aufzubauen wie Facebook.
- Deshalb wuchs Twitters Werbegeschäft so schleppend: Datengetriebenes Marketing war mit Twitter nicht möglich. Selfserve-Lösungen nicht nur bei der Reichweite sondern auch bei der Auswertung minderwertig verglichen mit Facebooks Angebot für Werbekunden.
- Apples ATT hat die appübergreifende Datenauswertung für Werbung erschwert bis unmöglich gemacht. Deshalb sind Facebooks und Snaps Aussichten etwa abgestürzt.
- Weil Twitter aber zu dusselig war, dieses lukrative Feld zu beackern, konnten sie es jetzt auch nicht verlieren. Und haben sie durch ATT im Vergleich kaum Einbusse gehabt.
2012(!) titelte ich „Twitter beginnt mit der Vernichtung der Plattform„, als sich das Unternehmen gegen Plattformerlöse und für ein Werbemodell entschied.
Enter Elon Musk
Wer seine Onlinepräsenz auf dem vermeintlichen „town square“ Twitter aufgebaut hat, sich darauf konzentriert, alles andere ignoriert (und/oder abschätzig kommentiert), empfindet es natürlich als großen persönlichen Affront, das dieser virtuelle Ort an eine einzelne Person verkauft werden kann. Wie geht das, wie kann das sein? Die Diskrepanz ist enorm, denn sie ist die Folge aus den drei eben besprochenen enormen Punkten.
Das alles ist der Grund dafür, dass Musk gemeinsam mit Partnern überhaupt eine Chance hat, Twitter zu übernehmen und von der Börse zu nehmen. Twitter ist trotz seiner gesellschaftlichen Bedeutung extrem ‚günstig‘ als Unternehmen. (Weil es auch einfach nicht viel Gewinn erwirtschaftet.)
Egal, was aus Twitter unter Musk wird: Die aktuelle Entwicklung hat uns aus einem Zustand der Stasis herausgerissen. Und das war längst überfällig.
Im kommenden neunetzcast spreche ich unter anderem darüber, dass Massenmedien, privat wie öffentlich-rechtlich, pro-aktive Teilnehmer an Protokollen und Alternativen zu zentral organisierten Social Networks sein müssten – aus Eigeninteresse wie aus gesellschaftlicher Verantwortung heraus, besonders im Falle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das kann, sollte und muss sich zwingend auf unterschiedliche Arten widerspiegeln.
Es ist deshalb bereits eine erste positive Entwicklung, dass Jan Böhmermann mit seinem Team bereits mit zwei eigenen Mastodon-Instanzen experimentiert. Es geht hier weder um Böhmermann, auch wenn seine Bekanntheit ein großes Gewicht in der Waagschale ist. Es geht auch nicht um Mastodon. (Aber vielleich um das dahinter liegende ActivityPub, siehe unter anderem Hier & Jetzt Open Web 4: Mastodon, ActivityPub und das Fediverse von 2019)
Wenn Twitter in den nächsten Jahren an Bedeutung verlieren sollte, dann könnte der große Gewinner auch LinkedIn heißen. Oder Facebook. Alles ist offen.
Eine vielfältige vernetzte Öffentlichkeit, die ihr Potenzial ausschöpft allerdings, braucht dafür auch Vielfalt bei den Informationsarchitekturen, auf denen sie stattfindet.
Sie braucht aktive Teilnehmer:innen und Institutionen, die sie mitgestalten.
Ein Twitter, dessen Status Quo von Journalist:innen, Prominenten, Politiker:innen, Medien usw. toleriert wurde, dessen noch nutzbare Allgegenwärtigkeit als alternativlos gesehen wurde von allen, die weder Video noch gefilterte Fotos sondern nur Statements (und Slogans, so viele Slogans) mitteilen wollen, hat jede Veränderung mit seiner Existenz im Keim erstickt. Mehr noch: Die Mehrheit der prominenten Nutzer:innen dürfte nie in den Sinn gekommen sein, dass grundlegende Alternativen möglich wären. Wer genug von Twitter hat(te), nutzt halt einfach nur noch Instagram.
Social Media ist noch zu neu für uns als Gesellschaft, deshalb reflektieren wir das nicht in dem Ausmaß, wie das zum Teil bei Massenmedien der Fall ist. Ein Mensch allerdings, der massiv polarisiert, kann die unreflektierte Kulisse im Hintergrund niederreißen, auch wenn das gar nicht seine Intention ist.
We Go On
Feeds haben kein Ende.
Das erlaubt Doomscrolling, aber es ist vor allem eine Folge der Tatsache, dass ein vom Plattformprovider gesetztes, sagen wir, tägliches Ende arbiträr und willkürlich wäre; und natürlich das Inventar unnötig beschränken würde. Die Endlosigkeit erlaubt es den Feeds, erlaubt es der vernetzten Öffentlichkeit, in unserem Alltag immer präsent zu sein.
Social Media ist immer da, immer bereit. Das hat Auswirkungen auf unser Verhältnis zu diesen Medien. Es ist am ehesten noch vergleichbar mit dem Unterschied einer täglichen Tagesschau oder Tageszeitung zu einem 24/7-Nachrichtensender. Mit dem großen Unterschied natürlich, dass Social Media, ob Twitter oder TikTok, einmal auf die Nutzer:in eingespielt, unendlich mehr interessanter ist.
Das macht Social Media vor allem: persönlicher. Die Feeds sind unsere ständigen Begleiter.
Die Feeds sind die Knotenpunkte, die Hauptverkehrsstraßen, der vernetzten Öffentlichkeit. Eine dieser Hauptverkehrsstraßen war jetzt ungefähr ein Jahrzehnt lang in einem für viele gerade noch zähneknirschend tolerierbaren Zustand; mangels Alternativen.
Dieser Zustand der Stasis ist jetzt vorbei. Musk, ob absichtlich oder nicht, reißt mit der kommenden Übernahme Twitter von seinem gemütlich mit Missbrauchskissen und Quotehassdecken ausgelegten Sofa.
Vielleicht werden Musk und seine Partner diesen Knotenpunkt der vernetzten Öffentlichkeit völlig ruinieren, vielleicht wird er unter seiner Leitung erstmals sein Potenzial annähernd ausschöpfen können. Alles ist möglich. Nur eins ist sicher: Veränderungen stehen an.
So oder so, die Zeit, in der wir uns mit den Unzulänglichkeiten von Twitter aufgrund des immensen Lockins abfinden mussten, geht zu Ende. Und das ist gut so.
Embrace the coming chaos.
- Ausnahme: Der tausende Personen starke Newsroom der riesigen New York Times. Im Grunde aber auch wieder keine Ausnahme: Dem gegenüber stehen entsprechende Millionen Abonnent:innen. ↩
- RSS oder gar WordPress.com hätte das werden können, aber an beiden Stellen war die Iterationsgeschwindigkeit immer langsam, wenn es überhaupt stattfand. ↩
- ..wenn alles gut geht.. ↩
- Hinten raus kann Twitter natürlich unnötig komplex und verwirrend werden aber die kleinstmögliche aktive Teilhabe ist bei Twitter geringer als bei fast allen anderen. ↩
- Der übernommene Newsletterdienst Revue könnte eine Ausnahme sein, ist aber zu frisch bei Twitter und noch zu unbedeutend, um hier wirklich als Gegenargument zu funktionieren. ↩
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