10. Juli 2024 Lesezeit: 13 Min.

Nexus 218: Aleph Alpha verliert die Kontrolle über das Narrativ (free)

Nexus 218: Aleph Alpha verliert die Kontrolle über das Narrativ (free)

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Marcel

Im Fokus dieser Ausgabe:

  • Der Skandal um die Finanzierungsrunde von Aleph Alpha ist eigentlich keiner, egal ob 100 oder 500 Millionen Euro. Es war so oder so immer zu wenig.
  • Schlimmer wiegt die geringe Qualität der Modelle, über die öffentlich selten gesprochen wird.
  • Stiller Pivot von Aleph Alpha: Das Unternehmen vollzieht einen Strategiewechsel hin zum Integrationsanbieter externer Modelle für spezifische deutsche Anwendungen. So wie wir es hier im Briefing schon vorausgesagt hatten.
  • Auch a16z kauft GPUs und vermietet sie an ihr Portfolio. Wir sollten endlich industriepolitisch etwas Ähnliches in Deutschland machen, vielleicht via SPRIND.
  • Selbstfahrende Autos: Waymo + Uber + chinesische EVs = Trouble für klassische Autohersteller
  • und mehr

Zitat des Tages

On Lauren Sherman’s podcast “Fashion People”, the very successful co-founder of the fashion brand Ganni described himself as an “insecure overachiever”. The idea is that you are a little insecure about your abilities and you compensate for that insecurity by working harder.

Rachel Karten in ihrem Newsletter Link in Bio.


Exchanges #353: Silk Road E-Commerce

Exchanges #353: Silk Road E-Commerce:

Wer entwickelt die Infrastrukturen für den Handel von morgen? Chinas „Silk Road E-Commerce“ ist das große Thema der Stunde. Und so blicken Jochen Krisch und Marcel Weiß diese Woche in den Exchanges auf die neue chinesische Wirtschaftspolitik, die explizit intensiv den Onlinehandel im Stil von Temu und Shein fördert. Was bedeutet die „Silk Road E-Commerce“ Initiative für uns hier in Europa?

Völlig verrückt, dass das nicht jetzt die Wirtschaftsressorts des Landes dominiert. Man kann nur hoffen, dass zumindest die Politik weiter als die Öffentlichkeit ist.


🤖 KI

Aleph Alpha verliert die Kontrolle über das Narrativ

Irritation über die Finanzierungsrunde

Aus der im letzten Jahr öffentlicht verlautbarten Finanzierungsrunde über (umgerechnet) 500 Millionen $ wurden 110 Millionen € und eine Abstufung beim Rest. Capital hat ein Statement des Unternehmens:

Die drei Komponenten sind folgendermaßen strukturiert: Erstens die Equity Finanzierung in Höhe von 110 Millionen Euro, zweitens die Forschungsfinanzierung zur Förderung von Forschung und Entwicklung der Aleph Alpha Modelle in Höhe von 300 Millionen Euro und drittens eine Komponente in Form von Auftragszusagen in Höhe von 60 Millionen Euro. Der gesamte Investitionsumfang der Finanzierungsrunde belief sich auf 470 Millionen Euro, was umgerechnet zum Tag des Signings mehr als 500 Millionen US-Dollar entsprach.
Um die Zusammenarbeit mit dem Innovation Park Artificial Intelligence (IPAI) zu vertiefen wurde die Aleph Alpha Research als neue Gesellschaft für anwendungsorientierte KI-Forschung und Entwicklung gegründet, die von Samuel Weinbach und Dr. Yasser Jadidi fachlich geleitet wird. Weinbach und Jadidi werden zukünftig einen starken Fokus auf die Zusammenarbeit mit forschungsstarken Universitäten setzen.
Die 300 Millionen Euro fließen in voller Höhe in die Forschungsarbeit und das Modelltraining der Aleph Alpha Research, sind an keine Bedingungen geknüpft und stehen niemandem sonst zur Verfügung. Die Aleph Alpha Modelle werden in dieser Gesellschaft weiterentwickelt und an die Anwendungsbereiche angepasst - dementsprechend werden die Gesamtzuwendungen sukzessive fließen, da verschiedene Entwicklungsstufen vorgesehen sind.

