Stefan Niggemeier über die VG-Wort-Kampagne gegen eine Modernisierung des Urheberrechts, die ich hier bereits erwähnt hatte:
Es handelt sich um eine Art Remake der organisierten Aufschreie »Mein Kopf gehört mir« und »Wir sind die Urheber« aus dem vergangenen Jahr und dokumentiert in ähnlicher Weise den Willen, komplexen Problemen durch Pauschalurteile und Platitüden zu begegnen.
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Die VG-Wort-Kampagne ist deshalb ärgerlich, und für mich ganz besonders, weil ich einer der »mehr als 400.000 Autoren« bin, deren Rechte und Ansprüche die VG Wort verwaltet und in deren Namen sie scheinbar spricht. Meine Frage, welche VG-Wort-Gremien konkret die Kampagne »beraten und beschlossen« haben, hat die Pressesprecherin bislang nicht beantworten wollen.
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Bleibt noch die Frage, wer diese vergurkte Kampagne bezahlt. Ich habe die VG Wort vor drei Wochen gefragt, wieviel die Aktion kostet, aus welchen Mitteln sie finanziert wird und ob sie die Ausschüttungen an die Wahrnehmungsberechtigten (wie mich) mindert. Frau Schindel hat die Frage nicht beantwortet; nicht einmal die Nachfrage, ob sie mir die Fragen nicht beantwortet.
Wer sich weigert, sich mit komplexen Problemen auseinanderzusetzen, kommt vielleicht auch zu dem Schluss, dass das alles doch so offensichtlich sei, da gibt es doch gar keine Diskussion, dass ohne Frage alle 400.000 Autoren der VG Wort die gleiche Position haben müssen wie die Prominenten, die für die VG Wort groben Kampagnenunsinn von sich geben. Die Pressesprecherin und die Initiatoren scheinen nicht einmal darauf vorbereitet gewesen zu sein, dass ein Autor konkret nachfragt, weil er die Kampagne nicht so gut findet, und die Informationen auch veröffentlichen will. Undenkbar, alles undenkbar.
Aufschreie, offene Briefe und Kampagnen. Kann es sein, dass die deutsche Kulturelite diskursunfähig ist?
Carlheinz Meisterburg says
Tja, Herr Niggemeier,
Sie mögen ja noch so viel schelten, aber mehr als Ihre Meinung – die in allen Ehren – habe ich von Ihnen auch nicht erfahren. Wenn Sie weniger ’schäumen‘ würden, könnte man sogar den Kaffee noch erkennen.
Dabei wäre ich doch geradezu begierig auf Café noir…
Immerhin bin ich nachweislich VG-WORT-Geschädigter. „2011 gab’s, drei Monate verspätet, ein Viertel der Ausschüttung des Vorjahres wg. einer Verteilungspanne aus 2000. Was wundert, denn i.d.R. gilt bei der VG WORT satzungsgemäß eine Anspruchsverjährung von knappen drei Jahren. Und derart markante Vorgänge sollten eigentlich die Mitgliederversammlung beschäftigen.
Aber, da warten wir mal ab.
2012 wurde die satzungsgemäße Hauptausschüttung ebenfalls kurz vor Fälligkeit ohne Befristung ausgesetzt. Begründung, nachträglich, die VG WORT habe einen Prozess vor dem LG I in München gegen einen Martin Vogel verloren, der die Verteilungspraxis insgesamt infrage stellte.
Zur Erinnerung: Besagter Prozess ist der des Patentrichters Dr. Martin Vogel gegen die Verteilungspraxis der VG WORT. Der Kläger Vogel beanstandet die Verteilungspraxis der VG WORT, in Sonderheit die, dass Urheber und deren Erstnutzer (Verlage) annähernd gleichberechtigt und nach nicht nachvollziehbaren Kriterien am Einnahmekuchen ganz und gar ohne jeden Einzelnachweis beteiligt sein sollen.
Vom Grundsatz her bin ich für das Teilungs-Prinzip; also deutlich pro VG’s. Kein Autor kann seine Arbeitsleistung ohne einen Vermittler veröffentlichen. Es wird vermutlich Dürers unter uns geben, aber eher wahrscheinlich werden die Mediatoren brauchen – bis die betenden Fischschwänze an allen Wohnzimmerwänden hängen.
Das berührt aber die Verteilungspraxis aller urheberrechtlichen Wahrnehmungsgesellschaften, also auch die ungleich öffentlichere GEMA.
Die Hauptausschüttung wurde dann Ende August/Anfang September nachgeholt. Fragen Sie mich nicht, weshalb – aber bisweilen hilft der Name einer RA-Kanzlei in der westfälischen Provinz sogar Münchner Kollegen auf die Sprünge.
Die Welt ist halt so.
2013 – dieselbe Chose. Inzwischen hat das OLG München am 2. Mai in einer ‚Anhörung der Parteien‘ zu erkennen gegeben, dass es im Wesentlichen der Vorinstanz zu folgen, also das LG-Urteil aus München I zu bestätigen gedenkt.
Das soll per Beschlussverkündigung am 25. Juli passieren.
Die Folge bei der VG WORT: Zahlungssperre. Und die wird diesmal nicht einmal dezidiert gesagt, sondern in einer dürren Mitteilung so hübsch umgangen, dass daraus ein Versprechen künftiger Transparenz liegt.
Irgendwann, heißt das, kriegt ihr euer Geld.
Und immer steht über allem: ‚Wir bitten, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen!‘
Irgendwann dürften auch die Juristen bei BITCOM das Debakel bei den VG’s mitkriegen; vermutlich haben sie das längst. Und wenn die den Hahn abdrehen, dann wird es sehr, sehr finster für die VG WORT – und alle anderen Verwerter.
Eine Verwertungsgesellschaft, die ihre Wahrnehmungsberechtigten nach Lust und Laune auszahlt, sollte schon um ihre Legalität fürchten.
Tja, Herr Niggemeier.
Ich begleite Ihre Texte da und dort schon ein Weilchen.
Und bisweilen nehme ich großzügig Ihren Zorn als Fisch,
dann fehlt mir immer noch die Butter.
Kollegialen Gruß, Ihr
W.C.Meisterburg