Als ich neulich Clay Shirkys neues Buch Cognitive Surplus (Affiliate-Link) las – Review des Buches folgt -, ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Es existiert ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen der öffentlichen Debatte zur Digitalisierung, der Existenz von Filesharing, dem Potential von Micropayment-Systemen wie Flattr und Kachingle und dem vorhersehbaren Misserfolg der meisten Versuche, Bezahlschranken zu errichten.
Seit einigen Jahren schreibe ich über die Verschiebungen der Kostenstrukturen, wenn die Wertschöpfung von analog zu digital wechselt. Die Tatsache, dass Vervielfältigung und Distribution von autonomen digitalen Gütern (i.d.R. Dateien) zu einem (Grenz-)Kostenpunkt von Null möglich sind, hat weitreichende Auswirkungen, derer sich eine Mehrheit der Gesellschaft – die digitale Gesellschaft eingeschlossen – noch gar nicht bewusst ist. Warum fällt es vielen so schwer, sich mit diesen Veränderungen anzufreunden?
Shirky beschreibt in Cognitive Surplus wie die Kosten, die für die industrielle Verbreitung von Informationen notwendig waren, unsere Vorstellung von Wert und Wertschöpfung und damit auch von Preisen und Bepreisung beeinflusst haben.
So schreibt Shirky auf Seite 49:
Scarcity is easier to deal with than abundance, because when something becomes rare, we simply think it more valuable than it was before, a conceptually easy change.
Wenn etwas also rarer wird, vermuten wir dahinter eine Steigerung des Wertes. Eine natürliche Reaktion. Sie spiegelt die analoge Welt wider, die Welt in der wir aufgewachsen sind.
Aktuell passiert aber folgendes: Viele Produkte oder handelbare Güter gehen in ihrer Verfügbarkeit von Knappheit zu Überfluss über. Logisch: Informationen, die früher über physische Güter transportiert wurden, liegen jetzt in ihrer reinen Form vor: Filme, Musik und Texte wurden früher mittels DVDs, VHS, CDs, Vinyl, Papier oder Steintafel verbreitet. Heute liegen sie alle mehr oder weniger in Dateiform vor. Dateien, die mit Grenzkosten von Null vervielfältigt und über das Netz verbreitet werden können.
Der ‚Wert‘ der Filme, der Musik und der Texte hat sich nicht geändert. Wohl aber die zugrundeliegenden Kosten und damit auch, was man mit ihnen machen kann; was wirtschaftlich sinnvoll ist.
Shirky merkt zurecht an, dass Überfluss Experimente erlaubt; man kann jetzt vorher wertvolle weil teure Dinge so behandeln, als seien sie billig genug, um sie zu verschwenden. (ebenfalls S. 49)
Vielen Leuten fällt es aber schwer, sich damit anzufreunden. (Nicht zuletzt auch, weil viele falscherweise Preis und Wert gleichsetzen .) Sie nehmen die alten Rahmenbedingungen und wenden darauf basierende Erkenntnisse auf die neuen an, als hätte sich nichts geändert. Shirky:
Because abundance can remove the trade-offs we’re used to, it can be disorienting to the people who’ve grown up with scarcity. When a resource is scarce, the people who manage it often regard it as valuable in itself, without stopping to consider how much of the value is tied to scarcity.
Wenn ich meine Musik oder meinen Film oder meine Publikation unter das Volk bringen wollte, musste ich hohe Investitionskosten aufbringen, um Kopien erstellen zu lassen und diese dann über den entsprechenden Vertrieb an die Geschäfte liefern zu lassen.
So eine Kostenstruktur mit ihrem hohen Risiko aufgrund der notwendigen Vorleistungen verlangt nach Profis. Deshalb gab es früher in diesen Bereichen kaum Amateure. Deshalb wurde früher vor der Veröffentlichung gefiltert und ausgesiebt und nicht danach.
Alles wollte gemanagt und bezahlt sein. Heute ist das nicht mehr nötig. Ob über Filesharing, Linksharung und/oder über Plattformen wie Youtube und co.: Die Trennung von Produktion und Distribution zieht sich wie ein roter Faden durch die Digitalisierung. Ich als Produzent kann in der Regel keine so effiziente Distribution sicherstellen, wie es andere, oft meine eigenen Leser, Nutzer, Fans, für mich erledigen können.
Die Implikationen sind relativ offensichtlich, werden aber trotzdem noch weitgehend ignoriert. Warum?
Weil wir, nach Shirky, mit historischen Unfällen aufgewachsen sind und diese oft ohne zu hinterfragen als gegeben hinnehmen.
Eine auf so einen Unfall basierende Annahme ist, dass das Publizieren an sich eine wertvolle, ernsthafte Tätigkeit ist. Ist es aber nicht. Wer vor dem Internet Inhalte veröffentlichen wollte – also vervielfältigen und verbreiten -, sah sich enormen Kosten gegenüber. Diese Kosten haben das Publizieren teuer gemacht, folglich musste man sich vorher genau überlegen, was überhaupt publizierenswert ist. Das Internet hat diesen Unfall, die nahezu untrennbare Verknüpfung von Publizieren und kostenintensivem Verbreiten, aufgehoben: Jeder kann ein Blog oder einen Account bei Twitter und co. anlegen und seine Inhalte mit einem Klick auf Publish veröffentlichen und verbreiten. Die Kostensenkung hat dazu geführt, dass das Filtern von vor dem Publizieren auf nach dem Publizieren verschoben werden konnte: Deshalb sind Online-Medien Filter und keine Gatekeeper . Und letztlich ist das auch schon immer sinnvoll gewesen, es war nur früher ökonomisch nicht tragfähig.
Der Akt des Publizierens an sich: nur aus Versehen teuer und damit als wertvoll betrachtet (‚valuable‘).
Warum also für diese Tätigkeit bezahlt werden? Oder: warum für diese Tätigkeit bezahlen?
Flattr, Kachingle und co. sind die ersten genuinen Bezahlsysteme für diese Verschiebung in der Wertschöpfung:
- Sie senken die mentalen Transaktionskosten um der Kleinteiligkeit und hohen Verteilungsrate der Entstehungsorte zu entsprechen.
- Sie nehmen die Bezahlung nach dem Konsum vor, nicht davor.
Die Implikation: Man bezahlt nicht für das Publizieren sondern für das künftige Produzieren. Letztlich sind ‚Spenden‘ auch genau das: Selbst wenn sie als Dankeschön gedacht sind, so sorgen sie bewusst oder unbewusst dafür, dass der Produzent weiter seiner Tätigkeit nachgehen kann – in welcher Form und welchem Umfang auch immer -. Allerdings wäre es für die Debatte rund um Systeme wie Flattr sicher sinnvoll, von der Bezeichnung als Spenden abzusehen, weil dieser Begriff hier etwas irreführend ist. (Auch wiederrum, weil viele Menschen freiwillige Zahlungen als Spenden noch im Kontext industrieller Wertschöpfung sehen und somit missverstehen können.)
Bezahlung lag schon immer in der Regel hinter der Produktion des Gutes, jetzt liegt sie zunehmend auch zeitlich hinter dem Konsum. Oder anders ausgedrückt: Schlicht vor der künftigen Produktion. (Die Produktion von Inhalten ist ein knappes Gut, das Publizieren und Verbreiten von Inhalten nicht. Bei der Konzeption von Geschäftsmodellen im Internet muss man immer die Unterscheidung zwischen knappen und nichtknappen Gütern einbeziehen.)
Bezahlschranken für Newsangebote dagegen etwa setzen vor dem Konsum an. Sie funktionieren nach der Logik der industriellen Rahmenbedingungen: Es kostet mich etwas, das bereit zu stellen, ich gehe ein Risiko ein, also Bezahlung vor Lieferung oder mindestens vor Konsum.
Bei der Auslieferung von Printpresse-Erzeugnissen war das gar nicht anders möglich: Die Finanzierung findet zwar seit Jahrzehnten mehrheitlich über Werbung statt, aber der Restposten von Kosten und Profit, der von den Konsumenten kommt – der Preis pro Kopie -, musste vor dem Konsum abgegolten werden. Die Distribution von Tageszeitungen etwa verschlingt schließlich eine Menge Geld und die Vervielfältigung will geplant und mit Vorschuss umgesetzt sein.
Online ist das aber nicht der Fall. Nicht nur sind die Distributionskosten und Vervielfältigungskosten der Newsseiten für die einzelnen Seitenaufrufe im Vergleich zu den anderen Kostenposten vernachlässigbar. Zusätzlich trennen Bezahlschranken auch noch mit ihrer Platzierung vor dem Konsum das Produkt von seinem wichtigsten Distributionskanal: Der Verbreitung durch die eigenen Leser.
