18. Nov. 2010 Lesezeit: 1 Min.

Verpixeltes Street View: Das digitale Denkmal der deutschen Angst

Das Haus, in dem ich wohne und die angrenzenden Häuser auf Google Street View:

google-street-view-pixel-hysterie

Heute ist Google Street View für 20 deutsche Städte gestartet. Und nun kann jeder die verpixelten Hausfassaden sehen. Ein Ergebnis einer grotesk hysterischen Debatte, die in den deutschen Medien im Sommer geführt wurde. Viele sind entsetzt:

Aber ich habe dabei unterschätzt, wie sehr die Straßenansichten durch die Verpixelung tatsächlich entstellt werden. Die eingetrübten Vier- und Vielecke, die einem alle paar Schritte die Sicht versperren, sind wie ein Schlag vor den Kopf.

Und natürlich ist die Verpixelung komplett sinnlos:

Da’s über Sight Walk keine Debatte im großartigen deutschen Qualitätsjournalismus und unter unseren sensationell kompetenten Volksvertretern gab, sind dort die Häuser natürlich unverpixelt zu sehen. Da hat sich der Aufwand ja gelohnt.

Ganz abgesehen von den weitaus aufschlussreicheren Satellitenbildern und Luftaufnahmen auf Bing Maps, Google Maps, Google Earth und Verwandten.

Wie ich bereits schon einmal schrieb: Wir sehen hier vor uns das digitale Denkmal der deutschen Angst.

Deutlicher, bildlicher und fassbarer, wird die tief verwurzelte, von Unverständnis, Hysterie und Vorurteilen genährte Angst vor Veränderungen nicht. Sie wird künftig jeden, der Street View verwendet, direkt anspringen. Die Masse an Widersprüchen und damit an verpixelten Häuserfassaden stellt sicher, dass dem kein Street-View-Nutzer entkommen kann.

Google hält uns mit seiner freiwilligen Einwilligung, Häuserfassaden zu verpixeln, den gesellschaftlichen Spiegel vor. Kein anderes Land auf der Welt, in dem es Street View und vergleichbare Angebote gibt, hat das eingefordert.

Google Street View wird von Google übrigens nach und nach mit der kostenlosen Navigationssoftware in Android-Geräten für eine bessere Navigation verknüpft.

Update: Wie zu erwarten, war: Kay Oberbeck von Google twittert: "Viele Nutzer bitten uns, dass ihre Häuser wieder in Street View ERKENNBAR gemacht werden sollen. Geht wg. Rohdaten-Löschung leider nicht.." (via vowe) /Update

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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