Zunächst sollte hier für den Kontext festgehalten werden, dass angesichts der immensen Kosten beim Training von Transformern weder 100 Millionen noch 500 Millionen Euro ausreichend viel wären für einen Anbieter, auf dem die Hoffnung Deutschlands liegt.

Nun setzt Aleph Alpha bekanntermassen nicht auf den kompletten Transformer-Ansatz (stattdessen autoregressive (causal, decoder only)), was es die Modelle nachvollziehbarer machen soll, in der Realität aber vor allem schlechter macht als die Konkurrenz.

Alles fällt auf die geringe Qualität der Aleph-Alpha-Modelle im Alltag zurück.  Seit Herbst 2023 habe ich immer wieder in privaten Gesprächen gehört, wie unbenutzbar im Grunde die Modelle von Aleph Alpha sind, wenn man sie mit den ChatGPT-Modellen oder auch Mistral-Modellen vergleicht.

In Nexus 186 (Mitglieder) schrieb ich im Februar diesen Jahres über die Qualität der Modelle und den vermeintlichen USP von Aleph Alpha:

Der USP der Datensouveränität wird hier völlig überhöht:

In Zeiten, in denen Unternehmen Office 365 einsetzen (wo Dokumente standardmäßig in der Cloud bei Microsoft landen) und Azure fröhlich jede regulatorische Anforderung erfüllt, die hiesige Gesetze oder Kunden haben, kann der TAM (maximal adressierbare Markt) für KI made in Germany nicht so groß sein. Aber natürlich gibt es ihn.
Wie wichtig kann das aber sein, um dafür auf ein spürbar schlechteres Tool zu setzen? Die Qualitätsunterschiede dürfen nicht riesig sein, nur marginal.
Die Unterschied sind aber RIESIG, wie man u.a. beim Stanford-Vergleich sehen kann.
Mehr noch: Aleph Alphas Luminous Supreme, sein bestes Modell, landet dort hinter den Open-Source-Modellen, und zwar gleich hinter mehreren: Llama 2 (70B und 13B(!) und 7B(!!)), Falcon und Mixtral.

Hinter Open Source zu landen, ist katastrophal für Aleph Alphas Position und Argumentation:

Open Source kann komplett On Premise betrieben werden, also mit MEHR Datensouveränität als in Aleph Alphas Rechenzentrum in Bayreuth.
Open-Source-Modelle sind anpassbar und rund um sie entsteht in rasanter Geschwindigkeit ein Ökosystem von Dienstleistern und Mittelsmännern aller Art, die jede Form von Customization anbieten werden.
Mit dieser Vielfalt werden Aleph Alpha und seine Partner nicht mithalten können, wenn ihre Modelle nicht qualitativ ebenbürtig sind.
Once more: Auch das Argument KI aus Europa zieht nicht, wenn Mixtral aus Paris nicht nur Open Source sondern auch noch qualitativ sehr viel besser ist als das beste geschlossene Modell von Aleph Alpha.

Es ist vor allem der letzte Punkt, der einen wesentlichen Teil der Argumentation von Aleph Alpha den Wind aus den Segeln nimmt. Europäische offene Modelle, die qualitativ in vielen wenn auch sicher nicht in allen Einsatzzwecken bessere Ergebnisse liefern. Da schmolz der Existenzgrund von Aleph Alpha dahin.

Der stille Pivot von Aleph Alpha

Treten wir einen Schritt zurück.

Warum sollte Aleph Alpha an der Wertschöpfungsebene der Modelle festhalten, wenn sie auf dieser nicht konkurrenzfähig sind?

Genau.

Deshalb beschrieb ich im Briefing damals das wahrscheinlichste Szenario für Aleph Alpha:

Aleph Alpha wird ein Integrationspartner und Datencenterbetreiber, quasi ein spezialisierter Cloud-Computing-Anbieter, für KI-Implementationen bei datensensitiven Einsätzen in der deutschen/europäischen Wirtschaft
Hierfür werden neben den Luminous-Modellen auch Modelle wie Mixtral integriert.
Mittelfristig würde das heißen, dass die Bedeutung der eigenen Modelle schrittweise eher zurückgeht.
Der Vorteil von Aleph Alpha hier wäre natürlich, dass die Modelle sich kombinieren lassen.
Daraus könnte sich sogar eine Spezialisierung auf Modellebene als USP herausschälen: Die Modelle von Aleph Alpha sollten auf die Customizationseite hin optimiert werden, also Übersetzer zwischen den Unternehmensdaten und den die eigentliche Arbeit übernehmenden Modelle.

