Christopher Lauer von den Piraten über die gestrige Nachricht, die Telekom führt eine Drosselung bei künftigen DSL-Verträgen ein und macht eine Ausnahme bei eigenen Angeboten:
Die privatwirtschaftlich organisierte Deutsche Telekom erbt vom ehemaligen Staatsunternehmen Deutsche Post das durch Steuergelder finanzierte Telefon- und Glasfasernetz. Das baut die Telekom nicht aus. Der Bedarf an breitbandigem Internet steigt aber. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Das Netz ausbauen oder den Mangel verwalten und zum Geschäftsmodell machen. Die Telekom hat sich für letzteres entschieden. Während uns Länder wie Südkorea bei der Geschwindigkeit längst abgehängt haben legt die Telekom für Deutschland den Rückwärtsgang ein. Das ist ungefähr so, als würden wir der Telekom das Straßennetz geben, die lässt es dann verwahrlosen und führt dann eine Maut ein, um die Spuren benutzen zu können, die noch funktionieren.
Man muss der Forderung nach einer Enteignung der Telekom nicht zustimmen und kann trotzdem zur selben Ausgangslage wie Lauer kommen: Eine privatwirtschaftliche Telekom wird nicht das leisten, was wir gesellschaftlich wollen. Die Telekom hat gestern verkündet, dass sie künftig die eigenen Angebote bevorzugen und das restliche Internet über ihre Zugänge benachteiligen wird. Die Telekom macht daraus keinen Hehl. dpa via netzpolitik.org:
Die Nutzung anderer Anbieter wie Apples iTunes oder Amazons Streaming-Dienst Lovefilm würde nach aktuellem Stand an dem Inklusiv-Volumen zehren, wie ein Telekom-Sprecher bestätigte. Internet-Dienste könnten aber eine Kooperation mit der Telekom eingehen für sogenannte Managed Services eingehen, „die in einer höheren und gesicherten Qualität produziert und vom Kunden gesondert bezahlt werden“.
Dass die Telekom so offensiv nach vorn prescht, deutet darauf hin, dass sie sich sicher ist, kaum politischen Gegenwind zu bekommen. (Was angesichts der katastrophalen deutschen Netzpolitik nachvollziehbar ist.)
Infrastruktur, egal ob Internetzugang, Straßen, *hust* Schienen oder Wasserversorgung, ist immer denkbar schlecht in privatwirtschaftlichen Händen aufgehoben, weil es auf dieser Ebene praktisch nie Märkte geben wird, die der idealtypischen Vorstellung von Wettbewerb auch nur ansatzweise nahe kommen. Deswegen muss diese Ebene, wenn sie marktwirtschaftlich organisiert werden soll, mittels Regulierung entsprechend geformt werden. Eine Festschreibung der Netzneutralität, also ein Verbot von Datendiskriminierung, wäre ein einfacher regulatorischer Eingriff, der den Markt ansonsten kaum beeinträchtigen würde. (Jedes Regelwerk, das umfangreicher wäre, bringt weitere Nebenkosten und Nebenwirkungen mit, die dank der aktuellen Dynamiken kaum absehbar sind.)
Noch einmal: Der Markt der Internetprovider wird das nicht im Wettbewerb regeln, weil der Markt ein Oligopol mit hohen Markteintrittsbarrieren ist. Das ist eine denkbar schlechte Ausgangslage für den vorgelagerten Markt vor der wichtigsten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Sphäre des 21. Jahrhunderts. Erste Gerüchte, dass Vodafone nachziehen wird, kursieren bereits. Es wäre sehr überraschend und würde betriebswirtschaftlich keinen Sinn für Vodafone und die anderen Provider ergeben, wenn sie nicht nachziehen würden.
Wir brauchen eine gesetzlich festgeschriebene Netzneutralität.