Warum es wichtig ist: Das Auto wird entbündelt.
VW hat Konzept-E-Scooter vorgestellt und man könnte sich fragen, warum. Die Antwort darauf weiß man selbst bei Volkswagen. Autonews.com:
[...]that it says can replace an automobile for jaunts around town.
E-Scooter und E-Bikes und was sonst noch an Formfaktoren im Micromobility-Sektor (der Analyst Horace Dediu definiert es mit Vehikel mit <500kg) kommen mag, wird das Auto entbündeln: Sprich, viele Fahrten, für die man mangels Alternativen heute noch auf das Auto angewiesen ist, werden wir morgen anders zurücklegen.
Man kann es auch anders sagen: Heute legen wir Fahrten von 20 Kilometer und weniger, also die überwältigende Mehrheit der täglichen Strecken und damit aller Strecken allgemein, mit Vehikeln zurück, die für Fahrten von Hunderten von Kilometern gebaut werden; eben weil sie auch diese zurücklegen sollen können müssen. Auf dem Arbeitsmarkt würde man sagen: "Sie sind leider überqualifiziert". Es ist, kurz gesagt, eine Blase im Transportmarkt. Denn ein Gefährt für Strecken von hunderten Kilometer mus mehr erfüllen und ist entsprechend teuer.
Vielleicht ist die beste Antwort für Automobilhersteller auf E-Scooter nicht unbedingt, selbst welche zu bauen.
Der entscheidende Punkt ist aber, dass man sich dieser Thematik bei VW bewusst ist und überlegt, wie man damit umgehen könnte.
Hier mehr Infos zur den VW-Konzepten:
The 2.7-hp Streetmate has a 1.3-kilowatt-hour lithium ion battery that can be fully recharged in 2 hours and 15 minutes and has a range of up to 21 miles and a top speed of 28 mph. The two-wheeled Streetmate can be ridden standing or sitting with an attachable seat and features regenerative braking to recover energy during operation.
Volkswagen also unveiled a three-wheeled scooter concept called the Cityskater that operates much like a powered skateboard. The V-shaped scooter uses a 0.5-hp electric motor and 200-Wh lithium ion battery pack to achieve speeds of up to 12 mph with an anticipated range of up to 9 miles on a full charge, Volkswagen says.
Am interessantesten, positiv wie negativ, ist der Streetmate von VW (siehe Bild). Die Größe ist eindeutig eine anderer Formfaktor als die kleinen, gängigen Scooter, die Ninebot und co. für die On-Demand-Anbieter herstellen. Das hat Potenzial auch wenn die Nachteile offensichtlich sind: Helmpflicht, Fahrerlaubnis, Zulassung und Versicherung wären hier wohl Pflicht. Das nimmt viel, quasi alles, aus der leichtfüßigen Verbreitungsgeschwindigkeit der Scooter heraus.
Es ist natürlich nicht überraschend, dass ein Automobilhersteller, den Drang verspürt möglichst weit nach „oben"" zu gehen, selbst mit Scootern. Der Streeetmate ist quasi "nur" eine Art Stehmoped. (Ohne Pedal etc., aber Sie verstehen schon.)
Trotzdem: Wenn VW und co. die eben gezogene Grenze als nicht überschreitbar für dieses Segment erkennen und anfangen, unterhalb dieser Grenze zu experimentieren, könnte das interessante Ergebnisse bringen.
Vor diesem Hintergrund ist ein Interview im Spiegel mit Horace Dediu interessant für alle, die das Thema noch nicht auf dem Schirm haben. Dediu über die Entbündelung der Strecken:
Für die USA habe ich die Verteilung ausgerechnet: Wenn man alle Fahrten unter 20 Kilometern zusammennimmt, entsprechen diese in der Menge und im finanziellen Wert allen Fahrten, die über diese Entfernung hinausgehen.
Angesichts der Tatsache, dass bereits heute 75 Prozent aller Europäer in Städten leben, wird die Zukunft der Mobilität in den Städten entschieden und Automobilbesitz oder sogar das Auto als Formfaktor selbst wird dabei absehbar nicht im Zentrum stehen. Die Geschwindigkeiten, mit denen die neuen Transportmöglichkeiten angenommen werden, sprechen eine eindeutige Sprache. Horace Dediu:
Den stationslosen Fahrradverleih gibt es in China erst seit drei Jahren. Heute haben diese Dienste 400 Millionen registrierte Nutzer, 70 Millionen aktive Nutzer täglich und eine Flotte von ungefähr 23 Millionen Rädern. Die elektrischen Roller, die in den USA in Mode sind, gibt es erst seit September 2017. Die zwei größten Verleiher, Bird und Lime, haben in einem Jahr schon jeweils zehn Millionen Fahrten registriert. Diese Wachstumsraten liegen im Bereich von Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Instagram - bei den Scooter-Sharing-Diensten sogar auf dem Niveau von Android oder iPhone.
