6. März 2012 Lesezeit: 2 Min.

Twitter wird Facebook nicht mehr einholen

Michael Seemann sieht die Felle für Twitter wegschwimmen:

Sicher, sie ist damit eine Ausnahme. Ihre vielen Fernsehauftritte waren mit Sicherheit der Motor dieser Subscriberzahl. Und weil die meisten Menschen, die Fernsehen gucken, eher auf Facebook sind, als auf Twitter, ist das auf Facebook auch ein ganz anderes Publikum. Und das merkt man auch an den Kommentaren, die dort auflaufen.

Dennoch: Marina zeigt, die Chance, über Facebook ein größeres Publikum zu erreichen und Öffentlichkeit zu schaffen, ist eindeutig da. Und diese Öffentlichkeit ist es, die Twitter Facebook immer voraus hatte. Aber dieser Vorteil fällt gerade. Facebookuser sind behäbig in der Adaption neuer Konzepte, aber sie fangen gerade an, mit der neu gewonnenen Filtersouveränität umzugehen. Und da die Grundgesamtheit an erreichbarem Publikum auf Facebook so viel größer ist, als auf Twitter, wird Facebook dieses Rennen machen. Da bin ich mittlerweile sicher.

Diese Entwicklung ist nicht sonderlich überraschend. Die Grundlage von Twitter ist das asymmetrische Followerprinzip (genau so ist es bei Google+).  Die Grundlage von Facebook ist das symmetrische Freunde-Prinzip. Es ist nun für Facebook viel leichter gewesen, in das Gebiet der asymmetrischen Vernetzungen vorzudringen, als es für Twitter möglich gewesen wäre, stärker in Richtung Freunde-Prinzip zu gehen.

Tatsächlich hat Twitter sogar angefangen, die einzige Funktion, die auf symmetrische Verbindungen setzt - die Privatnachrichten -, systematisch zu degradieren. Privatnachrichten sind in der Weboberfläche und den aktualisierten offiziellen Clients zunehmend schlechter erreichbar geworden. Die Message von Twitter ist klar: Benutzt bei uns gefälligst keine Privatnachrichten mehr.

Dass Facebook dagegen zusätzlich zu den Freundschaften das Follower-Prinzip integriert, war nur eine Frage der Zeit, weswegen ich die Einführung ein Jahr vorher vorhersagen konnte. (Ich habe in diesem Zusammenhang auch die Funktion vorhergesagt, dass Freundschaftsanfrager, die noch keine Bestätigung erhalten haben, zunächst automatisch Subscriber auf Facebook werden.)

Die Vernetzung steigt, der Nutzen des Netzwerks wird größer. Ich kann mir gut vorstellen, dass Facebook noch vor der dem Börsengang vorhergehenden Schweigeperiode repräsentative Subscriber-Zahlen veröffentlichen wird. Denn ich kann ebenfalls wie Michael Seemann beobachten, wie stark die Subscriber-Zahlen von populären Personen auf Facebook bereits gewachsen sind.

Facebooks Twitter-Feature, der Subscribe-Button, dürfte für immer mehr Menschen, sowohl Sender als auch Emfpänger, eine ernsthafte Alternative zu Twitter werden, auch und besonders was die Reichweite angeht. Und das bereits jetzt, obwohl die Funktion erst vor einem halben Jahr eingeführt wurde.

Die Twitter-Investoren mögen das nicht gern hören, aber Twitter wird wahrscheinlich nie auch nur annähernd so groß oder so wertvoll werden wie Facebook. Das ist nicht schlimm, abgesehen für die Geldbeutel der Investoren. Denn Twitter ist auch als ein Dienst, der nur den Bruchteil der Größe von Facebook hat, ein sehr erfolgreicher und für die Informationsverbreitung im Web wichtiger Dienst. Nur eben nicht ganz in der gleichen Liga wie Facebook. (Dass Twitter nicht mehr Facebook ernsthafte Konkurrenz machen wird, liegt auch am gewählten Geschäftsmodell. Aber das ist eine andere Geschichte.)

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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