Markus Beckedahl auf netzpolitik.org über die heutige Ankündigung der Telekom:
Neuverträge werden ab dem 2. Mai mit einer Drosselung bei bestimmten Volumina verkauft. Bei den üblichen DSL-Verträgen mit “bis zu” 16 Mbit/s wird ab 75 GB auf sechsfache ISDN-Geschwindigkeit gedrosselt, bei “bis zu”50 MBit/s ab 200 GB. Mit der gedrosselten Geschwindigkeit von 384 Kbit/s ist Internet nur noch anstrengend. 75 GB sind übrigens weniger als 10 Filme in HD schauen an Datendurchsatz benötigen, d.h. bei der Deutschen Telekom kann man im Standardtarif nur an jedem dritten Tag einen HD-Film bei der Konkurrenz anschauen. Willkommen im 20. Jahrhundert!
Die Pressemitteilung ist noch etwas unklar, wer oder was diskriminiert wird. Fakt ist, dass zumindest die Konkurrenzangebote, die Fernseh-ähnliche Produkte anbieten, diskriminiert werden, wie z.B. Zattoo, Youtube oder Video-on-Demand-Plattformen, denn T-Entertain bleibt unberührt (läuft aber über dieselbe Bandbreite)
Die Drosselung soll 2016 technisch eingeführt werden.
Indem die Telekom eine Ausnahme beim eigenen Streamingangebot "Entertain" machen wird, geht sie den nächsten (logischen) Schritt in ihrer Abschaffung der leider noch immer nicht gesetzlich festgeschriebenen Netzneutralität.
Nach dem die Netzneutralität verletzenden Deal mit Spotify, der bereits Tatsachen schuf, und Facebook Zero ist die Tarifänderung der Telekom nun lediglich der erste offensive Schritt gegen die Netzneutralität, der ohne die beiden ersteren so vielleicht möglich gewesen wäre.
Auf die Frage auf App.net, ob das nicht der Markt der Internetanbieter klären könne, weil die Konkurrenz der Telekom diese auch unterbieten könne, schrieb ich heute: "Der ISP-Markt ist bestenfalls ein Oligopol und mit der Erosion der Netzneutralität ergeben Volumenbeschränkungen Sinn für die ISPs als Basis für die kommenden Tarifsegmentierungen. You do the math."
Natürich werden die Internetanbieter auch weiter miteinander konkurrieren. In einer Welt ohne festgeschriebene Netzneutralität aber werden sie das auf der Basis der Webdienste machen, mit denen sie Verträge abgeschlossen haben oder die sie selbst anbieten. Kein Anbieter wird auf Volumenbegrenzung und anschließende Ausnahmen verzichten. Denn dafür ist das wirtschaftliche Potential beim Ausquetschen des Internetmarktes auf beiden Seiten -Anbieter und Endnutzer- schlicht zu groß.
Die hohen Markteintrittsbarrieren für Internetanbieter werden ihr Übriges tun.
Mehr zur Netzneutralität und warum sie wirtschaftspolitisch wichtig ist: Die Regulierung der Netzneutralität ist so wichtig wie die der Finanzmärkte