Jetzt werden sie Mainstream: Mit dem Einstieg von Facebook in das Geschäft ortsbasierter Dienste geht der Boom jetzt richtig los. Aber Facebook ist nicht der einzige Plattformprovider auf dem Markt ortsbasierter Dienste. APIs und Plattformen ermöglichen bereits unzählige Mashups und innovative Ansätze.
Ein Überblick über das aktuelle Angebot und die Aussichten.
Inhalt:
Facebook Places
Facebook Places ist letzte Nacht in den USA gestartet und wird stückweise weiter ausgerollt. Wahrscheinlich wird Facebook Places in den nächsten zwei Tagen auch in Deutschland ankommen ("a roll out over the next day or two").
Die wichtigsten Merkmale
- Auch Facebook Places ist check-in-orientiert.
- Check-Ins auf Facebook Places sind per default nur für Freunde sichtbar. (Abgesehen von den Check-In-Anzeigen auf den Profilseiten der Orte, die für jeden sichtbar sind.)
- In der Nähe befindliche Facebook-Nutzer werden anderen Facebook-Nutzern beim Check-In im "People Here Now"-Bereich angezeigt. Diese Anzeige ist zeitlich beschränkt. Außerdem kann man sich aus der Auflistung austragen.
- Man kann eigene Freunde in Orten einchecken. Das nennt Facebook "taggen". Eine interessante Funktion, die die Check-In-Häufigkeit erhöhen dürfte, aber auch für einige Irritationen sorgen wird. (Lässt sich ebenfalls deaktivieren.)
- Orte besitzen eigene Profilseiten. Facebook hat bereits einen How-To-Guide zum Einrichten veröffentlicht.
- Die neue Funktion steht über die iPhone-App und die Touch-Seite von Facebook zur Verfügung.
- Facebook setzt bei den Karten auf Bing statt auf Google Maps, das in der Regel von vergleichbaren Diensten genutzt wird.
- Die Check-Ins werden im Newsfeed der Nutzer mit einem Kartenausschnitt von Bing angezeigt. Die Nutzer können sich dort auch gleich eine Wegbeschreibung über Bing anzeigen lassen.
- User können auf Facebook nicht vorhandene Orte anlegen. In den USA arbeitet Facebook außerdem mit Localeze für das Verzeichnis von Places-Seiten zusammen.
Facebooks Place-Seiten werden für Geschäfte enorm wichtig werden. Wie TechCrunch ausführt, werden diese Seiten eine enorme Masse an Daten beinhalten:
Many businesses have already been flocking to Facebook as both and advertising and marketing platform, and now they can have their address, map, phone number, PLUS all the public social activity that is going on at a location. A merged Places page will include a considerable amount of information, including the number of check-ins, who checked-in to a place, number of Likes, the Places’ Wall, and more.
Screenshot einer Places-Seite auf Facebook:
Facebooks Plattform-Ansatz und die Facebook-Places-API
Facebook setzt wie zu erwarten war auch bei seinem ortsbasierten Angebot auf den Plattformansatz.
Die API zu Facebook Places wird vorerst nur lesbar sein. Das heißt, es wird zunächst über die API nur möglich sein, Check-Ins bestimmter Nutzer und für bestimmte Orte auszulesen und die Check-Ins von Freunden eines Nutzers zu erfassen. (Die API wird künftig dreigeteilt sein und read, write und search umfassen.)
Lediglich die Launch-Partner Yelp, Booyah, Foursquare und Gowalla haben vollen Zugriff auf die les- und beschreibbare API. Abgesehen anscheinend von Foursquare, was für einen "Launch-Partner" zumindest eigenartig ist.
Wie dem auch sei, das Ziel von Facebook ist klar: Mit der bald verfügbaren beschreibbaren API will Facebook zu der Plattform für Check-Ins und damit langfristig auch für lokale Informationen werden. Und die Chancen dafür stehen gut.
Interessant für Entwickler in diesem Zusammenhang ist auch, dass Facebook jüngst zu seinem iPhone-SDK die Social Graph API und OAuth 2.0 hinzugefügt hat:
Last week, Facebook brought its technology to iOS by introducing a new version of the Facebook SDK for iPhone, iPod Touch and iPad enhanced with the Graph API and OAuth 2.0 protocol. Together with the already available Facebook SDK for Android, you can now utilize both APIs and build social apps across two major mobile platforms.
Google Places API
Google setzt mit seinem ortsbasierten Dienst Latitude auf das Loggen des Standorts statt auf die Ein-Klick-Geste Check-In. Nichtsdestotrotz hat Google mit seiner Places API eine API für Check-Ins eingeführt; wohl nicht zuletzt als Präventivschlag gegen Facebook Places.
