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Sanders, Trump, Habeck, Thüringen: Die neue Politik der Netzwerke

12. Februar 2020 by Marcel Weiß 2 Comments

Die Primaries, die Vorwahlen, in denen die Parteien entscheiden, welchen Kandidaten sie ins Rennen um die US-Präsidentschaft im November diesen Jahres schicken wollen, laufen noch; erst zwei Bundesländer haben -wir setzen das mal angesichts der absurden Prozesse in Anführungszeichen- "entschieden", aber man muss blind sein, um nicht zu sehen, was hier passiert.

Bernie Sanders wird der US-Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei sein.

Sanders ist die andere Seite der Medaille. Er ist Teil des gleichen politischen Trends wie Trump. Sie kommen beide von außerhalb des politischen Establishments, werden bzw. wurden von diesem aktiv bekämpft, und setzten sich nicht trotzdem sondern deswegen durch: Sie sind die Alternativen, die aus anderen Öffentlichkeiten kommen; sie kommen "nur" jeweils aus diametral anderen politischen Ecken.1

Das entscheidende hier ist der epochale Kampf der Netzwerke, der vernetzten Öffentlichkeit, gegen die klassischen, hierarchisch strukturierten, etablierten Kräfte, die im 20. Jahrhundert groß geworden sind: Die Institutionen, "das Establishment" (hier etwa die Partei-Eliten, die bei den Republikanern Trump nicht verhindern konnten, und auf der Seite der Demokraten jetzt verzweifelt versuchen, Sanders zu verhindern), und die industrielle Informationsökonomie, die klassischen Massenmedien, die noch immer nicht verstehen, dass das zwanzigste Jahrhundert und seine Spielregeln Geschichte sind.

In den USA erfassen die Journalisten bei den Massenmedien noch immer nicht das Ausmaß der Korruption der Trump-Regierung, und die Politexperten dieser Massenmedien waren bis vor kurzem fest von der "Electability", der "Wählbarkeit" dank Schmerzfreiheit, von Joe Biden überzeugt. Biden hat es bei beiden bis jetzt stattgefundenen Vorwahlen nicht einmal unter die ersten Drei geschafft. Gleichzeitig wird Sanders, der offensichtliche Frontrunner, medial ignoriert -und unterschätzt, wie einst Trump vor vier Jahren-. Sanders, der viele Umfragen anführte, bei zwei von zwei Vorwahlen jetzt die meisten Stimmen bekam und die mit Abstand größte "Grass Roots"-Bewegung der jüngeren US-Politgeschichte auf die Beine gestellt hat.

Was sind "Experten" wert, die so offensichtlich so weit daneben liegen?

Wer Biden Chancen einräumt, schaut, vier Jahre nach Trump, noch immer mit der rußverschmierten Brille des 20. Jahrhunderts auf die heutige Welt.


Wir sehen in Deutschland eine ähnliche Entwicklung.

Es gab einmal, vor vielen Jahrzehnten, eine Zeit, in der die damaligen deutschen Volksparteien, SPD, CDU und CSU, gemeinsam 90 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinten. Diese Zeit ist lang vorbei. Sie neigte sich bereits vor der Verbreitung des Internets ihrem Ende entgegen. Aber das Internet hat diesen Trend endgültig zementiert, mit seinen inhärenten Öffentlichkeitsdynamiken, der Vernetzung, die von Plattformen als deren zugrundeliegende Basis immer weiter beschleunigt wird.

Einen der bemerkenswertesten Trends in der Politik ist in meinen Augen das Auseinanderdriften zwischen den Regionen, die Zersplitterung der nationalen Politik.

Warum sinkt die Bedeutung der Volksparteien?

Weil sie für das Zeitalter der Massenmedien gebaut sind. Der kleinste, langweilige, gemeinsame Nenner. Unterscheidbarkeit als Schwäche. Größtmögliche (bundesweite) Hierarchien für den begrenzten Platz in den täglichen Zeilen der Politikressorts und der halben Minuten in der Tagesschau. Kein Platz für mehr.

Heute gibt es neben den Massenmedien starke vernetzte Öffentlichkeiten. Die durch ein Mehr an Kommunikation auch ein Mehr an Optionen nachhaltig machen. Das gilt nicht nur für Marken auf Marktplätzen, die nicht mehr dem begrenzten Supermarktregal und damit der Übermacht von P&G und co. ausgeliefert sind, sondern eben auch für Parteien2. In wie vielen ländlichen Gemeinderäten überwiegen noch Parteimitglieder der verschiedenen bundesweit vertretenen Parteien, in wie vielen dominiert ein Potpourri von nur regional bekannten Vereinigungen?

Was wenn Landesverbände gänzlich andere Vorstellungen von Landespolitik haben als der Bundesvorstand wie man jüngst in Thüringen beobachten konnte, unter anderem weil die Facebook-Öffentlichkeit zu anderen Dynamiken im politischen Alltag aber auch in der persönlichen Meinungsfindung führt?

