Professor Dr. Thomas Hoeren auf Legal Tribune Online:
Die Gier von Springer und anderen richtete sich darauf, selbst Textfragmente, die unterhalb der Schutzhöhe für urheberrechtliche Werke liegen, für sich und ein eigenes Leistungsschutzrecht usurpieren zu wollen. Das kann schon deshalb nicht sein, weil Leistungsschutzberechtigte beim urheberrechtlichen Gestaltungsprozess nur Hilfspersonal sind. Die Zeitungsverleger meinen jedoch, ihre Leistung sei deutlich schutzwürdiger als die der Urheber selbst. Und diese Arroganz wird jetzt bestraft. Das Urteil der Experten, welche sich in der vergangenen Woche vor dem Ausschuss Digitale Agenda im Bundestag äußerten, war vernichtend, fast ausnahmslos plädierten die Gutachter für die Abschaffung des Leistungsschutzrechts.
Mit dem Tod des Leistungsschutzrechts für Zeitungsverleger sollte überlegt werden, wie man das Urheberrecht vor solchen fehlgeleiteten Angriffen von Springer und Co. sichern kann. Und es wieder zu dem machen, was einmal war: ein effektives Schutzinstrument im Interesse der Kreativen selbst.
Die Machtstrukturen in Berlin sind keinesfalls derart, dass das Leistungsschutzrecht für Presseverleger wieder abgeschafft würde, nur weil alle Experten dafür plädieren. Die Expertenmeinungen haben beim Schreiben des Gesetzes keine Rolle gespielt, sie werden es nun auch nicht tun. Der alternativlose Opportunismus der Kanzlerin ist eine hervorragende Projektionsfläche für Axel Springer.
Axel Springer, ab Frühling 2015 Miteigentümer des neuen Europäischen Politico, wird seinen destruktiven, rücksichtslosen Lobbyweg fortsetzen - auch und vor allem auf Europäischer Ebene. Das Presseleistungsschutzrecht war erst der Anfang.
Axel Springer wird die treibende Kraft des Backlashs in Europa werden. Es wird darum gehen, mittels Regulierung Konzerne wie Axel Springer, das so orientierungslos ist wie seine Peers, auf Kosten aller anderen zu retten.
Das betrifft auch und besonders Internetstartups, deren Rahmenbedingungen auf dem Europäischen Markt dadurch erschwert werden.
Eine Tatsache, der sich aktuell noch kaum ein hiesiger Gründer bewusst zu sein scheint.