Das Bezahlen bevor man wusste ob das Produkt überhaupt die erwartete Qualität hatte, war früher für Informationsgüter notwendig, weil sie an physische Güter mit ihren entsprechenden Kosten gekoppelt waren. Andere Geschäftsmodelle waren für die Anbieter oft nicht ökonomisch sinnvoll. Das ist heute nicht mehr so. Die Kopplung ist nicht mehr notwendig. Ohne die Kopplung sehen die zugrunde liegenden Kosten auf einmal komplett anders aus. Sie erlauben andere Herangehensweisen und nehmen den Konsumenten, Nutzern, Lesern, Hörern, Fans in der Regel das Risiko des (relativ) blinden Kaufs eines Magazins oder eines Albums ab. Wenn ich einen Artikel flattr, dann habe ich ihn bereits gelesen und für gut befunden.
Wenn ich einen Artikel bei faz.net und co. aus dem digitalen Archiv kaufe, weiß ich vorher nicht, ob der Artikel überhaupt die Informationen enthält, die ich erwarte. Das kann ich erst mit letzter Gewissheit wissen, wenn ich ihn gelesen also konsumiert habe. Dieses Risiko ist neben anderen Gründen ein wichtiges Hemmnis für Paid Content, das online mit frei zugänglichen und damit risikolosen Inhalten konkurriert. Dass die deutschen Presseverlage also ihre Inhalte mehrheitlich hinter Bezahlschranken verstecken, ist keine kluge Entscheidung.
Historische Unfälle haben unser normales Verhalten zurückgehalten. Ein Beispiel von Shirky für einen historischen Unfall (S. 101): Früher haben wir uns Telefonnummern eingeprägt, weil sie notwendig waren, um uns nahestehende Personen immer anrufen zu können. Aber wir haben das nicht gemacht, weil wir wollten sondern weil wir mussten. In dem Moment, in dem Telefonnummern in Mobiltelefonen abspeicherbar wurden, verschwand die Notwendigkeit, sich Telefonnummern einzuprägen. Das Einprägen der Nummern war eine unbequeme Notwendigkeit, kein natürliches Verhalten.
Wenn diese historischen Unfälle aufgehoben werden, wird das von ihnen zurückgehaltene Verhalten sichtbar, weil möglich (S. 101):
We did those things for decades or even centuries, but they were only as stable as the accidents that caused them. And when the accidents went away, so did the behaviors.
[..]
Those bits of new behavior, though, are extensions of, rather than replacements for, much older patterns of our lives as social creatures.
Filesharing: Unautorisiertes Filesharing existiert nicht, weil die heutigen Jugendlichen moralisch verwerfliche Egoisten sind. Generationen unterscheiden sich vor allem aufgrund der unterschiedlichen Möglichkeiten, die sie in ihrer Zeit zur Verfügung haben, so Shirky. Sie unterscheiden sich nicht durch Charaktereigenschaften, die angeblich für alle Mitglieder einer Generation zutreffen, weil diese generationsvereinenden Eigenschaften gar nicht existieren.
Filesharing findet nicht statt, weil die heutigen Jugendlichen moralisch verfallen sind. Wenn das so wäre, dann wären auch Ladendiebstahl und andere Verbrechen ähnlich stark angestiegen. Der Grund wieder: Die Kostenstruktur digitaler Güter. Musik kann heute so leicht mit anderen geteilt werden wie Gedanken oder Telefonnummern. Reine Information. Dieser Umstand hat ein zutiefst menschliches Verhalten freigesetzt.
Man kann mit anderen etwas teilen, ohne dass einem selbst Nachteile entstehen. Weder muss man auf den jeweiligen Gegenstand verzichten, noch entstehen einem zusätzliche Kosten. Wer unter solchen Vorbedingungen nicht teilen will, erscheint als kein guter Mensch. Shirky (S. 125):
The decision not to make someone else’s life better when it would cost you little or nothing has a name: spite. The music industry, in order to preserve its revenues, wanted (and still wants) all of us to be voluntarily spiteful to our friends.
Die Kostenverschiebung durch die Digitalisierung hat mit dem Möglichmachen von Filesharing also ein zutiefst menschliches Verhalten ermöglicht. Und das noch dazu in Verhältnissen, die in der industriellen Gesellschaft nur auf der Ebene großer Unternehmen möglich war.
Dieses Verhalten ist nicht revolutionär angehaucht. Da dieses Verhalten aber das Geschäftsmodell der Plattenlabel, die ihr Vorgehen, für die Weitergabe von Musikaufnahmen Geld zu verlangen, eins zu eins auf das Web übertragen wollen, untergräbt, muss es fälschlicherweise mit Diebstahl gleichgesetzt werden. Nur so kann man die Diskurs-Oberhand behalten.
Sowohl Geschäftsmodell der Plattenindustrie als auch das aktuelle Urheberrecht stehen also einem zutiefst menschlichem Verhalten diametral gegenüber, das durch industrielle Beschränkungen erst auf natürliche Art verhindert und jetzt durch die Digitalisierung in branchenerschütterndem Ausmaß ermöglicht wurde.
Fazit:
Für Geschäftsmodelle im Netz muss man sich lösen von Wertvorstellungen und Vorgehensweisen, die aus der analogen Welt stammen und ebenso vieles, was man als gegeben annimmt, gründlich hinterfragen. Die Verschiebung der Wertschöpfung löst durch ihre neue Flüssigkeit zwischen den Wertschöpfungsebenen historische Unfälle auf. Was vorher untrennbar verbunden war, wird in seine natürlichen Bestandteile aufgedröselt.
Das eigene Geschäftsmodell auf einen historischen Unfall aufzubauen, obwohl dieser obsolet wurde, ist keine gute Entscheidung. Natürliches menschliches Verhalten, das durch die Veränderungen möglich wurde, wird sich nicht einfach wieder abstellen lassen. Wozu auch?
Im Digitalen gehen die Veränderungen tiefer als den meisten klar ist. Denn viele wirtschaftlichen Vorgänge und gesellschaftlichen Vorstellungen basieren auf Knappheiten, die aktuell nach und nach wegbrechen. “Überfluss zerstört mehr Dinge als Knappheit.”
Weitere Artikel zum Thema:
- Warum Labels, Filmstudios und Verlage neue Geschäftsmodelle brauchen
- Shirky: “Institutionen werden versuchen, die Probleme zu erhalten, für die sie die Lösung sind.”
- “Verleger-Schreck” Flipboard: Auch auf Tablets gelten Marktdynamiken des Webs
- Sprachfehler: ‘Diebstahl geistigen Eigentums’ und ‘Kostenloskultur’
- Wenn unautorisiertes Filesharing Diebstahl ist, …
- Das deplatzierte Moral-Argument in der Filesharing-Debatte
D'accord von vorne bis hinten!
„Eine auf so einen Unfall basierende Annahme ist, dass das Publizieren an sich eine wertvolle, ernsthafte Tätigkeit ist.“
Und auf dieser auf einem Unfall basierenden Annahme basiert die Annahme der Verleger, dass ihnen ein Leistungsschutzrecht zustehe …
Yep, die Annahmen hinter dem Leistungsschutzrecht basieren auf mehreren Unfällen.
Klasse Beitrag.
Danke!
Zu diesem Thema kann ich auch „Free: How Today's Smartest Businesses Profit by Giving Something for Nothing“ vom Chris Anderson empfehlen. Das Buch gibts auch als gratis Audio DL http://www.hyperionbooks.com/free/
Wirklich guter Artikel. Habe mehrere male laut „absoultrichtig“ vor mich hin gegrummelt während dem lesen… obwohl niemand außer mir im Raum war. Kommt selten vor. Ich werd's weiterempfehlen.
Sehr schöner Artikel.
Doch das gibt es nicht nur in den digitalen Medien. Diese Verhaltensunfälle gibt es bei allen immateriellen Medien, in der Bildung und in der Politik. Wie denkst du darüber?
Ich frag mich gerade, unter welchen Tags ich den Artikel bei Diigo bookmarken soll, um ihn auch wirklich immer wiederzufinden ;)
Sehr schöner Artikel.
Habe wirklich selten einen so gut geschrieben Artikel über Geschäftmodelle bzw. Ökomnomie im Allgemeinen gesehen !
Da ist sicherlich was dran. Über die Felder Bildung und Politik habe ich aber aus dieser Perspektive noch nicht weiter nachgedacht.
Ich wollte schon im Auto sitzen, doch nun komme ich wieder nicht rechtzeitig nach Hause. Ich denke dieser Artikel ist mehr als eine gute Entschuldigung für meine Verspätung, denn den mußte ich erst durchlesen.
„Bei Informationsgütern haben wir’s eben Fixkostendominanz zu tun und dieses Fixkosten sind eben das, was Labels und Verlage TATSÄCHLICH in 99,5% ihrer Arbeitszeit machen.“
Stimmt sicherlich. Die Veränderung bei den variablen Kosten hat auch mehr Auswirkungen auf die Nachfrager als auf die Anbieter (und dann damit wieder indirekt auf die Anbieter, die ihr Angebot anpassen müssen).