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Im Nexus-Briefing (Mitglieder) vom 7. Juni schrieb ich angesichts des Joint Ventures Creance AI von PwC und Aleph Alpha, dass sich dieses Szenario wie zu erwarten war bereits manifestiert.

Trotz des sehr eng gesteckten Use Cases, kommen selbst bei Creance AI (auch) externe Modelle zum Einsatz.

Im Handelsblatt stand die entscheidende Information hierzu im letzten Absatz:

Im Hintergrund sind an das System mehrere KI-Modelle angeschlossen, sowohl von Aleph Alpha als auch von anderen Unternehmen. Der sogenannte Softwarestack integriert zum Beispiel das quelloffene KI-Modell Llama 3 des Facebook-Konzerns Meta. Je nach Aufgabe wird dann stets das leistungsstärkste Modell ausgewählt. Bei deutschsprachigen Verträgen dürfte das die KI von Aleph Alpha sein, bei englischsprachigen die anderer Unternehmen.

Statt diesen fundamentalen Wandel des Geschäftsmodells von Aleph Alpha vom Modellanbieter hin zur Modellimplementation zu beleuchten, schien das Handelsblatt nicht einmal daran interessiert, welche Modelle zum Einsatz kommen werden bei Creance. „Zum Beispiel“.

Es ist bezeichnend, dass Creance AI selbst die eingesetzten Modelle öffentlich auch nicht aufzählt, schrieb ich bereits damals vor einigen Wochen. Und:

Das Joint Venture zwischen PwC und Aleph Alpha ist, wenn man bösartig argumentieren würde, ein Wrapper um Metas Llama 3 mit Blick auf Compliance.

Das ist keine deutsche KI-Hoffnung mehr. Aber natürlich ein potenziell gutes Geschäft.

Die Optionen sind beschränkt..

..wenn die Qualität des Produkts nicht den Erwartungen entsprechen.

Man kann das beim Joint Venture sehen, Briefing vom Juni:

Man vergleiche das mit der Nachricht von letzter Woche (Nexus 209) von PwC als weltweit größter Kunde von OpenAIs ChatGPT Enterprise und neuer Reseller des Enterprise-Produkts von OpenAI.

PwC: Sie sehen ganz eindeutig die beste, vielfältig einsetzbar Technologie bei OpenAI. Warum machen sie hier ein Joint Venture? Weil Aleph Alpha als deutscher Hoffnungsträger Türöffner vor allem für deutsche Behörden werden wird.

Man sieht es an den Zahlen, trotz Liebling der Wirtschaftspresse, erreichte das Unternehmen 2023 nur einen Umsatz von  rund 945.000 Euro.

Was mir bei den Zahlen, die Gründerszene zusammenfasst, noch aufgefallen ist: Es gibt keinen großen Kostenpunkt für das Training neuer Modelle.

Was das alles für Aleph Alpha bedeutet

Der stille Pivot des Unternehmens hin zu dem von mir im Februar beschriebenen erfolgversprechendsten Szenario als Integrationsanbieter externer Modelle für spezifische, deutsche Einsätze mit höchstem Augenmerk auf deutschen Datenschutz etc. scheint längst in vollem Gange bei Aleph Alpha.

Das Problem:

a.) Das kommt fast schon zu spät.

Denn b.) Aleph Alpha hat die Erwartungen an sich in Deutschland extrem hochgeschraubt, wir erinnern uns an Handelsblatt-Titelseiten. Entsprechend unrealistisch schnell müssen Erfolgsgeschichten her. Die fehlen aktuell.

Aleph Alpha hatte so sehr die mediale Welt auf seiner Seite wie kein deutsches Tech-Unternehmen mehr seit dem Platzen der Dotcomblase. Das machte sie auch zum idealen Türe öffnenden Partner für Beratungsunternehmen wie PwC.