In der Zwischenzeit pusht Lime in den USA, neben Bird der größte Anbieter außerhalb Chinas in dem Sektor, nach vorn und sucht im Uber-Stil konstant nach neuen Investoren für eine möglichst schnelle Expansion:
In a little over two years, investors have put more than $770 million into Lime, the company said. Almost half of that came this month in a deal with Alphabet Inc.’s GV, Andreessen Howoritz, Bain Capital Ventures and other investors. “The company just raised a considerable amount of money,” Tobiason said. “We have certainly some time to work on deploying that capital.”
Yet, Lime plans to follow the Uber playbook of persistent private fundraising, in a bid to establish itself as the dominant player for electric-scooter rentals, Tobiason said.
Zwischen Uber & Lyft und Lime & Bird gibt es einen regen Personalaustausch in den USA. Hier entsteht die Mobilitybranche der Zukunft:
Bird was started by a former Uber executive, Travis VanderZanden, but Lime has filled its ranks with talent from the ride-hailing company. Lime recently named the chief of staff to Uber Chief Executive Officer Dara Khosrowshahi as its global head of operations strategy and former corporate attorney Lindsey Haswell to oversee legal matters, human resources and communications.
Wahrscheinlich wird Lime allerdings demnächst von Uber übernommen, solang es noch halbwegs bezahlbar ist. Lime hat bereits begonnen, seine Fahrten über die Uber-Infrastruktur abzuwickeln. Vor einem Jahr hat Uber Jump Bikes übernommen.
Über die Motivation, die ganz ähnlich der Dynamik von Autohersteller zu E-Scooter ist, schrieb ich damals:
Uber hat in der Kooperation mit Jump Bikes vor der Übernahme festgestellt, dass die über den Fahrrad-Dienst zurückgelegte durchschnittliche Strecke 2,6 Meilen beträgt; was wohl einer durchschnittlichen Uber-Fahrt recht nahe kommt.
Also: Lieber selbst Bikesharing anbieten als sich den Markt von einem anderen Anbieter wegnehmen lassen.
Das Ziel für Uber und co. ist außerdem, ein Mobility-Aggregator zu werden:
Einzeln leicht übersehbar, aber nimmt man alle drei Neuigkeiten zusammen, wird das Bild deutlich: E-Bikesharing, Autovermietung und ÖPNV-Ticketing, vereint in der Ridesharing-App Uber, zeichnen gemeinsam ein deutliches Bild, wo die Reise hingeht.
Uber ist nicht das einzige Unternehmen, das der One-Stop-Shop für alle Mobility-Belange werden möchte. Unternehmen wie Citymapper aus London oder Door2Door aus Berlin (Allygator) nähern sich diesem Ziel aus anderen Richtungen.
Was macht man als europäisches Startup, wenn beispielsweise ein Lime mit Uber-Unterstützung auf den eigenen Markt drängt? Zumindest das in Berlin sitzende Tier Mobility und das aus Stockholm kommende Voi haben laut Bloomberg Ende letzten Jahres über einen möglichen Zusammenschluss gesprochen:
Europe’s scooter startups Tier Mobility and Voi Technology AB have held early-stage discussions to combine their operations, in response to the impact of larger U.S. rivals on the continent, according to people familiar with the discussions.
The talks, which started in November, recently stalled after Voi concluded that it could continue its growth independently, one person said. All of the people asked not to be identified discussing private plans.
Auch hier dreht sich das Personalkarussell schnell:
Voi has hired Lime’s Noa Khamallah to become its vice president of global strategy, while Matt Turzo left ride-hailing company Lyft Inc. to take the European chief operating officer role at Wind in November.
Voi dürfte die Gespräche beendet haben, als die jüngst Finanzierungsrunde unter Dach und Fach war. Nachdem sie vor wenigen Monaten erst 50 Millionen US-Dollar eingesammelt haben, haben die Schweden jetzt weitere 26 Millionen Euro unter anderem vom Berliner VC Project A erhalten.
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