11. Dez. 2012 Lesezeit: 2 Min.

Leistungsschutzrecht: Bundesregierung erwartet Rechtsunsicherheit

Falk Lüke und Jürgen Kuri zitieren für heise online aus der Antwort einer kleinen Anfrage der Linken und titeln fast schon euphemistisch mit "Leistungsschutzrecht: Bundesregierung erwartet gerichtlichen Klärungsbedarf":

Bei Mikrobloggingdiensten wie Twitter geht auch die Bundesregierung von einem erheblichen gerichtlichen Klärungsbedarf aus, ob "eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und den eigenen Gedanken hergestellt wird und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint".

Nicht nur solche Dienste, die das gesamte Internet durchsuchten, sondern auch Teile durchsuchende Dienste seien gemeint, schreibt die Bundesregierung, solange sie "nach Art einer Suchmaschine" agierten. Davon abzugrenzen seien jedoch Dienste, bei denen Internet-Nutzer nach eigener Wertung Auswahlen von Presseerzeugnissen darstellten. Auch wo diese Grenzen im Einzelfall verliefen, müssten die Gerichte klären, meint die Bundesregierung.

Das ist für einen verantwortungsvollen Gesetzgeber handwerklich fragwürdig, um es vorsichtig auszudrücken.

Die Bundesregierung kreiert ein Gesetz, bei dem irgendjemand an irgendjemanden zahlen soll. Weder ist klar, wer zahlen soll, noch ist wird immer offensichtlich sein, wer bezahlt werden soll:

Auch wer ein Blog betreibt, könnte das Leistungsschutzrecht für sich in Anspruch nehmen, sofern die Kriterien erfüllt werden.

Wer wann betroffen ist, könnte also undeutlicher nicht sein.

Es ist mir ein Rätsel, wie der Gesetzgeber die daraus entstehenden katastrophalen Auswirkungen des Gesetzes, so wie es jetzt geplant ist, nicht sehen kann, oder sie ignoriert. (Ich bin nicht sicher, was schlimmer wäre.)

Man muss nicht Ökonom sein, um zu wissen, dass ein Markt mit jungen, innovativen Unternehmen bereits durch leichte Rechtsunsicherheit gelähmt werden kann. Startups können aufgrund ihrer geringen Größe und der damit verbundenen Ressourcenknappheit keine Rechtstreitigkeiten auf sich nehmen. Das LSR bedeutet nicht nur eine leichte Rechtsunsicherheit.

Auf den wichtigsten Markt des 21. Jahrhunderts ein Gesetz loszulassen, obwohl man sich der durch das Gesetz ausgelösten Rechtsunsicherheit bewusst ist, grenzt an volkswirtschaftlichen Selbstmord.

Dabei könnte das geplante Gesetz sehr leicht entschärft werden, und das ohne Nachteile für alle Beteiligten.

Die Bundesregierung über die Basis für das geplante Gesetz laut heise:

Das Geschäftsmodell von gewerblichen Suchmaschinenanbietern und vergleichbarer Dienste sei "in besonderer Weise darauf ausgerichtet, für die eigene Wertschöpfung auch auf die verlegerische Leistung zuzugreifen", betont das Bundesjustizministerium nun in der Antwort auf die Anfrage. Für einiges Erstaunen dürfte sorgen, dass die Bundesregierung jedoch ebenfalls angibt, "keine eigenen belastbaren statistischen Daten" zum Wertschöpfungsmechanismus der Beziehung zwischen Suchmaschinen und Verlagswebseiten zu besitzen und auch keine anderen nennt.

Kurz: Es gibt keine rational vertretbare Basis für das geplante Gesetz, da dieses nicht nur nahezu einhellig von den führenden Rechtsexperten des Landes abgelehnt wird sondern auch vollkommen frei von empirischen Daten konzipiert wurde. Das geplante Leistungsschutzrecht passt somit perfekt in das aktuelle Urheberrechtssystem: Frei von Theorie und Praxis, allein von Bauchgefühl und Lobbyismus getrieben.

Siehe auch Rivva für weitere Reaktionen.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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