26. Feb. 2013 Lesezeit: 1 Min.

Handelsblatt diskreditiert Professor, der ein kritisches Gutachten zum Leistungsschutzrecht verfasst hat

Stefan Niggemeier:

Auch aktuell äußert sich der BDI extrem distanziert zu dem Vorhaben und verweist auf ein Gutachten, das er beim Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie in Auftrag gegeben hat. Die Wissenschaftler Ralf Dewenter und Justus Haucap kommen darin zu einem vernichtenden Urteil. Das Leistungsschutzrecht sei »ökonomisch weder erforderlich, um die Produktion von hochqualitativen Inhalten anzureizen, noch ist es geeignet, den Qualitätsjournalismus zu befördern«[..]

Man sollte annehmen, dass das eine berichtenswerte Wortmeldung ist: Haucap ist prominentes Mitglied der Monopolkommission, die die Bundesregierung in Fragen der Wettbewerbspolitik berät; bis Mitte 2012 war er sogar ihr Vorsitzender. Doch nicht nur bei Springer, auch in der sonstigen Verlegerpresse fand das Gutachten keinerlei Erwähnung.


Jetzt kommt das Handelsblatt und schreibt über einen "Professor auf Abwegen", unterstellt eine (nicht vorhandene) Verbindung zu Google, weil Google ein Zitat aus dem Gutachten bei der eigenen Kampagne verwendet hat:

Dennoch herrschte gestern in Berlin Verwirrung. Kritiker Haucaps monierten, so verliere die Monopolkommission als beratendes Gremium der Bundesregierung ihre Überparteilichkeit.

Niggemeier:

Das passiert also, wenn ein von dem Blatt sonst geschätzter Fachmann zu einem Urteil kommt, das der Verlagslinie widerspricht: Man ignoriert ihn erst und diskreditiert ihn dann, er sei auf »Abwege« geraten und habe sich »vergaloppiert«.

Welch bittere Ironie: Das »Handelsblatt« wirft Haucap vor, Google erlaubt zu haben, sein Zitat aus dem BDI-Gutachten zu verwenden, dabei waren die Zeitungsanzeigen offenkundig die einzige Chance, dass diese von den Verlagen unerwünschte Position überhaupt in den Zeitungen erscheint.


Nicht nur Haucap auch beim BDI dürfte man diese Art der Berichterstattung als das wahrnehmen was sie ist.

Beim Handelsblatt, das seit längerem seine Boulevardaffinität zeigt, scheint man zu glauben, diese Art von Journalismus habe keine Auswirkungen auf den Ruf der Publikation. Früher mag das, weil nur punktuell darüber gesprochen werden konnte, gestimmt haben.

Man darf hoffen, dass es heute nicht mehr stimmt. Wir haben bessere Wirtschaftspublikationen verdient.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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