Tom Hillenbrand auf SPON 2008 über Facebook und StudiVZ:
"Weil das US-Netzwerk Facebook in Deutschland kein Bein auf den Boden bekommt, geht es gerichtlich gegen Marktführer StudiVZ vor. Vorwurf: Allzu dreistes Kopistentum. Nutzen wird die Klage wenig - die Historie zeigt, dass deutsche Ideenklauer im Internet fast immer siegen."
Und andere unbesiegbare deutsche Dienste:
"Bei vielen anderen Web-Diensten lief es ähnlich. Kaum jemand verwendet in Deutschland Hotmail - die Platzhirsche heißen Web.de und GMX. Lesezeichen archiviert man nicht mit del.icio.us, sondern mit Mister Wong. Und das in Nordamerika populäre Business-Netzwerk LinkedIn hat hierzulande im Wettstreit mit dem deutschen Pendant Xing eindeutig den Kürzeren gezogen."
Das liest sich heute ausgesprochen albern, was im Nachhinein aber auch immer einfach ist. Aber man findet darin auch einen klassischen Fehler, den viele Medien (auch Blogger und Experten) beim Bewerten der Onlinewelt oft machen: Davon ausgehen, dass sich Angebote und damit Marktdynamiken nicht mehr oder nur marginal verändern.
Der aktuell beobachtbare Untergang von studiVZ hängt auch stark mit einem statischen Verständnis vom eigenen Angebot zusammen.
Das ist ein grundlegender Fehler des Managements. Die Frage beim Betreiben von Webdiensten lautet immer auch, was kann ich an meinem Angebot verändern, um das Problem, das ich löse, noch besser zu lösen. StudiVZ hat etwa praktisch nie versucht, die Kommunikationsmöglichkeiten zu verbessern. Gleichzeitig sollte man immer auch mit einbeziehen, wie sich Konkurrenten verändern könnten, um gefährlicher zu werden.
Das Internet ist auch heute noch ein junger Markt. Alles ist in Bewegung und verändert sich ständig. Es ist kein reifer Markt. Es ist ein Markt, auf dem sich alles auf einmal ändern kann, wenn zum Beispiel ein großer Player plötzlich eine API anbietet und zur Plattform wird. Facebooks Siegeszug begann 2007 mit dem Start der Plattform und zementierte sich mit dem Launch von Facebook Connect und Like-Buttons für den Rest des Webs. LinkedIn wiederholt das allem Anschein nach dieses Jahr für den Businessbereich.
Vielleicht ist das einer der Gründe, warum Deutsche sich oft so schwer tun mit dem erfolgreichen Aufbau von Webdiensten. Webdienste sind ganz abstrakt gesprochen Datenflüsse und ihre Kanalisierungen. In Deutschland sprechen wir aber viel zu selten von der Datennutzung allgemein, und praktisch immer nur vom Datenschutz. (Also immer nur vom worst case und wie man ihn verhindert, statt von der potentiellen Bandbreite der Möglichkeiten.)
Wir müssen Daten schützen und ein Social Network ist etwas, wo man Freundesanfragen verschickt und auf die Pinnwand der anderen schreiben kann: Eine schlechtere Ausgangslage kann man kaum einnehmen, um in einem stark dynamischem Umfeld bestehen zu können.
Deswegen scheint auch vielen nicht klar zu sein, was Markus Angermeier auf Google+ so zusammengefasst hat: "wer sich nicht bewegt, fällt zurück."
Webdienste sind keine Autos.
(via Tamás N)