Amazon setzt mit seinen eigenen Verlagen und damit seinen eigenen Inhalten Buchverlage preislich unter Druck. Eine naheliegende Plattformtaktik.
Aktuell sind im deutschen Amazon-Shop rund 100 ins Deutsche übersetzte Amazon-Crossing-Titel verfügbar, darunter über 50 E-Books im Single-Format (5000 bis 30.000 Wörter). Unter den Autoren sind bekannte Namen wie Jeff Jarvis, Karin Slaughter und Hugh Howey (dessen „Wool“-Saga über Amazon bekannt wurde).
Während die „Singles“ ohnehin niedrigpreisig (ab 0,99 Euro) sind, bietet Amazon selbst opulentere Crossing-Romane, die seit Sommer 2012 auf Deutsch erscheinen, befristet (bis 29. Juli) extrem günstig an: 20 E-Books für je 2 Euro. In der Kindle-Bestsellerliste hat dies dazu geführt, dass die Crossing-Titel bereits das Ranking dominieren: In der Top-10 sind 6 Crossing-Titel für 2 Euro zu finden. Der einzige Top-10-Titel jenseits von 4 Euro: „Ein ganzes halbes Jahr“ von Jojo Moyes, bei Rowohlt als E-Book für 12,99 Euro erschienen.
Nicht nur bei den Verlagen, die mit den bisherigen Preispunkten zunehmend Schwierigkeiten bekommen, ihre Titel ins Kindle-Ranking – die wichtigste E-Bestsellerliste Deutschlands – zu bringen, sondern auch bei Selfpublishern sorgt die Amazon-Aktion für Kritik.
Den Buchverlagen bleibt nur die Wahl zwischen dem Verzicht auf größere Umsätze auf dem wachsenden E-Book-Markt, indem sie an ihren (zu hohen, am Print-Markt orientierten) Preisen festhalten, oder sich auf den Preiskampf mit Amazon einzulassen, und damit den Printmarkt zu untergraben.
Amazon spielt Plattformschach. Und es zeigt, dass den Plattformanbietern oft gar nichts anderes übrig bleibt, als in eigene Strukturen (hier Buchverlag) zu investieren, um das eigene Angebot auch gegen die Widerstände der etablierten Unternehmen (und ihrer Wertschöpfungsnetzwerke) voranbringen zu können.
Siehe zu Amazon und den kürzlich gestarteten Amazon Kindle Worlds auch neunetzcast #26 mit Leander Wattig.
Olaf Knechten says
Die etablierten Verlage arbeiten auch schon längst mit solchen Sonderaktionen im E-Book-Bereich. Und niedrigere E-Book-Preise bedeuten nicht unbedingt Umsatzeinbußen, im Gegenteil. Die Masse macht’s. Außerdem kurbelt ein verstärkter Verkauf von E-Books auch die Nachfrage nach den entsprechenden Papierbüchern an.