Thomas Knüwer über die Werbe-Entwicklung bei den deutschen Presseverlagen:
Die Zeitungsbranche hat im vergangenen Jahr 15,9% weniger Anzeigenumsätze verbucht. Das ist schon schlimm – viel schlimmer aber ist, dass dies eine historische Wegmarke bedeutet: Zum ersten Mal wird mehr Brutto-Online-Werbung gebucht als Netto-Zeitungswerbung.
Denn die Zeitungsverlage kommen nun auf einen Netto-Anzeigenumsatz von 3,9 Mrd. Euro – und laut Bundesverband Digitale Wirtschaft wurden 2009 4,1 Mrd. Euro mit Online-Werbung brutto umgesetzt.
Das ist noch nicht historisch, aber zeigt recht klar einen deutlichen Trend auf.
Telepolis berichtet über die Pläne des BDZV (Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger), sich selbst und alle anderen von Bezahlschranken zu überzeugen:
Den Ausbau des Paid Content flankiert der BDZV mit einer eigenen Studie. Diese werde in den nächsten Wochen erscheinen und nachweisen, dass die Bereitschaft, für gute Inhalte zu zahlen, höher ist, als alle denken – einschließlich der Verlage selbst, kündigte Fuhrmann an – es klingt ein wenig wie bestellter Optimismus. [..]
Ein wichtiger Baustein ist laut Wolff auch die Einführung des umstrittenen Leistungsschutzrechts für die Presseverlage. Wenn digitale Inhalte der Zeitungen gewerblich genutzt würden, müsse die Zustimmung der Verlage eingeholt und eine Gegenleistung erbracht werden.
Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des BDZV, über den öffentlichrechtlichen Rundfunk:
Derzeit sei das Internet wie ein Parkhaus mit zwei Schranken, die beide geöffnet sind. Morgen solle es jedoch anders aussehen, da werde eine Schranke oben sein, bei der anderen hingegen müsse man eine Münze einwerfen. Die Inhalte dahinter seien aber gleich.
Wolff sieht das zukünftige Geschäftsmodell der Verlage dadurch in Gefahr, denn hinter unterschiedlichen Schranken müssten auch unterschiedliche Inhalte stecken.
Das ist ein Offenbarungseid. Statt sich auf das eigene Angebot zu konzentrieren und etwas anzubieten, wofür Menschen bezahlen wollen, erwartet man beim BDZV anscheinend, dass die eigenen Mitglieder online so weitermachen wie bisher, dafür mehr Geld verlangen können und einfach die unliebsame Konkurrenz der öffentlich-rechtlichen Angebote beschnitten wird.
Ist in den Augen der BDZV-Vertreter gar der öffentlich-rechtliche Rundfunk schuld daran, dass die von den deutschen Presseverlagen bereits mehrheitlich eingesetzten Bezahlschranken sich nicht in den Bilanzen bemerkbar machen?
Telepolis:
[Wolffs] Wunsch ist klar, die GEZ-finanzierten Sender sollen ihre Aktivitäten im Netz zurückfahren. Vom Ausbau des eigenen „Parkhauses“ ist hingegen nicht die Rede.
Wenn die Inhalte gleich sind, warum sollten Menschen dann für den Zugang zu ihnen extra bezahlen? Oder, wenn man die öffentlich-rechtlichen Gebühren mit einbezieht, warum sollen die Bürger zweimal bezahlen?
Wir halten fest: Die extrem wichtigen Print-Werbeeinahmen der Presseverlage gehen zurück. Die Antwort der deutschen Presseverlage im Internet ist mehr Bezahlschranken, Leistungsschutzrecht und Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das ist immerhin eine ganzheitliche Strategie. Sie erscheint mir aber weder sonderlich demokratiefreundlich noch erfolgversprechend.
Gast says
Den öffentlich-rechtlichen Abkassierern vom Dudelfunk und vom Unterhaltungs-TV gehört allerdings wirklich eine Grenze gesetzt, und das nicht nur im Internet.