10. Jan. 2012 Lesezeit: 2 Min.

Zum Verlauf des Untergangs der deutschen Social Networks

Nico Lumma hat eine Statista-Visualisierung der aktuellen IVW-Zahlen deutscher Social Networks gepostet:

20120110 Netzwerke2 14 C

Das bestätigt parallel zum Aufstieg von Facebook in Deutschland, was ich im Artikel zum Start des deutschen WSJ geschrieben habe:

In Deutschland kommt nichts nennenswertes eigenes im Netz, weder von den etablierten, die sich aus dem Web heraushalten, noch von den neuen Playern. Stattdessen kommen irgendwann deutsche Ableger von US-Unternehmen auf den attraktiven deutschen Markt.

Man kann an den visualisierten Zahlen auch sehen, dass selbst das als relativ etabliert und sicher geltende Businessnetzwerk Xing Federn lässt. Ich sage seit 4 Jahren, dass die Preissegmentierung von Xing netzwerkschädlich und damit kontraproduktiv ist.

(Etwas, dass sie in sofern erkannt haben, als dass sie in anderen Ländern, in denen sie noch Fuß fassen wollten, eine andere Preisstrategie gefahren sind als in ihren Kernmärkten. Das impliziert eine vermutete Sicherheit über die Position in letzteren die so nicht da war, wie man jetzt langsam sehen kann. Ein Expansion in andere Länder hat Xing mittlerweile aufgegeben. Was in ihrem Markt einer impliziten Erklärung gleich kommt, dass sie als Unternehmen langfristig nicht überleben werden.)

Gleichzeitig hat Xing genau so wie die VZ-Netzwerke vorher die technische Entwicklung verschlafen. (lokalisten und wer-kennt-wen hatten nie eine langfristige Chance.) Eine Entwicklung im übrigen die (nicht nur) ich hier seit 2007 und später dann auf netzwertig.com seinerzeit immer wieder ausführlichst beleuchtet habe. Nico Lumma war eine der wenigen, aber doch vorhandenen anderen Stimmen in diesem Diskurs.

Was ich mich nicht zuletzt seit dem amüsanten wannstirbtstudivz.com frage, ist außerdem, warum zum Beispiel der Niedergang von studiVZ relativ linear verläuft.

Es gibt Untersuchungen, wie Netzwerkeffekte als positive Feedbackloops zu exponentiellen Wachstum führen können. Das Ergebnis kann man auch regelmäßig in der Praxis sehen: Die berühmte Hockeystick-Kurve bei der Entwicklung junger Webdienste mit Netzwerkeffekten. Was bisher nicht untersucht ist, oder mir zumindest noch nicht begegnet ist, ist eine Analyse des Niederganges von Netzwerken.

Das heißt, wie äußert sich der Rückgang der Nutzung und welche Art von Feedback erzeugt er? Man könnte zum Beispiel argumentieren, dass der Rückgang der Nutzung zu einen umgekehrten Effekt wie bei der Wachstumsphase eines Netzes führt: Eine umgedrehte Hockeystick-Kurve. Begründung: Der Zusatznutzen fällt ebenso schnell mit dem Weggang wie er mit dem Hinzukommen neuer Nutzer gestiegen ist.

Zweite These: Der Nutzenrückgang verläuft langsamer, weil die User bereits an die Kommunikationsmöglichkeiten gewöhnt sind und etwa selbst wenige verbliebene Verbindungen noch nützlich bleiben. Die Anknüpfung an Email erlaubt selbst das punktuelle Zurückholen bereits verlorener Mitglieder. (Die sich selbst einfach nicht mehr einloggen, den Account aber nicht gelöscht haben. Das dürfte der Normalfall sein.) Das würde Richtung Transaktionskosten beim Wechsel gehen.

Synthese: Eventuell ist es eine Mischung aus beidem, die stark abhängig von der Informationsarchitektur des betroffenen Netzes ist. Man könnte vor dieser Prämisse sogar argumentieren, dass es ein Erfolg der aktuellen Inkarnation von studiVZ ist, dass der Niedergang nur linear verläuft.

Das wäre doch mal ein schönes Forschungsthema, liebe mitlesenden Forscher.

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Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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