Während in Umfragen zur Sonntagsfrage die Grünen seit längerem regelmäßig bundesweit stärkste Partei sind und stark bei der letzten Europawahl abschnitten, spielen sie nicht nur auf Gemeindeebene sondern auch auf Landesebene oft eine so kleine Rolle, dass sie oft nicht einmal Oppositionsführer sind. Ein grüner Kanzler Habeck ist aktuell sehr wahrscheinlich. Aber seine Position wäre nicht nur besonders weil es der erste grüne deutsche Kanzler wäre, sondern auch was die (schwache) Machtbeteiligung der Grünen im Rest der Republik angeht. Besonders dank des deutschen föderalen Systems wäre er der schwächste Kanzler der Nachkriegsgeschichte. Denkbar aber auch, dass das für jeden künftigen Kanzler, jede künftige Kanzlerin gelten wird, weil es schlicht eine Folge der Zersplitterung der Politik ist, welche eine Machtkonsolidierung zwischen Bundestag und Bundesrat endgültig unmöglich machen wird. Über die Machtkonstellationen hinaus: Was sagen solche politischen Szenarien über den Zusammenhalt der Nation als Ganzes aus? Wie reagiert eine Region auf die Politik eines Kanzlers, dessen Partei bei ihr de facto nicht stattfindet? Grün geführte Bundesregierung hätte einen klaren Auftrag für konkrete politische Veränderungen von den Wählern, die eben kein lösungsfreies Weiterso in der Klimafrage wollen. Der kleinste gemeinsame Nenner scheint weg zu sein, und mit dem Verschwinden scheint neues Konfliktpotenzial auf dem Vormarsch. (Was, nebenbei, bei der Klimafrage besonders absurd ist, aber das ist eine andere Geschichte.)

In den USA ist die politische Diskrepanz zwischen Städten und Land längst Thema seit Trumps Sieg.3 In Deutschland wird noch nicht über die strukturelle Ebene öffentlich diskutiert. Ja, hier Nazis in Sachsen, dort ein Skandal im Thüringer Landtag und ach Brandenburg usw. Das ist aber alles nicht punktuell. Die regionalen Differenzen wachsen rasant.

Es hat sich strukturell längst etwas massiv verschoben. Wir sehen jetzt nur die ersten Symptome.

Wenn die Führungsriegen bundesweiter Volksparteien mit ihren Landesverbänden nicht mehr ansatzweise politisch auf einen Nenner kommen, wofür steht dann das Konstrukt ‚Partei‘ noch? Sprich, welche Organisierungsmacht kann eine Parteiführung dann noch in die Parlamente tragen?

Wohin wir uns im 21. Jahrhundert politisch entwickeln werden, nicht nur was die politische Richtung angeht (rechts, links) sondern auch, was die Strukturen angeht (Parteibücher??), ist heute völlig unklar.

Klar ist nur, dass wir uns im 21. Jahrhundert befinden und dass die alten Spielregeln des 20. Jahrhunderts längst eine rasant abnehmende Bedeutung haben.

Wir sind alle gut darin beraten, dass zu verinnerlichen.

"Das kann hier nicht passieren."

Anything goes now.


Mehr zum Thema:

  • Die Zukunft der Politik

  1. Sie unterscheiden sich natürlich nicht nur in den politischen Inhalten: Sanders ist Senator, der seit Jahrzehnten in der US-Politik ist. Trump ist (auch heute noch) Politlaie, der seine Reality-TV-Popularität in politisches Kapital übersetzt hat. Trump hätte auch ohne das Internet mit Fox, Limbaugh und co. eine Chance gehabt. Er ist der ultimative Scharnier-Kandidat zwischen den Medienwelten gewesen. (Fox+Facebook/Twitter) Sanders dagegen hätte ohne das Internet keine Chance, weil es keine reichweitenstarke radikalisierte linke Medienwelt gibt, so wie die konservative, rechte Medienwelt sich in den USA gebildet hat. (Einer der Gründe dafür ist, dass alle linken Journalisten versuchen, objektiv bei den klassischen Medien zu arbeiten, aber das ist eine andere Geschichte.) ↩
  2. auf dem Marktplatz der Ideen. (scnr) ↩
  3. Ohne Electoral College wäre Clinton Präsidentin geworden und die Diskrepanz zwischen Stadt und Land von den Medien weiterhin ignoriert worden. Es ist nachvollziehbar, dass viele auch in der breiteren Öffentlichkeit das Thema schlicht ignorieren, auch in Deutschland: Bei einer ernsthaften Debatte würde mehr oder weniger immer die Frage im Hintergrund mitschwingen, die sich noch niemand stellen will: Ist das soziale Konstrukt „Nation“ noch haltbar? (Das ist keine Sugestivfrage. Ich habe darauf keine Antwort.) ↩

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Filed Under: Kolumne

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Marcel Weiß, Jahrgang 1979, ist Gründer und Betreiber von neunetz.com. Kontaktaufnahme für potenzielle Zusammenarbeit bitte gern an marcel@neunetz.com.
Er ist Diplom-Kaufmann, lebt in Berlin und ist seit 2007 als Analyst der Internetwirtschaft aktiv. Er arbeitet als freier Strategy Analyst und ist Co-Host des Exchanges-Podcasts und weiterer Podcasts zur digitalen Wirtschaft. Er schreibt als freier Autor unter anderem für "Tagesspiegel Background: Digitalisierung & KI", und hält Vorträge zu den Treibern der digitalen Wirtschaft. Marcel Weiß berät Unternehmen auf der strategischen Ebene. Mehr zum Autor.
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