„Und dieses „Ich zahl weil ich konsumiert und für gut befunden habe“-Ding ist eigentlich auch Schwachsinn… Ich kann in jeden Plattenladen selbst in einem virtuellen vorhören, bei Amazon oder Thalia reinlesen, Kinotrailer gucken oder Rezis lesen. Auf dem Argument kann man keine neue Ökonomie für Immaterialgüter bauen..“
Ich habe nicht behauptet, dass Flattr und co. alles vorherige ersetzen werden. Ich würde aber die Bedeutung, die solche Angebote aber annehmen können, nicht unterschätzen. Gerade weil sie sich ohne Störung in das System einpassen, dürften sie so schnell nicht wieder weggehen.
Reinlesen, Kinotrailer schauen und ‚Rezis‘ lesen ist eben nicht risikofrei. Jeder, der das behauptet, sollte mal wieder eine paar Kinotrailer und anschließend die zugehörigen Filme schauen.
Die Kosten die beim Nutzer für den Erwerb einer Lizenz für die Nutzung eines Informationsgutes entstehen müssen die Kosten für die Bereitstellung des lizensierten Werkes decken… Und ein bisschen Gewinn darf man ja auch noch machen…Deswegen ist es toll wenn ich viele Lizenzen verkaufen kann. Und man kann auch darüber nachdenken, dass Lizenzen ab gewissen Mengen auch weniger kosten können sollten, aber auch dann näherte sich dann ein Lizenzpreis null an wird aber immer (Fixkosten+Gewinn)/Lizenzen betragen müssen…
Deine Marktsituation verändert/verschlechtert sich mit jeder kostenlosen Kopie…
Das ist nur bedingt richtig. Sowohl in der Musik- als auch in anderen Kreativbranchen hält sich der Begriff „Raubkopie“ immer noch hartnäckig und zeigt nur allzu deutlich, dass immer noch mit Diebstahl, ja gar Raub argumentiert wird.
Allerdings gibt es ein paar durchaus interessante Aspekte im Posting, auf die man bei dem Gedankengang eingehen sollte. Ich stimme mit dem Autor über die „historischen Unfälle“ weitestgehend überein, aber Publisher haben tatsächlich mehr als die Aufgabe, nur für den Vertrieb zu sorgen. Ein kurzer Einblick in die Computerspiele-Branche, denn hier zeigt sich das noch deutlicher als bei Musik:
Es gibt längst unzählige digitale Vertriebskanäle, dennoch werden selbst bei exklusivem Vertrieb auf diesen oft immer noch klassische Publisher genutzt – warum? Nun, diese erledigen das professionelle Marketing und sind vor allem Risikokapitalgeber. Eine AAA-Spieleproduktion verschlingt mehrere Jahre Projektzeit mit im Schnitt 200 Mitarbeitern und einer hohen Millionensumme an Investitionen. Ein neu gegründetes Unternehmen hat ziemlich selten die Chance, Angel Investors dafür zu finden. Publisher sind dann die finanziell wenig attraktive, dafür schon eher sichere Anlaufstelle. Einen gewissen Sinn und Zweck erfüllen sie damit also auch noch.
Dennoch: Für Publisher gilt dann in Bezug auf den Vertrieb das gleiche wie für den Eigenvertrieb von Künstlern im Netz. Warum es nicht mal mit post-paid Content oder ähnlichen Modellen probieren? Die Antwort ist wohl relativ simpel, da existiert nämlich auch ein gewisses natürliches Verhalten: Der Publisher möchte möglichst wenig Risiko bei derart großen Investitionen eingehen. Und um das Bedürfnis nach geringem Risiko zu befriedigen, sind klassische Strukturen, abgesichert durch branchenfreundliche Gesetze und technische Restriktionen, wohl besser geeignet, als sich in ein neues Feld zu wagen.
Langfristig wird dieses Denken aber wohl keine Zukunft haben, denn ein Faktor in der ganzen Marktdynamik ist schlussendlich der Konsument. Und der fängt gerade erst an, sich gegen die o.g. Methoden zur Wehr zu setzen. Steffen Itterheim (selber Spieleentwickler) hat das kürzlich recht passend beschrieben: Das, was so gemeinhin als „Raubkopie“ bezeichnet wird, ist nicht selten Ausdruck von Boykottverhalten. Und gerade in organisierten Webcommunities, wo Informationen über verbraucherfeindliche DRM-Systeme und dergleichen in Windeseile kursieren, prägen sich derartige Boykotts gerade massiv aus. Man sieht das auch wunderschön an den regelrechten Flashmobs, mit denen entsprechende Produkte bei Amazon auf die niedrigste Wertung gedrückt werden.
„Und man kann auch darüber nachdenken, dass Lizenzen ab gewissen Mengen auch weniger kosten können sollten, aber auch dann näherte sich dann ein Lizenzpreis null an wird aber immer (Fixkosten+Gewinn)/Lizenzen betragen müssen…“
Langfristig wird sich der Marktpreis für Musikaufnahmen an die Grenzkosten angleichen und Fixkostenbezahlung und Profit werden über Querfinanzierung realisiert werden. Knappe Güter kann man verkaufen, nichtknappe Güter nicht.
Sicher wird nicht jeder Musikschaffende dieses Argument verwenden, aber die Mehrheit, besonders die, die dank hoher Positionen im Bundesverband in den Medien Gehör erlangt, verwendet dieses Argument weiterhin. Aber das war nicht Thema des Artikels.
-> Deswegen Randnotiz ;-)
Trotzdem falsch… Gerade Gorny, Chung, Michalk, Kiltz und Drücke argumentieren schon sehr lange nicht mehr mit Diebstahl…
@ ‚First Copy Costs‘: In der Tat ist das ein wenig irreführend, das ist aber leider ein feststehender Begriff in der angelsächsischen Informationsökonomie…
Ich würde mich aber nicht zu sehr an dem Begriff Raubkopie aufhalten… Erstens argumentiert niemand mit Raub und zweitens war das bis jemand auf den klugen Gedanken kam des ganze „Schwarzkopie“ zu taufen, der beste Begriff den es gab…Das Problem mit PaidWhatYouWant Modellen und der gleichen ist aber ein anderes… Die Basis dieser Theorien sind in der Netzwerkökonomie zu finden. Es wird dort immer von kritischen Massen ausgegangen, die, einmal erreicht, den großen Geldsegen bringen. Ich möchte nicht bestreiten dass das eventuell für Mainstreamprodukte funktionieren kann, aber mir geht es um die Vielfalt in der Breite. Die kritischen Massen für viele Indieproduktionen oder solche mit hohem Anspruch (Neue Musik, Free Jazz etc.) zu erreichen ist leider nicht möglich. Diese Kulturgüter würde damit ins Hobby oder die Liebhaberei gedrängt.
DRM ist eigentlich kein Thema mehr, weil nicht mehr eingesetzt (zumindest im Bereich Musik).
Ich befürchte auch, dass dieses Boykottverhalten als solches nur eine Ausrede für eigennütziges Saugen ist und ich finde darin auch keine moralische Rechtfertigung dafür Bobby Chang reich zu machen…
Denkbar, sobald die großen Publisher sich in ähnliche Marktnischen drängen, das sehe ich aber derzeit nicht. Auch in der Spielebranche gibt es jede Menge Indie-Entwickler und die preschen gerade in derartige Geschäftsmodelle vor. Genauer gesagt sind Indie-Entwickler dort bisher die einzigen, die mal mit „Pay as much as you want“ experimentiert haben. Der Anteil der nicht lizensierten Kopien war hoch, dennoch haben sie damit einen recht guten Schnitt gemacht.
Das liegt sicher auch darin begründet, dass sie gerade im Community Building einiges besser machen als die oft recht schwerfälligen Publisher – interessanterweise komplett ohne jegliches Marketingbudget. Ich kenne die Musiker-Indieszene leider nicht gut genug, um deren Vernetzung zu beurteilen, bei Gamern klappt das allerdings schon erstaunlich gut – wobei diese natürlich in der Historie von „Web 2.0“ Communities usw. schon ganz vorne waren, bevor dieses Buzzword überhaupt erfunden wurde.
Sagen wir mal so…
Es gibt ein Urheberrecht und verwandte Rechte und damit sind Informationsgüter knapp…
Das mag vielleicht nicht jedem Peter Sunde gefallen, aber das ist so und das ist gut so.
Querfinanzierungsmodelle sind heute schon Realität, aber man sieht an den existenzbedrohenden Verlusten in allen Bereichen (vor allem dem der Konzertveranstaltungen kleiner Bands), dass da wenig Anlass zu Hoffnung besteht.