Der modulare Modellmix-Ansatz ist natürlich sinnvoll, nicht nur für Apple oder die Europäische Wirtschaft insgesamt, sondern auch für Aleph Alpha ganz konkret.

Wenn sie das nicht als Narrative erfolgreich verkauft bekommen, dann verlieren sie ihre Position als Türöffner; und im nächsten Schritt dann auch ihre ersten zaghaften Partner wie PwC.

Man kann diesen Umschwung in der medialen Wahrnehmung bereits beobachten.

Wäre ich bei Aleph Alpha, hätte ich längst offensiv an einer medial wirksamen Kooperation mit Mistral gearbeitet. Eine „paneuropäische KI-Allianz“ mit Mistral sollte man gemeinsam verkünden, die letztlich erst einmal nur bedeutet, dass Aleph Alpha Mistral-Modelle dort einsetzt, wo Luminous zu schlecht ist.

Ach ja, und es würde auch bedeuten, dass Aleph Alpha ganz offiziell Modelle einsetzt, die Weltklasse sind.

Das wäre ja auch etwas.

Was das alles für den „KI-Standort“ Deutschland bedeutet

Philipp Klöckner in Capital:

„Man wollte hier dem Anschein nach unbedingt zeigen, dass man auch in Deutschland KI-Megarunden zusammenbringt“, sagt Tech-Experte Philipp Klöckner darüber. Für „einen großen PR-Stunt“ habe die Firma offenbar „sämtliche Finanzmittel, Umsatz- und Lizenzzusagen, Leistungsversprechen und sonstige Förderungen aufaddiert“. Damit, so Klöckner, habe man „vor allem das genaue Gegenteil bewiesen: Nämlich dass es nicht möglich ist, in Deutschland derlei Mittel zu mobilisieren“.

Ich bin gar nicht sicher, ob das so stimmt. Wir haben hier ein Henne-Ei-Problem. Was war zuerst da (oder was hat uns zuerst zurückgehalten):

Die schlechten Luminous-Modelle von Aleph Alpha oder die geringe Finanzierung der schlechten Modelle?

Oder anders gefragt: Wir wissen nicht, wie viel in Deutschland von deutschen Investoren in ein deutsches Mistral oder Anthropic wirklich fließen würde.

Im Grunde muss man die deutsche Risikokapitallandschaft hier ausnahmsweise in Schutz nehmen. Vielleicht haben sie den eklatanten Qualitätsunterschied zwischen Luminous und dem Rest gesehen und richtig eingeordnet.

Zweifellos muss man allerdings festhalten, dass die deutsche Medienlandschaft bizarr stark auf Aleph Alpha angesprungen ist, allen voran das Handelsblatt.

Wir haben mindestens ein Problem in Deutschland, was ernsthafte Berichterstattung der KI-Entwicklung angeht. Den deutschen Medien scheint viel zu oft der internationale Kontext zu fehlen.

Der Witz am aktuellen Skandal, dass die Finanzierungsrunde vielleicht nur 100 Millionen Euro groß war ist, dass selbst die „sensationell“ hohe, Deutschland we’re back, Rekordfinanzierung von knapp 500 Millionen Euro vor allem sensationell zu wenig gewesen ist, um einen Konkurrenten zu OpenAI und co. mit dem gleichen Geschäftsansatz aufzubauen. Darüber habe ich damals auch hier im Briefing geschrieben, in anderen deutschen Medien habe ich das nicht gesehen.

Meine Faustregel: Wer würde hierzulande über Aleph Alpha schreiben, wenn es ein US-Startup wäre. Diese Zahl darf für einen nationalen Hoffnungsträger niemals Null sein.

Ein letztes Wort zu den Narrativen und dem Spin: Ich glaube dem Gründer Jonas Andrulis, dass er den KI-Standort Deutschland voranbringen will. Aber aktuell ist es nicht auszuschließen, dass er das Gegenteil erreicht. Dass der Sturz von Aleph Alpha so heftig wird wie der mediale Aufstieg letztes Jahr. Und es ist nicht auszuschließen, dass das Thema KI hierzulande mit diesem Startup verbunden wird, und viel Geschirr zerschlagen wird bevor es richtig losgeht.

