Das nicht zuletzt dank seiner bekannten Investoren (u.a. Ashton Kutcher) gehypte Berliner Startup Amen ist eine durchaus gewagte Idee.
Es ist der Versuch eine binäre Meinungsäußerung ("xy is the worst/the best ever/this year" etc.) in ein festes Datengerüst zu pressen:
Im Prinzip funktioniert Amen wie ein Teilmechanismus von Meinungen: Nutzer können Aussagen zu Personen, Orten oder Dingen treffen und andere Nutzer können diese Aussagen mit einem “Amen” versehen oder eben nicht. So ist es etwa möglich, Aussagen über Freunde, Politker oder Schauspieler zu treffen (Personen), Tipps zu Cafés, Restaurants oder öffentlichen Plätzen zu geben (Orte) oder auch Filme, Elektronikartikel oder Möbelstücke der eigenen Gefolgschaft zu empfehlen (Dinge).
Amen folgt dem Pattern, dem viele Startups heutzutage (zu recht) folgen und das ich letztes Jahr das "Social-Web-Pattern" genannt habe:
- Follower-Prinzip: Man kann anderen Amen-Usern folgen, wie man es von z.B. Twitter kennt.
- Stream: In einem chronologischen Feed sieht man die Einträge von den Amen-Kontakten und die Einträge, denen sie mit Amen-Klick zugestimmt haben.
- Ein-Klick-Geste: Mit einem Klick auf 'Amen' stimmt man einem Eintrag zu und schickt ihn damit in den Newsfeed der eigenen Amen-Kontakte. Mit einem Klick auf "Hell no!" zeigt man, dass man eine andere Meinung hat und postet diese anschließend.
Einzig die Anbindung an Twitter, Facebook und co. fehlt noch.
(Siehe zum Social-Web-Pattern auch meinen Vortrag von den diesjährigen Live Shopping Days)
Wie sehen die Erfolgsaussichten für Amen aus? Ich bin mir aktuell dank des sehr engen Handlungskorsetts auf Amen nicht sicher, ob Amen dem Hype gerecht werden kann.
Einige sehen in Amen die Möglichkeit für weitreichende Datenauswertungen: Sollten viele User Amen nutzen, würde eine recht einfach auswertbare Datenbank an Aussagen entstehen, die potentiell sehr wertvoll sein kann. Das Problem ist nur, dass für die Nutzung in der aktuellen Inkarnation nicht genügend Anreiz da ist.
Es gibt aktuell keinen Grund, warum Nutzer freiwillig das Amen-Korsett akzeptieren sollten.
Warum sollte ich etwas auf Amen sagen, wenn ich das mit sehr viel mehr Ausgestaltungsspielraum auch auf Facebook, Tumblr, Google+ und sogar auf Twitter machen kann, wo auch noch meine Freunde und Bekannten erreichbar sind?
Bis Amen diese Frage beantworten kann, sieht es für das Startup nicht so gut aus. (Erschwerend kommen die aktuell noch fehlenden Share-Funktionen hinzu.)
Anmerkung zum Schluss: Es ist belustigend, wie viele Beobachter nicht merken, dass der Außenauftritt und die PR von Amen so siegessicher ist, weil die Betreiber dort mit dem Wesen des Dienstes spielen, der keine Differenzierungen zulässt ("best ever").