Gestern haben wir auf neumusik.com restorm vorgestellt. Hier folgt nun der dort angekündigte Artikel zum "Rightclearing" - was darf man erwarten, wie sinnvoll ist es?
Das Interessante am Rightclearing ist, neben der Berücksichtigung von Verwertungsgesellschaften und Creative Commons innerhalb eines Angebots, der One-Stop-Service. Dazu CEO Philippe Perreaux in der NZZ Online:
Der Künstler kann Preise und erlaubte Nutzungsformen selber bestimmen, die nachfolgenden Lizenzverträge werden automatisch generiert - ohne Anwaltskosten und für alle Beteiligten einfach verständlich. Künftig wird sich das System auch für andere Werkarten wie Fotografien einsetzen lassen.
Zwar sind die Tarife Jamendos bei weitem übersichtlicher als die der GEMA (ca. 80-90 verschiedene Tarife), jedoch immer noch relativ komplex. Während Inhalte aus den Katalogen der Verwertungsgesellschaften (VGs) bei restorm direkt über die VG abgerechnet werden, bietet restorm für unter Creative Commons (CC) lizenzierte Inhalte weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten der wenigen Tarife durch den Künstler. Entscheidet sich der Lizenznehmer für den Kauf einer Lizenz, wird der Vertrag als PDF generiert und an beide Vertragspartner geschickt.
Der Ablauf für den Urheber ist denkbar einfach: Vor dem Upload erfolgt per Formular die Abfrage, ob der Künstler Mitglied einer VG ist oder nicht. Ist er es, bleibt als Option nur die Verrechnung über die VG. Andernfalls sind die Lizenzierungsoptionen Creative Commons und sogar Public Domain möglich. Die Einverständniserklärung zum Rightclearing - also der potenzielle Verkauf einer Lizenz - wird vom Urheber per Klick auf einen Radio-Button bestätigt. Dies entspricht der Option unter Jamendo, die es Künstlern ermöglicht, am JamendoPro-Programm teilzunehmen.
Gewisse Themen und Anwendungsbereiche (Gewalt, Politik, Pornographie, Religion) können auf Wunsch eingeschränkt lizenzfähig sein oder von einer Lizenzierung ausgeschlossen werden. Ähnliches gilt für die neun verschiedenen Nutzungsformen wie Audio Werbung, Computerspiele, Film & TV etc. Ich möchte bereits jetzt voraussagen, dass die Zahl der Nutzungsformen und möglichen Ausnahmen steigen wird. Denn hier liegt das Problem, dem Tarife grundsätzlich und im speziellen Creative-Commons-Lizenzen unterworfen sind: Gerade die Formulierung des erlaubten kommerziellen Einsatzes im Rahmen einer Lizenz bedarf meistens der Anpassung der Lizenz oder zumindest der Rückfrage - womit die Komplexität steigt. Nicht zuletzt liegt darin aufgrund der juristischen Unkenntnis der Urheber auch eine potenzielle Gefahrenquelle.
Als verwendbare Lizenzen im Creative-Commons-Bereich stehen letztlich eine "Basislizenz" oder eine "erweiterte Lizenz" zur Verfügung. Die Basislizenz ist eine CC BY-NC Lizenz und kann daher kommerziell nicht verwendet werden; nur zu nicht-kommerziellen Zwecken und unter Namensnennung der Urheberinformationen. Änderungen am Werk sind jedoch möglich - ob es sich um eine Share-Alike-Lizenz handelt, konnte ich der Dokumentation nicht entnehmen. Die erweiterte Lizenz kann im Gegensatz dazu kommerziell verwendet werden. Interessanterweise wird hier ein Grundelement der CC-Lizenzen kurzerhand durch die Einwilligung des Künstlers in das Rightclearing-Verfahren ausgehebelt: Eine Namensnennung bei der kommerziellen Verwendung ist nicht notwendig:
Die erweiterte Lizenz beinhaltet zusätzlich die Rechte, das Werk kommerziell und ohne Namensnennung zu nutzen. Und ist dementsprechend teurer.
Zwar kann theoretisch auch außerhalb von restorm jeder Urheber eines CC-Werks von diesem Recht Abstand nehmen - sinnvoll ist es jedoch nicht.
Die Preise für die jeweiligen Nutzungsformen können vom Urheber unterschiedlich festgelegt werden, wobei die erweiterte Lizenz hochpreisiger ist. Alternativ empfiehlt restorm drei Preispläne:
Tiefes Preisniveau: Für lokal bekannte Künstler
Normales Preisniveau: Für national bekannte Künstler
Hohes Preisniveau: Für international bekannte Künstler
Natürlich steht es dir auch frei, sämtliche Preise selber zu bestimmen. Nur solltest du auch hier vorsichtig sein, wenn du nicht potentielle (sic!) Kunden abschrecken willst.
Bei Projekten mit einem Budget jenseits von 10.000 € werden die Lizenzkosten prozentual definiert (vom Künstler). Die Abgabe an restorm (Commission Fee) beträgt 10%. Ob eine lineare prozentuale Berechnung sowohl der Lizenzkosten als auch der Commission Fee Sinn macht, sei dahin gestellt - in der Regel sollte meines Erachtens bei einer Vertriebsbeteiligung der prozentuale Anteil bei niedrigeren Einnahmen prozentual eher höher liegen und mit steigendem Projektwert prozentual sinken - zumindest ein maximaler Wert sollte als Schwelle fixiert sein.
Das Rightclearing kann ein absolutes Highlight werden, braucht aber noch Nachpolitur. Zudem: Bislang stehen 2.000 Tracks zur kommerziellen Lizenzierung zur Verfügung. Bei Jamendo 90.000. Und auch das ist - nach Herausfilterung der qualitativ nicht hinreichenden Inhalte - nicht ausreichend für eine Nutzung im professionellen Lizenzierungsumfeld. Denn Music Supervisors, die "Casting-Agenturen der Musik", sind nicht zuletzt privat durch kommerzielle Download-Stores ein anderes und erheblich umfangreicheres Repertoire gewöhnt.