Die deutschen Massenmedien hatten sich seinerzeit in der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende so sehr verbrannt, dass sie erst gegen Ende der ersten Hälfte der 2010er Jahre von der Wahnvorstellung abkamen, dass im Internet kein Geld zu verdienen sei und alles, was gerade passiere, eine zweite Blase sei.

Mistral treibt Finetuning in der Community voran

Meanwhile auf LinkedIn:

Announcing Mistral AI online fine-tuning hackathon winners:



Le Chat Robot: fine-tuned Mistral 7b to control robotic arms

Alplex wäre vielleicht eine gute Ergänzung oder Ersatz für Creance AI.

Forecasting mit Transformern

Für die FAZ habe ich über erste Foundationmodels auf Transformerbasis geschrieben, die Zeitreihenanalysen u.a domänenunabhängiger ermöglichen sollen. Forecasting wird eine Zunahme an neuen Werkzeugarten sehen: Zeitreihenanalyse 2.0: Wie Foundation-Modelle Wirtschaftsprognosen verändern

Wie effektiv diese Modelle im konkreten Einsatzzweck sind, lässt sich aktuell nur im Praxistest bestimmen, da all die Modelle noch jung sind und je nach Benchmark-Test vor oder hinter traditionellen Modellen landen. Die entsprechenden IT-Ressourcen vorausgesetzt, lässt sich das aber herausfinden. Moirai und Chronos sind als Open Source veröffentlicht worden, TimeFM soll laut Google ebenfalls in der Zukunft unter einer offenen Lizenz liegen. Das liegt vor allem daran, dass Forecasting oft mit sensiblen Daten gefüttert wird, was den SaaS/API-Weg nicht für alle potentiellen Unternehmenskunden gangbar macht. Gleichzeitig muss man die nackten Forecasting-Modelle bei Salesforce oder AWS als Teil von umfassenden Planungsumgebungen verstehen, also nur als einen Teil des Gesamtangebots.

A16Z kauft GPUs und vermietet Rechenpower an ihre Portfolio-Startups

Laut einer Quelle von The Information:

  • a16z hat sich Tausende von KI-Chips gesichert, darunter vor allem Nvidia H100 GPUs, und vermietet sie an die eigenen Portfolio-Unternehmen
  • a16z hat das Ziel, auf 20.000+ GPUs zu expandieren

Das ist sehr sinnvoll. Sie sind auch nicht die ersten VC, die das machen. (Sifted) a16z hat aber auf jeden Fall hier das größte Cluster als Kapitalgeber. Was angesichts der Größe ihrer Funds nicht überrascht.

Wir werden weitere VCs sehen, die ähnliches machen. Microsoft agiert im Grunde aus der anderen Richtung als VC, indem sie Rechenleistung statt Cash in OpenAI, Mistral und co. investieren. AWS und Google Cloud machen das genau so.

Tatsächlich sollten Europa und Deutschland sich daran ein Beispiel nehmen. In Nexus 172 (Mitglieder) schrieb ich im Oktober 2023:

Ganz konkret sollte SPRIND (oder ein Tochterunternehmen) ein eigenes, spezialisiertes Datacenter aufbauen, in dem Forscher:innen und Startups LLMs trainieren können und mehr. Das sollte tatsächlich ein wesentlicher Kernpunkt der SPRIND-Arbeit sein.

KI-Chips sind nicht nur Mangelware, ein solcher Aufbau ist auch teuer.

Es ist ein wesentlicher Grund, warum KI-Startups bei Deals mit Microsoft, Amazon oder Google landen. Big Tech kann seine Cloud-Computing-Datencenter den Startups zur Verfügung stellen und sich so an potenziell künftigen Riesen beteiligen. Oder eben abkassieren. (Die Kosten sind ein Grund btw., warum die großen LLMs aus der Wirtschaft und nicht aus der Forschung kommen.)

Das ist für Europa eine strukturelle Herausforderung.

Es wäre auch weder einfach noch günstig für SPRIND. Aber es wäre eine Infrastruktur-Investition, die einen spürbaren Standortvorteil für die hiesige Industrie bedeuten könnte.

Industriepolitisch strategisch geleitete Infrastruktur-Investitionen in eine zentrale Schlüsseltechnologie - ohne das wird Europa kein Land beim KI-Thema sehen.


