21. März 2012 Lesezeit: 2 Min.

Leistungsschutzrecht ist, wenn Google zur Leistung gezwungen wird, für die es bezahlen soll

Michael Hirschler vom DJV (er fiel bereits mit einem eigenwilligen Artikel zur Urheberrechtsdebatte auf) meint auf dem freienblog des DJV, das man Google für das Verlinken von Presseartikeln und Anzeigen kurzer automatischer Zitate nicht nur zur Kasse bitten sollte, sondern den Anbieter gleichzeitig dazu zwingen soll, die für Google kostenpflichtige Leistung zu erbringen:

Als Gegenargument für die Einführung einer Leistungsschutzabgabe wird mit dem Szenario eines “Opt out” argumentiert. Etwa von Constanze Kurz in der F.A.Z. vom 16. März 2012 gemeint, Google werde dann die Zeitungen aus der Suche herauswerfen können und durch ein nutzergefüttertes Newssystem “FairNews” ersetzen. Verlage würden also Opfer ihrer eigenen Strategie werden.
Klar, wenn eine Gesellschaft und ihr Kartellamt akzeptieren würden, dass ein Monopolist (zuletzt war von einem Marktanteil von 96% die Rede) so gegen diejenigen vorgeht, die eine solche Abgabe geltend machen, dann wäre es so. Aber es erscheint juristisch zweifelhaft, dass es zulässig wäre. Denn Google würde mit diesem Rauswurf die Suchergebnisse verfälschen. Der normaler Nutzer geht davon aus, dass die Ergebnisse der Suche anbieterneutral sind – und nicht davon abhängig, ob Steuern und Abgaben gezahlt werden müssen.

Wo soll man bei dem zweiten Absatz anfangen?

Wieso sollte das Kartellamt hier zuständig sein?

Google würde mit einem Rauswurf die Suchergebnisse verfälschen? Sie sollen anbieterneutral sein? Sie sollen nicht von Abgaben abhängig sein?

Sehr gut. Dann fordere ich von Google künftig einen monatlichen Betrag von 100 Euro pro indiziertem Artikel von neunetz.com. Sollte Google meine Artikel daraufhin entfernen, hetze ich ihnen das Kartellamt auf den Hals. Eine Goldader.

Ich zitiere, was ich im November 2011 als Reaktion auf die Vorderung von Hubert Burda nach einer "Netzneutralität für Suchergebnisse" schrieb:

Wie soll eine ‘Suchneutralität’ bei Google aussehen? Google muss gewichten. Man kann auch nicht fordern, auf der Frontseite der Zeitungen genannt zu werden und das ‘Presseneutralität’ nennen.

Hirschler zur Durchleitungspflicht:

Daher ist auf Grund der Marktmacht von Google juristisch von einer Durchleitungspflicht auszugehen. Also: Abwahl/Rauswurf nicht möglich. Richtig ist, dass es sinnvoll wäre, diese Pflicht zur Anzeige gesetzlich klar zu regeln, damit es nicht erst zu jahrelangen Gerichtsverfahren kommt. Und zwar zeitgleich mit der Einführung eines Leistungsschutzrechts.

Neben Presseverlagen dürften auch Spammer ein solche Recht begrüßen.

Was bereits für Google abwegig klingt, wird für kleinere Anbieter komplett grotesk: Wer hierzulande ein Suchmaschinenangebot oder einen Aggregator anbieten will, soll gezwungen werden, die kostenpflichtigen Inhalte der deutschen Presseverlage zu integrieren?

Muss man die Konsequenzen dieser Groteske wirklich ausformulieren?

Wie absurd die Diskussion zum Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse bereits ist, bevor ein Gesetzesentwurf vorliegt.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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