26. Okt. 2012 Lesezeit: 2 Min.

Übernahme durch Burda wird der Anfang vom Ende für Xing

Burda, bisher mit knapp 39 Prozent bereits größter Einzelaktionär, plant also die Übernahme des Businessnetzwerks Xing. Das erinnert (nicht weit) entfernt an Holtzbrinck und studiVZ, was wahrlich keine Erfolgsstory geworden ist.

Xing hat das gleiche Problem wie die VZ-Netzwerke und Qype davor. Zur Qype-Übernahme schrieb ich vor zwei Tagen:

Erneut verschwindet ein weiteres unabhängiges deutsches Webunternehmen, das vor allem im heimischen Markt erfolgreich war, aber nie aus Europa herausgekommen ist, weil es zwar früh mit dem initialen Produkt regional Netzwerkeffekte feiern konnte, den Machern aber irgendwann die konzeptionelle Puste ausging.

Das gleiche kann man über Xing sagen. Zwar ist das Netzwerk im heimischen Markt erfolgreich, aber nur, weil es frühzeitig als Social Network die Netzwerkeffekte im deutschen Markt für sich verbuchen konnte.

Konzeptioneller Stillstand und suboptimale Entscheidungen etwa bei der Preissegmentierung haben dazu geführt, das Xing im Gegensatz zum US-Konkurrenten LinkedIn nie außerhalb des Heimatmarktes richtig Fuß fassen konnte. Über die das Netzwerk behindernde Preissegmentierung bei Xing hatte ich 2008 bereits geschrieben.

LinkedIn hat die systemweit Mehrwert stiftenden Netzwerkeffekte sehr viel besser in seiner Preissegmentierung internalisiert.

Dieser Umstand und die konzeptionelle Weiterentwicklung von LinkedIn, das auf dem Weg ist, im Businessbereich Twitter ernsthafte Konkurrenz zu machen und etwa mit der API zum bevorzugten Identityprovider für Businessanwendungen zu werden, hat unter anderem dazu geführt, dass ich nach dem IPO LinkedIn-Aktien erworben habe. (Meinen begrenzten Mitteln entsprechend allerdings nicht sehr viele.)

Diese Ausgangslage, also ein in der Preissegmentierung sehr viel besser aufgestellter und zusätzlich um Dimensionen größerer internationaler Konkurrent stellt die künftige Eigentümerin von Xing vor eine große Herausforderung. In einer globalen Geschäftswelt kann ein auf den deutschen Markt beschränktes Netzwerk langfristig nicht überleben.

Interessanterweise haben die Aktivitäten deutscher LinkedIn-Nutzer in den letzten Wochen spürbar zugenommen.

Da der Burda-Verlag wie auch seinerzeit Holtzbrinck nicht die notwendigen Kernkompetenzen und die Unternehmenskultur mitbringt, die für die notwendige, radikale konzeptionelle Weiterentwicklung des Social Networks notwendig wären, wird Xing bei einer Übernahme unter dieser neuen Eigentümerin definitiv ein langsamer Tod durch Stillstand ereilen.

Xing selbst hat in den letzten Jahren bereits bewiesen, dass die Innovationsfähigkeit nicht aus dem Unternehmen selbst heraus kommen kann. (Siehe Links am Ende.)

Selbst ehemals jahrelang für den Premiumaccount zahlende Nutzer wie Martin Weigert sind skeptisch, was die Zukunft von Xing angeht:

Die Frage ist also, was Burda sich von Xing erwartet. Und ob man am Firmensitz in München mitbekommen hat, wie es der VZ-Gruppe ergangen ist. Noch mag dieser Vergleich unpassend erscheinen, da Xing sogar noch immer Mitglieder gewinnt und generell den Anschein eines soliden Unternehmens macht. Trotzdem gibt es schlicht kein überzeugendes Argument, das nahelegt, Xing würde auch im Jahr 2020 noch im DACH-Raum eine wesentliche Rolle spielen.

Nach Qype verschwindet mit Xing das letzte erfolgreiche unabhängige deutsche Webunternehmen der letzten Jahre.

Erfolgreiche deutsche Webstartups mit guten Zukunftsaussichten, die gute Übernahmekandidaten wären, wenn sie denn zum Verkauf stünden, sind SoundCloud und Wooga. (Man kann allerdings hoffen, dass sie die ersten seit Jahren sein werden, die in Deutschland einen Börsengang wagen.)

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Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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