Philipp Otto auf irights.info über die gestrige Nachricht zum Presseleistungsschutzrecht:
Zudem drohen durch die im Urheberrecht sehr weit gefasste “Gewerblichkeitsschwelle” auch Blogs und eine Vielzahl von anderen Angeboten in eine neue Kostenpflichtigkeit zu fallen. Da hilft es nichts, wenn die KOA im Protokoll vermerken lässt, “die private Nutzung von Presseerzeugnissen wird nicht vergütungspflichtig”. In der Praxis wird völlig offen sein, ob beispielsweise ein Flattr-Button auf der Website schon die Gewerblichkeit positiv indiziert. Das sollen dann die Gerichte entscheiden? Komplett offen ist je nach Ausgestaltung des Gesetzes auch, ob dadurch möglicherweise eine neue Abmahnindustrie geboren wird, oder wie die Umsetzung in der Praxis beispielsweise durch das Eintreiben des Geldes durch eine eventuell zu gründende Verwertungsgesellschaft aussehen soll.
Das ist durchaus erwünscht auf Verlagsseite.
FAZ und Süddeutsche haben nicht jahrelang gegen den Perlentaucher geklagt, weil sie sich in ihren Rechten verletzt sahen. Es ging um das versuchte Ausschalten eines Angebots, das man als Konkurrent wahrgenommen hat. Das Gleiche gilt für das juristische Vorgehen von FAZ und Süddeutsche gegen Commentarist.
Wenn jetzt ein Presseleistungschutzrecht rechtliche Unsicherheit bei Bloggern schaffen würde, dann ist das für die federführenden Verlage im Hintergrund eher Feature denn Bug.
Und das gilt natürlich nicht nur für Blogger, sondern auch für Angebote wie Commentarist, Rivva, Flipboard und Zite.
Wer würde sich denn nicht freuen, wenn er gesetzlich neuen Markteinsteigern das Leben schwer machen könnte?
Das Presseleistungsschutzrecht ist auch als Hilfe zur Verfestigung des Status Quo gedacht. Ein Institutionenschutz, der sich als Presseschutz tarnt. Innovationen werden erschwert, große Verlage, die sich gegenseitig von Zahlungen (und Genehmigungspflichten?) freistellen, begünstigt.
Das ist vergleichbar mit dem aktuell stattfindenden Urheberrechtskampf: Die ärgerliche Meinungsfreiheit, die damit verbundene Zitatfreiheit und ein fehlendes (weil nicht notwendiges) Leistungsschutzrecht haben dazu geführt, dass die Presseverlage nicht die Abmahnungsmittel und juristisch unterfütterten Lenkungstools an der Hand haben, die etwa Musiklabels oder Filmstudios zur Verfügung stehen.
Manager von Presseverlagen sehen zum Beispiel, dass im Musikbereich kein Spotify entstehen kann, ohne dass die Majorlabels signifkante Anteile an diesen Startups halten. Warum? Weil die Labels als Monopolisten in den Verhandlungen auftreten und deshalb entsprechende Konditionen diktieren können.
Der arme Manager des Springer-Verlags schaut jetzt etwa auf seine Kollegen aus der Musikbranche und reibt sich verwundert die Augen, weil seine Inhalte auch über Flipboard verbreitet werden, sein Verlag aber keine Anteile an dem vielversprechenden Startup erhält.
Da muss doch etwas getan werden.
Man sollte nicht glauben, dass mit dem Kostenpflichtigmachen von Auszügen und Links die Ziele der Presseverlage erreicht wären.
Alles was ansatzweise, auf Modelle setzt, die nicht an industrielle Prozesse angelehnt sind aber Anknüpfungspunkte an so produzierte Produkte bietet, sollte am besten genehmigungspflichtig (der nächste Schritt?) oder zumindest kostenpflichtig sein.
Siehe zum Thema Presseleistungsschutzrecht auch:
- Presseleistungsschutzrechtsdesinformationen
- CDU/CSU und FDP: Presseleistungsschutzrecht wird bedeuten, dass Google News zahlen muss
- Christoph Keese (Springer): Flipboard und Zite sind nicht legal
- Deutsche Printpresse existiert online fast gar nicht und zieht sich noch weiter zurück
- Burda fordert Presseverlagsschutz im Internet