22. Sep. 2017 Lesezeit: 2 Min.

Warum die FDP immer noch unwählbar ist für alle, die mit Startups zu tun haben

Vor vier Jahren habe ich vor der Bundestagswahl den viel beachteten Text „Warum Gründer nicht FDP wählen sollten“ geschrieben. Damit natürlich ganz offensichtlich direkt zusammenhängend ist die FDP vor vier Jahren aus dem Bundestag geflogen. Jetzt wollen sie wieder rein. Und die FDP ist immer noch unwählbar für alle, die Startups gründen (wollen), finanzieren (wollen), oder bei Startups arbeiten.

Die FDP ist und bleibt eine Klientelpartei für etablierte Unternehmen, für die „alte“ Wirtschaft.

Wer den ganzen Tag die Disruptionstheorie vor sich herträgt und sich folglich selbst gern als Disruptor sieht: Die FDP ist die Partei der Incumbents. Die FDP ist der natürliche Feind aller Disruptoren. Weil Großunternehmen versuchen, sie in den Bundestag zu hieven, um die regulatorischen Zäune um ihre Märkte zu verstärken.

Die FDP hat vor über vier Jahren auf der Seite der Hotelketten gegen AirBnB und co. gekämpft. Und sie wird, wenn sie wieder in den Bundestag -und vielleicht als Juniorpartner sogar in die Bundesregierung- zieht, im Zweifel immer gegen Mobility-Startups und für die Verbrennungsmotorindustrie kämpfen. Die Pro-Diesel-Aussagen im Wahlkampf machen das bereits jetzt mehr als deutlich.

Das ist kein Zufall. Das ist der Modus Operandi der FDP. Sie mag sich als hippe, jugendliche, an jüngere Menschen (auf Deutsch: unter 40) gerichtete Partei präsentieren. Aber in Wirklichkeit soll die FDP wieder ein wichtiges Bollwerk der deutschen Großunternehmen gegen Startups und Veränderung im Allgemeinen werden.

Die FDP ist ein Partei gewordenes Steve-Buscemi-Meme.

Sie ist Großspende gewordenes regulatory capture.

Heise:

Mit BMW und Daimler gehört die Autobranche zu den intensivsten Spendern der letzten Jahren neben dem Verband Gesamtmetall oder der Deutsche Vermögensberatung DVAG. Seit 2009 spendeten demnach Automobilhersteller, Zulieferer und Verbände über 17 Millionen Euro an CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne. Fast vier Fünftel des Geldes seien an die Konservativen und die Liberalen gegangen.

Die FDP hat, obwohl seit 2013 nicht mehr im Bundestag, Großspenden (sprich 50.000€ und mehr) in der Höhe von 1,5 Millionen Euro erhalten.Zum Vergleich:  Spitzenreiter ist die CDU mit geringfügig mehr Großspenden in Höhe von 1,9 Millionen Euro, während SPD und Grüne jeweils nur eine Großspende in Höhe von 100.000 Euro erhalten haben. Das heißt die heute unbedeutende FDP hat acht Mal so viele Großspenden erhalten wie die SPD. Brute Force in der Big Money Edition.

Die ‚Startup-Szene‘ sollte sich also nicht von der Verpackung täuschen lassen. Wenn Unternehmer und Risikokapitalgeber im eigenen Interesse wählen, dann wählen sie nicht die FDP, und sprechen sich auch direkt gegen die Partei aus. Vor allem auch, weil es wichtig ist, dass in der deutschen Öffentlichkeit nicht der Eindruck entsteht, es gebe eine Position der Wirtschaft.

In Zeiten der rasanten Veränderung der Wirtschaft gehen die Interessen in eben dieser immer weiter diametral auseinander. Es entstehen massive Marktchancen für extrem junge Unternehmen (siehe etwa die Dynamik bei Zalando, dem deutschen Vorzeigebeispiel); Chancen, die es in dieser Größenordnung vor 20+ Jahren schlicht nicht gab. Gleichzeitig -und vor allem: direkt damit zusammenhängend- entstehen völlig neue, existenzgefährdende Gefahren für etablierte Unternehmen, weil sich ihr Marktumfeld radikal ändert. Entsprechend wird der Gesetzgeber als Verbündeter eingesetzt. Es kann schlicht nicht die eine ‚Wirtschaftspartei‘ geben, erst recht nicht in den jetzigen Zeiten. Nur Parteien, die sich für die eine oder andere Seite mal hier mal da entscheiden.

Die FDP entscheidet sich natürlich immer, wenn es darauf ankommt, gegen Startups. Weil sie von der ‚Gegenseite‘ finanziert wird.

Follow the money.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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