Themen der vorherigen Ausgaben

Hier die Themen der letzten Mitgliederausgaben in der Übersicht.

Nexus 215: Outcome as a service, Claude 3.5 Sonnet, Perplexity und robots.txt, SEO und LLMs:

Nexus 216: K5-Nachlese – Der Status Quo im Onlinehandel vor dem Umbruch; Anthropic Projects; KI-Musik:

Nexus 217: Chinesischer Essenslieferdienst Meituan geht global, Substacks Deutschlandstart, Kyutai Moshi:


🚌 Transportsektor

Selbstfahrende Autos: Waymo + Uber + chinesische EVs

In der FAZ habe ich über die Fortschritte bei selbstfahrenden Autos geschrieben (Waymo baut seinen Service langsam in den USA aus), und was das für die Geschäftsmodelle bedeuten wird: Langsam aber sicher: Wie und wann autonome Autos die Branche umkrempeln werden:

Es zeichnet sich ein Bild von einer sich dramatisch ändernden Branche, bei der es auf weit mehr ankommen wird, als die reine Technologie zu beherrschen. Selbst das ist bereits eine Herausforderung. Die nächstgrößere, danach kommende Herausforderung wird für jeden Autohersteller die eigene Repositionierung in einem neuen Wertschöpfungsumfeld darstellen. In diesem Umfeld bewegen sich zum Teil von großen Techkonzernen finanzierte Technologievorreiter, die mit populären Onlineplattformen wie Uber kooperieren und perspektivisch mit hoch spezialisierten Fahrzeugen aus China ausgestattet werden könnten. Die beste Fahrassistenz auf dem Markt wird als Antwort darauf nicht ausreichen.

Man könnte nach den letzten Jahren meinen, dass hier nichts passiert und nichts passieren wird. So sieht das aktuelle Bild aber nicht aus. Waymo und co. machen spürbare Fortschritte mit ersten für die breite Öffentlichkeit offenen Angeboten in den ersten US-Städten. Und sie werden von Dingen wie der Produktion in China für ihre Flotten profitieren.

China selbst prescht bei dem Thema im Heimatmarkt ebenfalls rasant voran.


✴️ Mehr Wissenswertes

Fritzbox-Hersteller AVM wurde verkauft. ComputerBase:

Die AVM Computersysteme Vertriebs GmbH beschäftigt gegenwärtig ungefähr 900 Mitarbeiter, die im letzten Jahr einen Umsatz von über 600 Millionen Euro bei einem Gewinn von knapp 90 Millionen Euro erwirtschaften konnten. Das im Jahr 1986 in Berlin von vier Studenten gegründete Unternehmen wird noch heute von drei der vier Gründer geleitet, denen das Unternehmen auch gehört. [...]

Inzwischen hat sich AVM zur Bekanntmachung der österreichischen Bundeswettbewerbs­behörde geäußert und bestätigt, dass sich die Unternehmensgründer und bis heute alleinigen Inhaber des Unternehmens als neuen, langjährigen Investor für Imker Capital Partners (Imker) entschieden haben. [...]

AVM strebt mit dem neuen Investor im Rücken Wachstum durch neue Produkte und eine verstärkte Internationalisierung an. Die Gründer von AVM bleiben dem Unternehmen mit einem Minderheitsanteil als Gesellschafter und als Beirat erhalten.

In Nexus 168 (Mitglieder) schrieb ich letzten September über AVM vor dem Verkauf und dessen vertanes Potenzial. 2015 hatte ich die gute Ausgangslage als Routerhersteller benannt, um in Smart Home und ähnliche Bereiche zu expandieren. AVM baut gute (die besten?) Router, hat es aber nie geschafft, davon ausgehend in lukrativere Felder zu expandieren.

Mit Umsatz von über 600 Millionen Euro bei einem Gewinn von knapp 90 Millionen Euro im letzten Jahr, wie Computerbase schreibt, sieht man gut, wie groß das vertane Potenzial ist, betrachtet man die Marktgrößen und die etablierte Ausgangsposition von AVM.

Die Chancen, dass sich das jetzt zum Positiven ändert, sind solide 50/50. Wenn man dem Unternehmen unter neuer Leitung wohl gesonnen ist.


Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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