Ich gebe zu, ich finde solche Stunts wie den von „Rock Paper Shotgun“ auch spannend. Was im Gamebereich passiert wird die Zeit zeigen. Mein Eindruck ist allerdings, dass gerade der Trend in Richtung Onlinespiel (BTW nahezu perfekter Kopierschutz) eigentlich zeigt, dass auch da eher in Richtung „Kopieverkauf“ oder quasi „Software as service“ á la WoW gedacht wird.Darüber hinaus sind Games tendenziell „mainstreamtauglicher“ und der Markt noch nicht derart gesättigt…
Aber was genau meinst du mit „sobald die großen Publisher sich in ähnliche Marktnischen drängen“?
Ehm, ja, sicherlich hat die Digitalisierung den Vertrieb der Gueter veraendert und die Kosten fuer den Vertrieb der Gueter reduziert (und teilweise fuer den Erzeuger auf Null gebracht, da der Erzeuger ja nur eine einzige Kopie freisetzen muss).
Aber das aendert doch nichts an den Kosten der Erzeugung des nach wie vor knappen Gutes der _guten_ Musik/Filmes/Bilder/Buecher. Die erzeugen sich doch nicht auf einmal von selbst und sind im Ueberfluss vorhanden nur weil der Vertrieb jetzt so einfach ist.
Und genau hier ist Dein Hauptdenkfehler: Die Bezahlung ist hauptsaechlich fuer die Erzeugung des knappen Gutes (was nach wie vor knapp ist und teuer zu erstellen ist), nicht den Vertrieb der Kopie davon. Wenn sich das alles querfinanzieren soll, na dann viel Spass. Bevor das passiert wird so einiges davon einfach verschwinden, moeglicherweise fuer immer.
Noch etwas das auch ein historischer Unfall war: Mit 16 keine Nacktfotos von sich per Handy verschicken. Jugendliche sind heute nicht mehr „Generation Porno“ als früher. Wie schon Dan Savage sagte: „Es gibt eine generationsbedingte Paranoia darüber was junge Leute tun das alte nicht taten, weil sie nicht konnten. Und heute nicht können, weil niemand sie nackt sehen will.“ http://www.youtube.com/watch?v=jfAUOq6NS0A
Stimmt.
Ich finde den Artikel leider nicht gut und befürchte da wurden ein paar Dinge völlig falsch verstanden…
Aber das kann man ja aufklären:
Erstens argumentiert die Musikwirtschaft schon lange nicht mehr mit Diebstahl, sondern mit Leistungserschleichung, aber das ist nur eine Randnotiz…
Die Erstellung von Kopien war nie und ist auch heute nicht die Aufgabe von Verwertern. Verwerter (risiko-) finanzieren, veredeln, bewerben und managen Künstler. Und leider sind auch die sog. First Copy Costs (bei Musik würde man da eher Master oder Produktion dazu sagen) im Fall von Büchern, Filmen und Musik leider häufig immens.
Die finanziellen Risiken sind, unter anderen wegen Filesharern, Schrankenschmarotzern und der wahren Contentmafia (aka Rapidshare etc.), sehr groß. Und irgendjemand muss sich ja auch um all die unangenehmen betriebswirtschaftlichen Dinge kümmern, von denen Romanciers, Musiker und Filmemacher meistens keine Ahnung haben.
Man merkt wahrscheinlich, dass ich da sehr aus meiner Perspektive als Musiker spreche, aber wer glaubt, dass Künstleraufbau, gerade im Independentsektor, ohne Labels möglich ist, der hat leider wenig Ahnung von den Realitäten in der Branche…
Das ist kein „historischer Unfall“ sondern eben die Realität bei der Schaffung von Kulturgütern.
Hallo und danke für diesen Artikel… (obiger Post…. Ist nicht ganz falsch… aber dann einfach mal die Band Jammin*inc anhören und deren Modell begutachten… (u.a deren Geschichte..)
Nun weiter: die Tatsache, dass die Grenzkosten bei NULL liegen, kann ich ehrlich so ganz nicht nachvollziehen. Wir alle haben (bis die kalte Fusion gelingt) ein MASSIVES Energieproblem! Ja, ok wir brauchen jetzt nicht unbedingt ein Liter Erdöl pro Song, aber Strom wohl mal schon, und wenn wir noch so „behutsam“ mit unseren TB-Listen an Musik umgehen, vieles davon ist einfach ÜBERFLÜSSIG!… Das die Modelle sich verändern, sollte auch helfen, dass die Modelle sich in den Köpfen verbessern. Die IT hat fast den „höchsten“ Energieverbrauch im gesamten Industriespektrum (Google hat VIEL MEHR… jaja schon klar, das ist aber trotzdem kein Freifahrtschein) und wir alle täten gut daran nicht alles zu kopieren was eh schon doppelt und dreifach vorhanden ist (Redundanz). mfg. ps: worldchanging.com
Naja… Es gibt für jede Regel eine Ausnahme… Aber mein Beispiel ist da immer KustomKarKommando, die ein großartiges Album in einer damals gerade sehr populären Nische unter CC veröffentlicht haben und damit nicht wirklich groß geworden sind… Ein Label wie Kitsune hätte aus denen was machen können.
Meine Stromrechnung ist nebenbei bemerkt auch nicht mein Problem, sondern vielmehr der Zeitaufwand, der für mich als Freiberufler tatsächlich Geld wert ist. Dazu kommen noch Aufwändungen für mein Studio, für Studiomusiker usw.
Die Variablen Kosten für Kopien sind ja wie gesagt nicht das Problem und selbst wenn sie bei Null liegen.
Bei Informationsgütern haben wir's eben Fixkostendominanz zu tun und dieses Fixkosten sind eben das, was Labels und Verlage TATSÄCHLICH in 99,5% ihrer Arbeitszeit machen.
(nicht auf den letzten Post bezogen)
Und dieses „Ich zahl weil ich konsumiert und für gut befunden habe“-Ding ist eigentlich auch Schwachsinn… Ich kann in jeden Plattenladen selbst in einem virtuellen vorhören, bei Amazon oder Thalia reinlesen, Kinotrailer gucken oder Rezis lesen. Auf dem Argument kann man keine neue Ökonomie für Immaterialgüter bauen..
„Erstens argumentiert die Musikwirtschaft schon lange nicht mehr mit Diebstahl, sondern mit Leistungserschleichung, aber das ist nur eine Randnotiz…“
Sicher wird nicht jeder Musikschaffende dieses Argument verwenden, aber die Mehrheit, besonders die, die dank hoher Positionen im Bundesverband in den Medien Gehör erlangt, verwendet dieses Argument weiterhin. Aber das war nicht Thema des Artikels.
„Die Erstellung von Kopien war nie und ist auch heute nicht die Aufgabe von Verwertern. Verwerter (risiko-) finanzieren, veredeln, bewerben und managen Künstler.“
Richtig. Und refinanziert wurde und wird es mehrheitlich mit der Vervielfältigung, Verbreitung und dem Verkauf der Kopien. So zumindest sieht das Geschäftsmodell der Plattenindustrie aus.
„Und leider sind auch die sog. First Copy Costs (bei Musik würde man da eher Master oder Produktion dazu sagen) im Fall von Büchern, Filmen und Musik leider häufig immens.“
'First Copy Costs' sind leider ein etwas irreführender Begriff bei digitalen Gütern. Darüber werde ich nochmal gesondert schreiben. Zumindest fallen die Kosten nicht für die erste Kopie sondern für den Inhalt bzw. dessen Erstellung an.
„Man merkt wahrscheinlich, dass ich da sehr aus meiner Perspektive als Musiker spreche, aber wer glaubt, dass Künstleraufbau, gerade im Independentsektor, ohne Labels möglich ist, der hat leider wenig Ahnung von den Realitäten in der Branche… „
Das hat hier, so weit ich sehe, niemand behauptet. Ich auf jeden Fall nicht. Ich glaube aber in der Tat, dass das möglich ist, aber nicht für jeden in Frage kommt.
„Bei Informationsgütern haben wir's eben Fixkostendominanz zu tun und dieses Fixkosten sind eben das, was Labels und Verlage TATSÄCHLICH in 99,5% ihrer Arbeitszeit machen.“
Stimmt sicherlich. Die Veränderung bei den variablen Kosten hat auch mehr Auswirkungen auf die Nachfrager als auf die Anbieter (und dann damit wieder indirekt auf die Anbieter, die ihr Angebot anpassen müssen).
„Und dieses „Ich zahl weil ich konsumiert und für gut befunden habe“-Ding ist eigentlich auch Schwachsinn… Ich kann in jeden Plattenladen selbst in einem virtuellen vorhören, bei Amazon oder Thalia reinlesen, Kinotrailer gucken oder Rezis lesen. Auf dem Argument kann man keine neue Ökonomie für Immaterialgüter bauen..“
Ich habe nicht behauptet, dass Flattr und co. alles vorherige ersetzen werden. Ich würde aber die Bedeutung, die solche Angebote aber annehmen können, nicht unterschätzen. Gerade weil sie sich ohne Störung in das System einpassen, dürften sie so schnell nicht wieder weggehen.
