3. Juli 2010 Lesezeit: 2 Min.

Was 1&1 mit dem SmartPad falsch macht

Update: Google verwehrt Tablet-Herstellern noch den Zugang zum Android Market. Siehe diesen Artikel zum Thema. /Update

Im vorletzten Artikel schrieb ich über Kooperationen und das Netzwerk, das sich oft gegen die Hierarchie durchsetzt. Kontrollaufgabe von Unternehmen als gewinnträchtige Strategie:

[..]

Eine kurzfristige Sichtweise wird im Web stärker bestraft als in der Regel in der analogen Welt: Auch das ist eine Folge der Netzwerkeffekte, die zu exponentiellen Wachstumsraten führen.

Man könnte auch sagen, dass diejenigen, die niemanden auf ihren Schultern stehen lassen wollen, sich über die Opportunitätskosten dieser Entscheidung nicht im Klaren sind.


Im letzten Artikel hatte ich 1&1 und das SmartPad angesprochen. Dort findet man genau diesen falschen Ansatz vor. Quasi eine Fallstudie für das oben Beschriebene:

Deshalb ist es eine, vorsichtig ausgedrückt, eigenwillige Entscheidung von 1&1, das eigene Tablet vom AppMarket für Android abzuschneiden. Der Grund dafür ist zwar offensichtlich (Kontrolle des Distributionskanals für Applikationen), aber das macht es nicht minder widersinnig:
Das 1und1 SmartPad kommt mit einem 7 Zoll Touchscreen, der resistiv ist, einen 500MHz ARM11 Prozessor, 1GB Flashspeicher und Android 1.6 ohne Google App Store. Dafür ist ein 1und1 App Store vorhanden, in dem anfangs rund 100 Apps sein sollen (verglichen mit 50.000 Google Market Apps und 200.000 iPhone Apps lächerlich).

1&1 setzt auf die (eigene) Hierarchie, statt auf das Netzwerk der verteilten Plattform Android.

1&1 will auf seinem SmartPad die Kontrolle über den App-Distributionskanal halten. Was auf erste, oberflächliche Sicht wirtschaftlich sinnvoll erscheint, wird unsinnig, wenn man den Kontext, den Markt rund um das SmartPad betrachtet.

Um die Kontrolle zu erhalten, muss 1&1 das SmartPad vom Android-AppMarket abschneiden. Essentiell bedeutet das, dass das SmartPad kaum Applikationen zu bieten hat. Ein wesentlicher Wettbewerbsnachteil. Attraktiv wird das SmartPad damit nicht.

Android-basierte Tablet haben gegenüber Tablets mit anderen Betriebssystemen (bald kommend WebOS, oder auch neben Android noch andere auf Touch-Tablets spezialisierte Linux-Distributionen) vor allem einen Vorteil: Sie können auf das bereits große Angebot der Android-Applikationen zugreifen.

Die Vorteile einer verteilten Plattform wie Android sind oft auch gleichzeitig die Nachteile aus anderer Perspektive: Ein wesentlicher Vorteil von Android sind die bereits vorhandenen Apps. Natürlich bedeutet das nun, dass der Tablet-Hersteller auf die Kontrolle über den Distributionskanal der Applikationen verzichten muss, um diesen Vorteil zu nutzen. Und natürlich bedeutet es, dass die Android-Tablet-Hersteller andere Wege finden müssen, um sich voneinander abheben zu können. Aber nur mit dem Zahlen dieses Preises kann man von Android wirklich umfänglich profitieren.

Die Alternative ist, ein unattraktives Tablet anzubieten.

Bei 1&1 hat man diese Opportunitätskosten für die Entscheidung zur absoluten Kontrolle lediglich noch nicht realisiert. Es wird sicher noch andere auf Android setzende Tablet-Hersteller in den nächsten Monaten geben, die den gleichen Fehler machen. Gewinnen werden die anderen.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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