ReadWriteWeb hat zum Launch spekuliert, dass Googles Places API für Check-Ins sein könnte, was Google Maps für Online-Karten war. Google Maps hat Online-Karten nicht nur zu etwas allgemein Verfügbarem gemacht, sondern außerdem unzählige Mashups ermöglicht. (bis dato basieren die meisten Mashups auf Google Maps)
Developers building apps that include a "check in at this place" feature can use the Places API to search across all the places users might check in for basic information like business name, address, phone number and other descriptive information. That information will be editable by the businesses listed and no caching of data is allowed, so apps will have to ping Places regularly for real-time data.
Die Aussage von ReadWriteWeb über Googles Places API dürfte meines Erachtens aktuell eher auf Facebook Places zutreffen: Facebook Places wird für Check-Ins sein, was Google Maps für Karten war.
Aktuell hat Google gegen Facebooks Gesamtangebot keine Chance. Deshalb fällt auch Googles Places API gegen Facebook Places ab. Aber wer weiß, wenn Googles Places API clever in Googles kommenden Facebook-Konkurrenten integriert wird, könnte sich das auch wieder ändern.
APIs von Foursquare, Gowalla und co.
Foursquare hat bereits seit längerem eine beschreibbare API und erhält seit längerem auch bereits über 20 Millionen Zugriffe pro Tag auf die API. Seit Anfang August ist auch die API von Gowalla beschreibbar.
Foursquares API hat bereits einige interessante Mashups hervorgebracht und ist ein wichtiger Teil der Strategie von Foursquare .
Neben weiteren APIs mit ortsbasierten Informationen ist ein Dienst noch gesondert zu erwähnen: SimpleGeo, eine Plattform für geographische Daten :
SimpleGeo launched its highly anticipated geographic data platform (our SimpleGeo API profile) and announced a data marketplace. The platform allows developers to store up to 1 million points of their own data for free. Once the data is on SimpleGeo, you can do lookups, such as finding the closest points.
Ein weitere Übersicht über APIs für ortsbasierte Daten hat O'Reilly Radar im April veröffentlicht.
Fazit
Künftig kommt man im ortsbasierten Segment nicht mehr an Facebook mit seinen über 500 Millionen aktiven Nutzern vorbei. Spätestens wenn die API beschreibbar wird, werden bald viele auf die neue Funktion aufsetzende Apps das Licht der Welt erblicken.
Facebook wird mit dem Sog, den seine 500 Millionen Nutzer erzeugen, aller Wahrscheinlichkeit nach das erreichen, was viele, inklusive Google, versuchen aber noch nicht geschafft haben: Ein umfangreiches Verzeichnis lokaler Geschäfte.
Während ich mir vorstellen kann, dass das innovative Foursquare, das unter anderem den Check-In erfunden hat, einen Mehrwert über Facebook hinaus finden wird, wird es für andere Check-In-Dienste schwer. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Dienste wie Gowalla ihre Nische künftig als Client für Facebook Places finden werden. Da Facebook bis dato eine konsequentere Plattform-Strategie als Twitter verfolgt, ist das nicht die schlechteste Aussicht für diese Dienste. Zusätzlich werden ortsbasierte Dienste künftig mehr Richtung Mashup denn selbstständiges Angebot gehen. So wie heute kein Dienst seine eigenen Karten bereitstellt, muss künftig kein Dienst mehr seine eigene Check-In-Infrastruktur bereithalten.
Naturgemäß werden Clients mit integriertem Multihoming für Facebook Places und andere Check-In-Dienste mit beschreibbarer API das Licht der Welt erblicken, sobald Facebooks Places-API beschreibbar wird. Apps wie Future Checkin, das automatisch in Lieblingsorte auf Foursquare eincheckt, drängen sich dafür förmlich auf.
Zusätzlich werden viele Dienste wie die Launch-Partner von haus aus eine Integration in Facebook Places anbieten(dank 500 Millionen Nutzer). Ähnlich wie man es bereits von Twitter und den Status-Updates auf Social Networks von Facebook, über VZ-Netzwerke bis LinkedIn kennt, wird Facebook Places überall integriert werden.
Twitter bietet sich gut als Vergleich an: Facebook Places wird aller Voraussicht nach das Twitter für Check-Ins werden. Überall integriert, wo es sinnvoll um Check-Ins geht.
Alle APIs, die zusätzlich neben Facebook Places noch existieren, decken den Infrastruktur-Markt für ortsbasierte Dienste gut ab. Das ist für neue Anbieter nicht schlecht, im Gegenteil: Jetzt ist ein hervorragender Zeitpunkt, um als Startup die vorhandenen Plattformen zu nutzen und mit geringstem Mittelaufwand zu experimentieren und spannende neue Ansätze (Beispiel: Info über Geschlechterverteilung in der Lieblingsbar via Foursquare) zu finden, was man auf die bestehenden Angebote aufbauen kann.
Das ortsbasierte Web wird nicht lang Brachland bleiben. Das FarmVille der Check-Ins dürfte nicht mehr weit weg sein.