Reinlesen, Kinotrailer schauen und 'Rezis' lesen ist eben nicht risikofrei. Jeder, der das behauptet, sollte mal wieder eine paar Kinotrailer und anschließend die zugehörigen Filme schauen.
„die Tatsache, dass die Grenzkosten bei NULL liegen, kann ich ehrlich so ganz nicht nachvollziehen. Wir alle haben (bis die kalte Fusion gelingt) ein MASSIVES Energieproblem!“
Das sind keine Kosten, die die Entscheidungsfindung für Musiker, Bands und andere Kreative beeinflussen.
Die Grenzkosten digitaler Güter liegen bei Null: Es ist für mich als Produzenten irrelevant ob ich von meinem Album eine, zehn oder 1000 digitale Kopien anfertige. Meine Kostensituation bleibt die gleiche. Bei physischen Kopien ist das nicht der Fall.
Mit dem Risiko muss man übrigends auch in der Kohlenstoffwelt leben… Wenn ich in ein Restaurant gehe kann es ja auch sein, dass mir das Essen nicht schmeckt… zahlen muss ich's trotzdem.
Es ist halt nicht alles risikobefreit. Also wieder kein Argument für illegale Beschaffung.
„Es gibt ein Urheberrecht und verwandte Rechte und damit sind Informationsgüter knapp…“
Falsch. Urheberrecht schafft künstliche Verknappung, in dem es ein Verwertungsmonopol errichtet. Man kann darüber diskutieren, inwiefern das sinnvoll ist oder nicht, aber man muss es dafür als das benennen, was es ist. (Und bevor der Vorwurf kommt: Ich will das Urheberrecht nicht abschaffen.)
„Bevor das passiert wird so einiges davon einfach verschwinden, moeglicherweise fuer immer. “
Vielleicht wäre das gar nicht so schlecht.
Wer wirklich gute Musik macht bzw. den Geschmack einer Gruppe trifft, der wird immer sein Auskommen haben.
Verschwinden werden massiv gepushte „One Hit Wonder“, DSDS u.ä. sowie große Teile der massiv subventionierten E-Musik.
Dein Hauptdenkfehler ist m.M.n., daß da wirklich ein „knappes Gut erzeugt“ wird. Der Großteil der heutigen „Stars“ sind künstlich und mit einer massiven Marketingbegleitung erzeugt.
„…aber das ist so und das ist gut so.“
Nein, ist es nicht. Jedenfalls nicht in der momentanen Form.
Und es wird auch nicht mehr lange so bleiben.
„Wenn ich in ein Restaurant gehe kann es ja auch sein, dass mir das Essen nicht schmeckt… zahlen muss ich’s trotzdem.“
Nicht alles was hinkt ist auch ein Vergleich.
Außerdem stimmt das nicht. Wenn mir etwas nicht schmeckt, weil es offensichtlich qualitativ unzureichend ist, muß ich auch nicht bezahlen (bzw. kann mir mein Geld wiederholen).
Und jedes Restaurant mit auch nur ein bißchen Interesse am Gast wird ein Essen, daß ein Gast zurückgehen lässt, nicht in Rechnung stellen. Das ist jedenfalls meine Erfahrung – als Gast und als ehem. Servicemitarbeiter.
http://de.wikipedia.org/wiki/Raubdruck – Auf diesem Niveau bewegt sich die Diskussion. Da ist nichts neues, absolut nichts.
Heute steht folgende Frage: Brauchen Unterhaltung, Bildung, aktuelle Information und gesellschaftlicher Diskurs Autoren, die da davon leben, also Professionelle oder nicht?
Ich beantworte diese Frage mit ja.
Wenn wir professionelle Autoren brauchen, muss der Refinanzierung sichergestellt sein.
Also muss es einen „ersten Preis“ geben, den die Autoren erzielen, b e v o r ihr Werk in die Welt wandert. Dieser erste Preis ist natürlich sehr hoch, niemand wird ihn als erster zahlen wollen, wenn dann alle anderen auf seine Kosten weiter kopieren können.
Eine Blockade würde eintreten. Flattr und Kachingle sind viel zu schwach und unberechenbar, diese Blockade zu durchbrechen.
Um Lösungen dieses Problems wird derzeit überall gerungen. Da gibt es zum Beispiel die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten in Deutschland, die haben das ganz einfach gelöst: Ministerpräsidenten beschließen und alle haben zu bezahlen. Das Ergebnis ist ein riesiger Apparat der Unmengen von Überflüssigem produziert. Das kann also nicht der Weg sein.
Aber die Botschaft dieses hier so hochgelobten Beitrages ist doch offenbar: Verschenkt euch und schafft euch damit allmählich ab! Das wäre der eigentliche historische Unfall.
Da hast du Recht. Ich mag eigentlich auch keine Vergleiche.
Das Restaurant Beispiel ist halt eine dieser „Katze im Sack“ Metaphern… Bei Informationsgütern ist der Bedarf immer durch Informationsasymetrie bedingt… darauf war das gemünzt.
Im Fall von Kulturgütern hakt das aber, da ich mich hier umfassend über ein Produkt erkundigen kann bevor ich es kaufe. Das letzte Restrisiko ist eben die Informationsasymetrie mit der ich immer leben muss.
Ja entstehende Quasimonopole sind unangenehme Seiteneffekte einer (und ich wiederhole mich) EXISTIERENDEN künstlichen Verknappung.
Das dient, so künstlich es auch sein mag, keinem Selbstzweck sondern ist Grundvorraussetzung für einen digitalen Kulturgütermarkt. Dieser Markt schafft sogar abzüglich der negativen Auswirkungen positiver externer Effekte durch die erwähnten Quasimonopole einen MASSIVEN Wohlfahrtsgewinn.
Nichts weiter wollte ich damit sagen.
s.o.
Was bitte ist denn am Urheberrecht schlecht?
Welcher Nachteil entsteht der Volkswirtschaft? (nicht dir persönlich)
Okay Kulturgüter kosten halt Geld. Aber insgesamt ist das ganze ziemlich positiv.
Klar gibt es Detailbaustellen, wie verwaiste Werke, CC in den VGs und noch so ein paar. Aber das sind wie gesagt Details. Ich bin mit der GEMA auch nicht glücklich, aber das ist unser musikwirtschaftsinternes Problem. Deswegen muss niemand unlizensierte Kopien verteilen.
seit langem bester Artikel zu diesem Thema
Interessant – aber die Terminologie „Unfall“ setzt einen „Normalfall“ voraus. Darin steckt eine anthropologische Normativität, die ich hier nicht nachvollziehen kann. Anders gesagt: es müsste deutlicher gemacht werden, warum das eine der Unfall und das andere der wiederherzustellende Normalfall sein soll. Aus Sicht der Musikindustrie etc. dürfte das Netz der historische Unfall und der status quo ante der Normalfall sein.
Über die Wortwahl kann man sicher diskutieren. Mir ist schlicht kein besseres Wort als ‚Unfall‘ eingefallen. Man kann allerdings in der Tat einen „Normalfall“ feststellen, wenn man beide Situationen (vor und nach der Veränderung der Rahmenbedingungen) und ihre Auswirkungen auf das Verhalten gegenüberstellt. Siehe das Beispiel mit den Telefonnummern im Artikel.
Genau an dem Telefonnumern-Beispiel bin ich halt über die Wortwahl gestolpert: die Fähigkeit, sich relativ lange Zahlenketten einzuprägen, haben wir gelernt, als es wichtig war, sich so Telefonnummern zu merken, und wir verlernen sie gerade wieder. Aber weder das Merken-Können langer Zahlenreihen noch das Nicht-Merken-Müssen sind – so jedenfalls meine Sicht – ein „Normalfall“, sondern es sind beides Anpassungsleistungen sozialer Praktiken an bestimmte sozio-technische Arrangements (und damit ein schöner Beweis für die Fluidität von Gehirn und Sozialstruktur). Wir haben jetzt neue soziotechnische Arrangements, die sich zudem noch in einem massiven Wandel befinden. Diese erfordern individuelle und strukturelle Anpassungs- und Aneigungsleistungen; die Konflikte darüber, ob und wie im Netz für vorher knappe Inhalte bezahlt werden soll, sehe ich als Aushandlungsprozess im Rahmen dieser Anpassungen und Aneignungen. Was dabei am Ende herauskommt, hängt von jeder Menge Faktoren ab – von den politischen Rahmenbedingungen und herrschenden kulturellen Leitbildern bis hin zu dem technisch abgesteckten Möglichkeitsraum. Zwingend und „technisch besser“ sind aber weder Commons-Ansätze, noch Bezahlinhalte, noch soziales Mikropayment. (Auch dieser Blogbeitrag ist ein Bestandteil dieses Aushandlungsprozesses). Und da ist mir „Unfall“ – und mehr noch die Annahme eines (histoirschen) Normalfalls – halt doch etwas zu kurz gegriffen.
Ihr Eindruck trügt ;).
