Siegfried Kauder (CDU, Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages) hat sein angekündigtes 2-Strikes-Modell vorgestellt. Spiegel Online:
Seine Idee: Ein Warnmodell, bei dem Rechteinhaber sich bei den Providern über Copyright-Sünder beschweren. Erst gibt es einen Hinweis, im wiederholten Fall dann Internet-Entzug – ganz ohne Gerichtsverfahren. Verfassungsrechtliche Bedenken hat er dabei nicht, denn die Sperre soll nur für einen kurzen Zeitraum gelten. „Ich denke da an drei Wochen“, so Kauder.
Mit diesem Modell will er vermeiden, dass wie bisher das Strafrecht bemüht werden muss, um Copyright-Sünder zu bestrafen.
Die Umkehr der Beweislastpflicht beim Weglassen eines Schrittes ist nur leicht aber immerhin noch ein bisschen schlimmer.
Zu glauben, dass ein kürzerer Strafzeitraum etwas verfassungswidriges weniger verfassungswidrig macht, ist, gelinde gesagt, kreativ.
Das menschenrechtsverletzende Strikes-Modell, egal mit wie vielen Schritten, bleibt ein demokratisch ausgesprochen gewagtes Modell, weil es das aushebelt, was man gemeinhin Rechtsstaat nennt.
Bleiben drei offene Fragen:
1. In Frankreich funktioniert Three Strikes nicht, warum soll Two Strikes in Deutschland funktionieren?
3. Ich hoffe, ich darf dann als Rechteinhaber, denn das bin ich laut deutschem Urheberrecht wie auch fast jeder andere Bundesbürger, mich beim zuständigen Provider zweimal über Siegfried Kauder beschweren? Dann kann Herr Kauder mal Urlaub machen vom Internet. Sind ja nur drei Wochen.
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Siehe auch die Digitale Gesellschaft.
René Hüftlein says
Soweit ich da durchblicke gibt es da ganz schön viele kleine Problemchen.
1. VoIP – Wenn ich recht informiert bin, ist ein funktionierender Telefonanschluss nicht nur unbedingt notwendig für jedwede Art der Interaktion mit Behörden und sonstwem, sondern auch ein sozialrechtlich zumindest nicht einfach zu beschneidendes Recht. Leute die keinen klassischen Telefonanschluss haben (und aus welchen Gründen auch immer) kein Handy wären somit nicht nur ohne Internet, sondern auch ohne Telefon.
2. ISP – Die Internetserviceprovider werden sich mit Sicherheit von klagenden Kunden wiederfinden, die es für unerhört halten, dass sie eine Leistung zu bezahlen hätten, die sie drei Wochen lang nicht in Anspruch nehmen konnten. Zumal der Provider am Ende den Zugang abgestellt hat. Ganz zu Schweigen vom personellen und infrastrukturellen Aufwand, der durch diese Umsetzung entsteht. Wer soll das denn bezahlen?!
3. WLAN – Klar, es ist jedermanns Pflicht sein WLAN ordentlich zu verschlüsseln. Tatsächlich beschäftigen sich kaum mehr als 10% der Deutschen mit dem Webinterface ihres Heimrouters. Wardriving wird mit der Not der betroffenen Urheberrechtsverletzer noch stärker zunehmen und am Ende wird man Unschuldigen den Internetzugang entziehen. Herzlichen Glückwunsch!
4. Firmen – Mal darüber nachgedacht, was passiert, wenn ein Mittelständler mit annähernd 100 Mitarbeitern, allerdings vom Internet abhängig mal drei Wochen offline ginge? Die Schadenersatzklage wird wohl der Insolvenzverwalter einreichen müssen…
5. UMTS – Und dann gibt es da noch so Menschen, die sich tatsächlich erdreisten gleich mehrere Internetzugänge zu besitzen. Wenn der DSL-Anschluss mal wieder ausfällt, weil ein Bagger oder ein Kauder keine Ahnung hat, was er da tut. Dann zücken diese Menschen ihr Handy, schalten Tethering ein und warten einfach bis Internet über Kupfer wieder geht.
6. Deutsche Gründlichkeit – Und das ist schlimmste Problem: Wahrscheinlich wird man eine zentrale Internetentzugs- sowie Urheberrechtschutz- und Beschwerdestelle (ZIUB) einrichten. Und nach deutscher Manier wird die an den zentralen Knotenpunkten des deutschen Internets Zugänge haben um zeitnah und effektiv den Zugang der Urheberrechtsverletzer auf die schützenswerten Quellen im Ausland zu verhindern. Hurra – wir haben endlich die große deutsche Firewall!!
Marcel Weiss says
Ja, Problemchen gibt es da reichlich. Danke für die Auflistung.