Andreas Dittes zählt hier 6 deutsche Twitterklone auf. Und mein Bauch sagt mir, dass sich da noch einige dazugesellen werden. Klar, Twitter ist der aktuelle Webhype schlechthin. Zusätzlich ist es ein Service, der in seiner Einfachheit leicht kopierbar scheint.
Twitters scheinbare Kopierbarkeit
Scheint. Denn Twitter als Phänomen sieht nur oberflächlich leicht kopierbar aus. Es ist natürlich kein Problem, eine Seite zu bauen auf der sich die User gegenseitig 140 Zeichen lange Nachrichten schicken können und in einer Art IM/Blog-Zwitter ihren Freunden und anderen folgen können. Twitter ist aber zweifellos der zur Zeit führende Dienst in einem Bereich der vielleicht noch viel stärker als Social Networks vom Netzwerkeffekt profitiert und auch abhängt. Schließlich will man die Nachrichten über sich an möglichst viele Interessierte verbreiten und auch empfangen. Andere Dienste die Statusmeldungen so verbreiten, werden immer den größten Anbieter verwenden, weil er die größte Verbreitung garantiert (angebotene Feeds, die das Verbreiten auch außerhalb der Seite ermöglichen, schwächen diesen Aspekt hier nur minimal ab). Der Erfolg von Twitter verstärkt sich somit selbst. Bereits für den zweiten am Markt ist es wesentlich schwieriger Nutzer zu gewinnen. Vom Siebenten ganz zu schweigen.
Hinzu kommt dass ein solcher Dienst darauf angewiesen ist, von so vielen Orten wie möglich ansprechbar zu sein. Twitter kann über die eigene Seite, spezielle Twitterclients, IM-Clients, Mobiltelefon, ja sogar über die Suchmaske in Firefox mit Nachrichten gefüttert werden. Diese Funktionsvielfalt, die man leicht übersehen kann, bieten die Klone (noch) nicht. Dabei wette ich, dass die wenigsten Twitteruser die Seite noch selbst nutzen um ihre Nachrichten zu schicken.
Diese Nutzungsvielfalt hat zum Teil mit einer offenen API bei Twitter zu tun. Ohne diese gebe es keine unzähligen Twitter-Clients für Windows,Linux und Mac. Die offene API hat aber auch für Twitter zu Problemen geführt. Die diversen Rechner mit laufenden Clients fragen den Dienst nämlich ebenso meist im Sekundentakt ab wie einige Twitter–Mashups. Diese zeitliche Häufigkeit ist für einen Echtzeitdienst nachvollziehbar. Nachvollziehbar vor diesem Hintergrund ist aber auch warum Twitter immer wieder einmal sehr langsam ist. Wenn ein solcher Dienst groß wird, nimmt der Anspruch an der technischen Infrastruktur in starkem Maße zu. Mit der hierfür benötigten Skalierbarkeit kämpft Twitter noch heute. Die Seite in diesem Umfang skalierbar zu machen, scheint alles andere als trivial zu sein.
Jaiku
Den einzigen ernstzunehmenden Konkurrenten für Twitter sehe ich zur Zeit im finnischen Jaiku. Da es älter ist als Twitter, kann man es auch nicht als Twitterklon be schimpfenzeichnen. Jaiku bietet wesentlich mehr Features für das Posten als Twitter, was Vor- als auch Nachteil ist. Zum Beispiel mag es Einigen besser gefallen, dass man Jaiku-Posts kommentieren kann. Mir persönlich reicht aber das unkommentierbare Posten auf Twitter, das es Einem freistellt ob man auf @eigenername von Anderen reagiert oder nicht. Es ist weniger intrusiv und entspricht eher der Prioritätenposition solcher Dienste (Reallife > Blog > Twitter&co). Neben diesem eher kleinen Detail hat Jaiku aber ein massives anderes Problem: Mit der Möglichkeit, Feeds von außerhalb dem eigenen Jaikustream hinzuzufügen, steigt das Rauschen massiv an. Ich will von Leuten nicht mit deren del.icio.us-Links bombardiert werden. Die abonnier ich selbst wenn ich das will. Auch will ich die Blogpostings nicht in Ausschnitten dort sehen. Das ist nämlich redundant, wenn ich die Blogs selbst schon lese. Und meist liest man die Blogs von Leuten, denen man auf Diensten wie Jaiku oder Twitter folgt sowieso. Das verstärkte Rauschen bei Jaiku ist ein großes Problem.
Was wiederum zu einer weiteren Einsicht führt: Die Einfachheit hinter Twitter ist ein wichtiger Grund für dessen Erfolg.
Fazit
Twitter erscheint nur oberflächlich leicht nachahmbar. Neben der Tatsache, dass man Nutzer aufgrund des hier sehr starken Netzwerkeffektes von Twitter nur schwer dazu bewegen kann zu wechseln, kommen noch andere Faktoren hinzu: Ein Echtzeitdienst wie Twitter fordert exponentiell mehr Performance von der zugrundeliegenden Serverinfrastruktur mit wachsenden Nutzerzahlen, wenn sie denn kommen. Erst hier beginnt die wahre Arbeit. Eine offene API erscheint Pflicht. Zusätzlich ist das Anbieten von Features ein Drahtseilakt. Im Falle von Jaiku kann es durchaus sein, dass es paradoxerweise mit Twitter nicht gleich ziehen wird weil es zuviele Features anbietet.
Die deutschen Klone haben in meinen Augen eine zum Teil sehr begrenzte Lebenserwartung. Wer sich durchsetzen will, muss sich absetzen vom größten Konkurrenten, die Sprache des Dienstes allein reicht da nicht. Ein schmerzlich vermisstes Feature auf Twitter sind Gruppenfunktionen zB. Um so etwas zu sehen und zu implementieren, muss man sich aber intensiv mit der Materie auseinandersetzen. Das sehe ich aktuell bei den Klonen nicht.
Dumpfes Kopieren, wie man es hier beobachten kann, wird in der Zukunft bei Webservices eher noch zunehmen da die dafür benötigten Mittel finanziell immer weniger ins Gewicht fallen. Die Twitterklone sind davon nur ein erster Vorgeschmack.
Ein Trost: Niemand zwingt Einen, sie zu benutzen.
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