Gerade im Bereich Onlinespiele findet ein massiver Wandel statt. Immer mehr MMOGs stellen auf „Free-to-Play“ um oder kommen gleich mit diesem Geschäftsmodell auf den Markt.
Aktuell bekanntestes Beispiel „Der Herr der Ringe Online“.
„Pay as much as you want“ in Reinkultur!
Der Gorny, der in einem WELT-Interview Anfang des Jahres Folgendes gesagt hat?
„Und wir müssen anfangen, die digitale Welt so zu bewerten wie die analoge Welt – indem Diebstahl dort genauso geahndet wird wie im Kaufhaus.“
http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article68…
Vergiss aber bitte die vielen Indies nicht, die nicht mit sechstelligen Kampagnen Budgets gefördert, sondern mit den wenigen noch übrig gebliebenen Mittel von Kleinstunternehmen (Indie Labels haben im Schnitt 3 Mitarbeiter) überhaupt sichtbar gemacht und auf kleine Clubtouren geschickt werden.
Gerade in der Überflutung heute brauchen Bands Partner die ihnen Helfen in der Masse unter zu gehen.
„Gutes setzt sich durch“ ist ein Irrtum!!! Leider haben wir Musiker und Labels den selbst in die Welt gesetzt.
Stimmt!
Die Verlage verlieren ja gerade auch ihre Berechtigung als Informationsvermittler zwischen Unternehmen und Konsumenten, da Word of Mouth übers Netz glaubhafter wirkt als nachgedruckte Pressemitteilungen. Verlage haben immer noch kein Online-Geschäftsmodell, mit dem sich die gewachsenen Strukturen verteidigen lassen. Und jetzt werden nicht nur die Einzelpersonen sondern auch Unternehmen zu Konkurrenten, die immer mehr Content produzieren und selbst verteilen. Insofern stimme ich absolut zu: Das Bezahlen journalistischer Inhalte nach deren Konsum wird funktionieren, wenn die Qualität stimmt. Alles andere ist gratis oder von gestern.
Das ist immerhin schon 8 Monate her ;-)
Aber mal ernsthaft, ähnlich wie diese leidige Raubmordkriegkopierer Begriffsdebatte ist das doch ein Scheingefecht.
Zugegeben ich und andere haben früher innerhalb der Branche Aufklärungsarbeit leisten müssen, aber NIEMAND innerhalb der Verbände ist sich nicht darüber im Klaren wie Schwarzkopien zu bewerten sind. Da gehe ich jede Wette ein.
Davon ab ob Diebstahl oder Leistungserschleichung oder asoziale Saugerei, nenn's wie du willst es ist und bleibt asozial!
Ich finde an der Stelle interessant, dass ja gerade die Presse sich ja dieser Kostenloskultur völlig unterworfen hat und zunächst ihre Inhalte frei ins Netz gestellt hat. U d das hat nicht funktioniert und jetzt kassieren die auch noch Prügel im Netz, weil sie sich neue Geschäftsmodelle überlgen. Da ist auch Unsinn dabei, ganz sicher. Die Presse ist der Beweis, das Gratis und Werbefinanziert nicht funktioniert!
Okay also kommt die Kohle dann über Sekundärauswertung… Das ist dann für Games anscheinend besser möglich als für Musik.
„Mit dem Risiko muss man übrigends auch in der Kohlenstoffwelt leben..“
Der Punkt des Artikels war, dass sich solche Umstände ändern, wo sie sich ändern lassen.
Das Web ist in den meisten Bereichen ein Nachfragermarkt.
„Ja entstehende Quasimonopole sind unangenehme Seiteneffekte einer (und ich wiederhole mich) EXISTIERENDEN künstlichen Verknappung.
Das dient, so künstlich es auch sein mag, keinem Selbstzweck sondern ist Grundvorraussetzung für einen digitalen Kulturgütermarkt.“
Ohne jetzt den digitalen Kulturgütermarkt und seine Notwendigkeit für das Schaffen von Kultur durchzudefinieren und zu diskutieren, würde ich sagen, dass wir hier unterschiedliche Ansichten haben und es vorerst dabei belassen.
„Was bitte ist denn am Urheberrecht schlecht?
Welcher Nachteil entsteht der Volkswirtschaft? (nicht dir persönlich)“
Die vollkswirtschaftlichen Kosten für das Urheberrecht ist eine ineffizientere Verbreitung von Kulturgütern. Das Urheberrecht ist per se zur Einschränkung von Distribution gedacht, weil es hierfür Monopole errichtet, die die Refinanzierung sichern sollen. Der Zweck des Urheberrechts ist gleichzeitig der Kostenpunkt für die Gesellschaft. Das ist auch der Grund, warum das Urheberrecht zeitlich begrenzt ist.
Habe nie behauptet, dass sich etwas an den Herstellungskosten ändert.
Und natürlich werden Veränderungen in den Rahmenbedingungen und am Markt notwendigerweise auch zu Veränderungen bei den angebotenen Produkten führen.
Zumindest die deutsche Presse hat sich dieser 'Kostenloskultur' nicht unterworfen.
http://neunetz.wpengine.com/2010/06/11/deutsche-verl…
„Heute steht folgende Frage: Brauchen Unterhaltung, Bildung, aktuelle Information und gesellschaftlicher Diskurs Autoren, die da davon leben, also Professionelle oder nicht?
Ich beantworte diese Frage mit ja.“
Ja.
„Wenn wir professionelle Autoren brauchen, muss der Refinanzierung sichergestellt sein.
Also muss es einen „ersten Preis“ geben, den die Autoren erzielen, b e v o r ihr Werk in die Welt wandert.“
Nein. Musiker wie Buchautoren etc. sind Unternehmer, die nicht im Vorfeld festlegen können, wie viel sie an Kulturgut XY verdienen werden. Niemand weiß vorher ob ein Werk kommerziell erfolgreich wird oder nicht.
Abgesehen davon finanzieren die ersten Musiker in den USA bereits die Aufnahme neuer Alben allein mit Spenden von ihren Fans, die sie _vorher_ erhalten haben.
„Aber die Botschaft dieses hier so hochgelobten Beitrages ist doch offenbar: Verschenkt euch und schafft euch damit allmählich ab! „
Nein. Die Botschaft würde wenn schon dann eher lauten: 'Verschenkt' Eure nichtknappen Güter und baut Eure Geschäftsmodelle auf echten, knappen Gütern, so wie es in der Marktwirtschaft immer schon der Fall war.
„die Fähigkeit, sich relativ lange Zahlenketten einzuprägen, haben wir gelernt, als es wichtig war, sich so Telefonnummern zu merken, und wir verlernen sie gerade wieder. Aber weder das Merken-Können langer Zahlenreihen noch das Nicht-Merken-Müssen sind – so jedenfalls meine Sicht – ein „Normalfall“, sondern es sind beides Anpassungsleistungen sozialer Praktiken an bestimmte sozio-technische Arrangements“
Ich sehe es mehr als einen A-B-Vergleich: Wenn vor die Wahl gestellt, bevorzugen die meisten, sich Telefonnummern nicht mehr einzuprägen. Also war das Einprägen der Nummern ein von den technischen Beschränkungen ausgelöstes Verhalten.
(Was mit der Fähigkeit, sich lange Zahlenreihen zu merken, nichts zu tun hat.)
Mit „Asozialität“ hat das nichts zu tun. Vermarktung ist nicht sozial, denn du willst ja primär dein Produkt an den Menschen bringen. Ausgenommen natürlich du bietest etwas „gratis“, aber nicht umsonst an. DAS wäre dann in der Tat sozial ;)
„Unfair“ trifft die Sache sicher eher.
Aus meiner Erfahrung heraus ist allerdings das Leben immer unfair, egal wie sehr du dich dagegen wehrst. Entweder du bekommst deinen Arsch hoch und überlebst, oder du gehst unter. Dead simple.
cu, w0lf.
In diesem Zusammenhang sollte man sich auch mal das Geschäftsmodel von Shakes & Fidget anschauen. Dort gibt es keinerlei klassiche Form von Premiummitgliedschaft etc. pp., sondern man kauft (zeit-)verlängernde oder Attribut-verbessernde Objekte optional hinzu (interne Währung: Pilze). Habe ich so noch in keinem anderen BG gesehen.
cu, w0lf.
Zum Thema „Telefonnummern merken“:
Ich bin so jung, dass ich mir nie Telefonnummern merken musste, weil ich schon in jungem Alter ein Handy hatte, in dem man Kontakte einspeichern konnte. Ich glaube aber, ich würde mir heute noch Nummern merken, weil es einfach cool ist und dem Gegenüber auch eine gewisse Wertschätzung ausdrückt. Lange Handy-Nummern kann sich aber doch kein Mensch mehr merken, deswegen ist man wohl auf den Kontaktspeicher seines Handys angewiesen.
