sueddeutsche.de über Amtsrichter Mathias Winderlich:
Jeder, der illegale Streaming-Portale im Internet aufruft, kann sich damit strafbar machen. Dies hat ein Leipziger Richter nun bei der Verurteilung eines Mitglieds der Kerntruppe der Betreiber von kino.to festgestellt.
Das ist so absurd, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Wie sollen Nutzer immer zweifellos wissen, ob ein Stream legal oder illegal ist, wenn weder Rechteinhaber noch Plattformanbieter diese Sicherheit stellen können?
Man erinnere sich etwa an August 2010 zurück, als die Urheberrechtsexperten und -verfolger von der GVU versehentlich Videos des Elektrischen Reporters löschen liesen. Damals schrieb ich mit Blick auf Plattformproviderhaftung:
Dieser Fall zeigt auch noch einmal deutlich, dass die oft geforderte umfängliche Haftung von Plattformprovidern für auf ihren Plattformen eingestellte Werke nicht funktionieren kann. Wenn schon Urheberrechtskämpfern wie der GVU solche Fehler unterlaufen, die sich besser als sonst jeder mit den Rechten ihre Klienten und Unbeteiligter auskennen müssten, wie sollte dann ein unbeteiligter Plattformprovider immer exakt bestimmen können, ob eine Urheberrechtsverletzung auf seiner Plattform geschieht, ohne diese Plattform mehr oder weniger komplett abzustellen?
Das gilt noch viel mehr für Privatpersonen, die praktisch keine Einsicht in den Rechtedschungel hinter den Angeboten haben.
Würde sich die Sichtweise des Richters als Rechtsansicht durchsetzen, wäre das das Ende von Streaming-Plattformen mit User Generated Content.
Das heißt ganz konkret, dass zum Beispiel YouTube aus Gefahr der Rechtsunsicherheit unbenutzbar wäre. Wer kann schon immer wissen, ob das Musikvideo, das Mashup von "Der Untergang" oder das Urlaubsvideo mit dem laufenden Fernseher im Hintergrund jetzt gegen das Urheberrecht verstösst oder nicht?
Natürlich dürfte fast allen Nutzern von kino.to und co. klar sein, dass sie da illegale Angebote aufsuchen. Daraus eine Haftbarkeit abzuleiten, ist trotzdem ausgesprochen gefährlich und widersinnig.
Siehe zum Thema auch den Blogeintrag der Kanzlei Hoenig (via):
Der Leipziger Richter bedient sich eines Instruments, das nicht nur Strafverteidigern bekannt ist. Ein bestimmtes Verhalten ist nicht erwünscht. Also sucht man solange, bis man irgendwas gefunden hat, das so ungefähr passen könnte. Und dann beginnt das große Auslegen nach der Methode:
„... es kann doch nicht sein, daß das nicht strafbar ist. Da könnte ja jeder kommen. Wo kommen wir denn da hin?“