„Zugegeben ich und andere haben früher innerhalb der Branche Aufklärungsarbeit leisten müssen, aber NIEMAND innerhalb der Verbände ist sich nicht darüber im Klaren wie Schwarzkopien zu bewerten sind. Da gehe ich jede Wette ein.“
Umso schlimmer, dass man trotzdem in der Öffentlichkeit mit offensichtlich falschen Begriffen seit einem Jahrzehnt Hetze betreibt, um die eigenen Partikularinteressen ohne Rücksicht auf Kollateralschäden mit dem Brecheisen bei der Politik durchsetzen zu können.
Hetze und Verkürzung sind zwei verschiede Grautöne.
Sicher zieht der Diebstahlbegriff in der nicht digitalen Außenwirkung besser, weil sich meine Oma was darunter vorstellen kann.
Man sollte bei politischer Kommunikation bitte immer den Kontext betrachten und da ist Verkürzung häufig notwendig um nicht die Fässer aufmachen zu müssen für die anders als in dieser interessanten Diskussion kein Platz ist. Das ist keine Hetze….
Wie gesagt, finde ich sehr interessant… Das ist eben Sekundärauswertung…Aber warum regt sich kein Widerstand innerhalb der Digitalriege dagegen für Items, deren Knappheit eigentlich auf einem Kopierschutz innerhalb der Spiellogik beruht, zu zahlen?
Für mich zeigt sich an dieser eigentlich seltsam klingenden Frage die schizophrene Geisteshaltung mit der dieses Thema häufig diskutiert wird.
Wie gesagt es gibt bei Musik nahezu kein Risiko… Tatsächlich arbeiten wir zu Beispiel gerade daran die Vorhördauern bei iTunes usw. von der GEMA verlängern zu lassen ums noch einfacher zu machen, aber dank LastFM, Pandora usw. kann man auch jetzt schon ohne Risiko Musik kaufen.
Würde mich auch interessieren…
Zumal ich selbst ja ursprünglich aus dieser Utopistenecke komme und erst mit waschender ökonomischer Einsicht erkennen musste, dass das meiste nicht funktioniert oder bestenfalls ergänzend zum Markt stattfinden kann.
Zeitlich begrenzt ist ein Urheberrecht, weil ein toter Autor keine ANreizsysteme mehr braucht. Und wenn man noch über den Tod heraus dem Verwerter ein paar Jahre zu Auswertung einräumt, dann dient das dessen Investitionssicherheit.
WIe gesagt du hast ja Recht mit den Monopolen, ABER wenn du das für und wieder auf eine Volkswirtschaft hochmodellierst ist der Effekt positiv.
WIr können nicht festlegen, was wir erwirtschaften. Aber wir müssen einen funktionierenden Markt als Anreiz für Investitionen vorfinden. Investition darf kein Glückspiel sein! Und es lassen sich die Risiken ja ermitteln. Im Schnitt gehen dann zum Beispiel zu viele Labels in die Insolvenz, als dass Banken da leicht Kredite rausrücken.
Musiker in der Selbstvermarktung (und ich hab da mehr als eine Band beraten) kriegen GAR KEIN Geld von den Banken.
Wenn ich ’nen 1Click Sharehost aufmachen wöllte hätte ich da weniger Probleme…
Einge Musiker finanzieren mit Spenden… Wer? Welche Summen? Wieviele Musiker im Verhältnis zur allem anderen? Newcomer? Etablierte?
Damait legitimierst du den Kahlschlag im Independent- und Newcomerbereich und eine Konzentration auf die von dir kritisierten Mainstreamprodukte.
Nur um das klar zu stellen.
Ich mache mir eigentlich nicht soooo große Sorgen um das Auskommen von Mainstreamartists und Mayor Labels. Da werden sicher Leute ihre Jobs verlieren und da wird einiges den Bach runter gehen, aber sterben werden die so schnell nicht. Aber die Newcomerförderung und der Indiebereich stirbt seit Jahren einen langsamen Tod. Da kann systemisch leider niemand von netzwerkökonomischen Effekten profitieren…
Künstliche Verknappung funktioniert praktisch nie, wie man unter anderem an DRM sehen konnte. Künstliche Verknappung basiert auf dem Entziehen von Wert, nicht dem Hinzufügen. Das funktioniert nicht, wenn man sich als Anbieter auf einem Nachfragermarkt befindet. Und das Netz ist größtenteils ein Nachfragermarkt.
Mit künstlischer Verknappung wird versucht, nichtknappe Güter direkt zu verkaufen. Das kann in Ausnahmefällen funktionieren, in der Regel geht das aber schief. Digitale Kopien sind nichtknappe Güter, man bezeichnet solche Güter auch als freie Güter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gut_(Wirtschaftswissenschaft)#Freie_G.C3.BCter
„Ein Gut ist frei, wenn es im betreffenden Gebiet zur betrachteten Zeit in so großer Menge vorhanden ist, dass jeder Mensch so viele Einheiten des Gutes konsumieren kann, wie er will, beziehungsweise bis seine Sättigungsmenge erreicht ist. Beispiele dafür sind die Luft zum Atmen oder Sand in der Wüste. Da freie Güter in einem ausreichenden Maße zur Verfügung stehen, haben sie keinen Preis. In einem marktwirtschaftlichen System ist der Preis der Indikator für die Knappheit eines Gutes. Ergo gilt: je knapper ein Gut, desto höher sein Preis.“
Die Alternative ist sowohl schwierig als auch simpel und das was ich immer sage: Im eigenen Angebot die knappen Güter identifizieren und auf diesen einen Erlösstrom aufbauen. Das ist der einzige nachhaltige Weg.
Was das konkret für diverse Wirtschaftszweige bedeutet, will ich hier auf neunetz.com künftig stärker beleuchten. Auf jeden Fall ist es eine spannende Zeit.
Und trotzdem hat fast jede Regionalzeitung eine Website wo kostenlos Inhalte angeboten werden. Außer SpiegelOnline sind die alle defizitär…
Pay-As-You-Want? Free-To-Play? Da liegt doch ein grundlegendes Mißverständnis vor…. Diese Geschäftsmodelle basieren darauf, dass es einen „Item-Shop“ gibt, indem man sich für „echte Euros“ haufenweise Zeugs kaufen MUSS [!!!111!1!EinsElf11], wenn man in diesen Spielen irgendwie über die Anfangslevel hinauskommen will, ohne 24/7 am Stück zu grinden.
Letzten Endes ist das die Antwort auf die Dominanz von WoW – F2P-Spiele mit Itemshop haben eine niedrigere Einstiegshürde als Abomodelle – und wenn ich ein Abo abgeschlossen habe, werde ich wahrscheinlich keine weiteren Spieleabos für die Laufzeit abschließen, sondern stattdessen das entsprechende Spiel mit maximalem Einsatz spielen, um möglichst viel für mein Geld zu bekommen. Gleichzeitig erwarte ich aber funktionierenden Service – Support, Fehlerbeseitigung, regelmäßig neue Inhalte etc.
Das funktioniert offenbar gut bei Wow aufgrund der hohen Dominanz im Markt und der Spielstruktur von Wow, daneben ist zumindest bis jetzt nur wenig Platz für andere Spiele.
Bei den F2P-Spielen wird nun die Einstiegshürde auf Null gesenkt – man muss sich kein Spiel kaufen, man bindet sich vorerst garnicht, erst nachdem man einige Spielzeit investiert hat, steht man auf einmal vor der Situation, entweder immer mehr Geld in den Itemshop tragen zu müssen oder die bisherige Spielzeit (=Investition in eine Spielfigur, Erlernen der spezifischen Regeln und Abläufe des Spiels, Aufbau von sozialen Kontakten im Spiel) in den Wind zu schiessen… Gleichzeitig ist der (teure) Support zum Spiel keine „Pflicht“ mehr, sondern eine Art „freiwilliger“ Service des Anbieters – ist ja F2P, da kann man doch nicht erwarten, dass da GMs und CMs (wohlmöglich noch mit SPrachkenntnissen^^) beschäftigt werden, gibt ja schließlich Internetforen…
Fairness ist eine subjektive Situationsbewertung. Du verwechselst Wert und Preis und setzt Direktfinanzierung moralisch über Querfinanzierung.
Ich hoffe, du bezahlst immer jeden, wenn du Nutzen aus seinem Verhalten ziehst, und benutzt keine kostenlosen Angebote von Google über Wikipedia bis Facebook. Weil das ja sonst asozial wäre.
Es ist nicht sinnvoll, bei ökonomischen Fragen mit Fairness und Asozialität zu argumentieren.
Interessante Rechtfertigung für Demagogie.
Das Risiko wurde sicher vermindert aber nicht eliminiert. Das liegt in der Natur der Sache. Ich habe früher im Plattenladen die Platten auch (fast) so lang anhören können, wie ich wollte. Ich bin trotzdem immer mal wieder mit Platten nach hause gegangen, die ich danach nur noch ein oder zweimal angehört habe. Platten also, bei denen ich mich in meinem Geschmack getäuscht habe, weil das einmalige Anhören, das noch dazu in einem einzelnen Kontext feststeckt, nicht ausreichte zur Einschätzung. (Das lag insgesamt sicher auch daran, dass ich viele Platten gekauft habe.)
Ich hatte, als ich noch bei netzwertig war, dort einige Beispiele zusammengetragen:
http://netzwertig.com/2009/01/23/optimismus-und-midem-beispiele-erfolgreicher-alternativer-erloesmodelle-fuer-musiker/
„Jill Sobule hat von ihrem Experiment berichtet, ihre Fans verschiedene Bezahl-”Levels” für die Vorfinanzierung ihres letzten Albums anzubieten. Sie hat nahezu 90.000$ auf diese Art zusammenbekommen – weit mehr als ihr ursprüngliches Ziel. Selbst das höchste Level, das nur als Scherz gedacht war, hatte jemand bezahlt: Für 10.000$ erwarb ein weiblicher Fan das Privileg, auf einem der Songs des Albums mitzusingen.“
@marcal: „Im eigenen Angebot die knappen Güter identifizieren und auf diesen einen Erlösstrom aufbauen. Das ist der einzige nachhaltige Weg.“
kannst du den satz anhang von beispielen erläutern?
Und deine Argumentation ist, dass sie defizitär sind, weil sie noch eine Handvoll kostenfrei zugängliche Inhalte nicht hinter die Bezahlschranke gesteckt haben?
Könnte es nicht vielleicht anders herum sein? Oder könnten nicht andere Gründe, wie zu wenig Mehrwert für die Kunden und ineffiziente Akquise bei den Werbeplätzen etc. verantwortlich sein?
Danke für den Kommentar. Welchen Aspekt hatte ich vergessen?
Ich befürchte du verstehst nicht, dass ich asozial tatsächlich in Wortes Sinne meine, nicht als provokative Phrase.
Wenn Güter kostenlos (was ja bedenkt man die Datenschutzprobleme im Falle Google nicht wirklich stimmt) angeboten werden, dann ist das etwas anderes, als wenn man sich Güter aneignet die nicht kostenlos bereit gestellt werden.
Ich stehe Querfinanzierung völlig unemotional gegenüber. Das kann funktionieren für Google und Facebook und Ubuntu, das funktioniert leider nicht für Musik. Zumindest funktioniert es nicht für Newcomer und viele Indies.
Wir können diese Fairnessdebatte gern lassen, aber dann will ich auch nicht von Abmahnwahn o.ä. hören/lesen…
Wenn in deinen Augen der Versuch effektiver politischer Kommunikation gleich Demagogie ist, dann ist das so.
Aber bedenke bitte, dass der Diebstahlbegriff zwar unscharf ist der Kern dieser Aussage damit aber nicht falsch wird.
Dieser Begriff will sagen, dass jemand sich etwas unrechtmäßig aneignet und jemand anderem damit ein ökonomischer Schaden entsteht.
Mal ehrlich… wer ist jetzt der Demagoge?
Fakt ist: Du kannst dir nahezu jeden Song der Welt vor dem Kauf anhören.
Hey… Das ist nicht schön wenn man Fehlkäufe macht… Die Situation kenn ich auch… Ich hab‘ sogar Platten im Schrank, die ich vor 15 Jahren toll fand, und die heute für mich wertlos sind. So ist das Leben…
Das ist keine Rechtfertigung für unrechtmäßige Verbreitung von Inhalten
Die Verknappung wird durch die Zuschreibung von Eigentumsrechten erreicht. Das ist Realität.
Deswegen gibt es Unternehmen, die in Musiker investieren. Deswegen gibt es Musiker, die arbeiten können. Deswegen gibt es die von dir geforderte Qualität.
DRM ist eine Form von Durchsetzung und nicht die Verknappung an sich.
Nochmal: DRM ist nicht mehr im Einsatz!!!
Und selbst wenn… Du erwirbst eine Lizenz für irgendeine Form von Nutzung, wenn dir das nicht gefällt dann kannst du eine andere Lizenz erwerben. Wenn dir keines der Angebote entspricht, dann kommen wir halt nicht ins Geschäft.
Verteilst du Dinge, bei denen du keine Lizenz zum Verteilen hast, entsteht mir als Anbieter Schaden, weil mir dank Urheberrecht ein Ausschließbarkeitsrecht garantiert wird, welches Basis meiner ökonomischen Existenz ist.
Diese Zusammenhänge sind doch nicht so schwer zu verstehen… besonders sollten sie es dann nicht sein, wenn man die neue Ökonomie basteln will….
„Du hast leider nicht geschrieben, dass das Internet dank der Möglichkeit alles schnell und gratis zu veröffentlichen im MÜLL erstickt, siehe Youtube: Billige Handyvideos mit Artefakten und Rauschen, statt tauglicher Produktion.“
Darüber hat Shirky in seinem Buch auch geschrieben. Wenn die Schwelle zur Produktion gesenkt wird, ist das Abfallen der durchschnittlichen Qualität eine logische Folge, weil die Banbreite der Qualität zunimmt. Das war beim Buchdruck seinerzeit nicht anders.
Sicher müssen die Filterwerkzeuge noch besser werden.
@marcal: spitzen beitrag vielen dank dafür!
schade, dass du genau an der stelle der künstlichen verknappung aussteigen möchtest. es hätte mich brennend interessiert, ob du diese auch als grundvorraussetzung für einen florierenden digitalen kulturgütermarkt siehst?
das künstliche verknappung einem paradisischen nicht entspricht bzw. es sich gefühlt nicht um den perfekten weg handelt denken wir wohl alle. aber gibt es den? was ist dein vorschlag und welche alternativen gibt es? flatrates?
Hierzu passt ein Kommentar, denn ich schonmal an anderer Stelle hinterlassen habe, der aber einen Aspekt anspricht, den du vergessen hast:
„Es macht einfach volkswirtschaftlich keinen Sinn, Objekte, die teuer zu entwickeln aber billig zu reproduzieren sind, restriktiv nur einem Teil der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen.
Zu dieser Frage kommt noch ein weiterer Aspekt. Wir sind durch die Digitalisierung an einem Punkt angelangt, an dem die Ausschließbarkeit der Nutzung geistigen Eigentums de facto nicht mehr gegeben ist, bzw. allenfalls durch enormen technischen Aufwand und die Abschaffung etlicher Grundrechte sicherzustellen wäre. Was ist damit gemeint? Einen Tonträger (alternativ Text- oder Filmmedium) konnte man kaufen, und wenn man ihn weitergab, war man sein Examplar los. Heute kann man von Dateien unendlich viele Kopien machen und weitergeben, ohne dass es etwas kostet, und ohne dass es jemand effizient verhindern kann. Damit sind Text, Bild und Ton zu einem öffentlichen Gut geworden, und die Produzenten dieser Güter sollten sich nach anderen Einnahmequellen umsehen. Und die gibt es ja! An jedem der genannten hängen “ergänzende” private Güter dran, deren Einnahmen die Produktion des öffentlichen Gutes finanzieren können. Der Kinobesuch ist das private Gut zum rohen Film. Der Konzertbesuch das private Gut zu puren Musik. Das Buch ist das private Gut zum Text. Für diese Dinge sind die Leute bereit zu zahlen, und die Ausschließbarkeit der Nutzung lässt sich ohne weiteres gewährleisten.“
Eigentlich ist es in einer zivilisierten Gesellschaft üblich, dass man Leistungen bezahlt, wenn man Nutzen erfährt. tut man es nicht ist das eingedenk gesellschaftlicher Normen schlicht asozial. Ich bleibe dabei.
Und unfaires Verhalten ist an sich auch asozial…
Eigentlich ist es in einer zivilisierten Gesellschaft üblich, dass man Leistungen bezahlt, wenn man Nutzen erfährt. tut man es nicht ist das eingedenk gesellschaftlicher Normen schlicht asozial. Ich bleibe dabei.
Und unfaires Verhalten ist an sich auch asozial…
Das ist niedlich…
Wenn du mir jetzt erklärst, wie ich da ein Modell für sagen wir mal 2500 Bands in Deutschland gebastelt bekomme, dann geb' ich dir auf der A2N 'ne Mate aus.
Zunächstmal sind Bezahlschranken bei Websites von Zeitungen nicht sonderlich verbreitet,
und dass in der gesamte Presselandschaft nur Vollidioten arbeiten, die noch nie Werbeakquise gemacht haben, halte ich für ein Gerücht…
Noch besser:
Ich bastel gerade eh an einem neuen Album. Wenn du mir ein glaubhaftes Modell skizzierst quatsche ich das mit meinem Label ab, setze es um und beteilige dich zu 5% an den Erlösen!
Das liest sich für mich als eine ausgefeilte Begründung dafür, weshalb man für jegliche Leistungen nicht mehr zahlen sollte, obwohl man sie in Anspruch nimmt.
Du hast leider nicht geschrieben, dass das Internet dank der Möglichkeit alles schnell und gratis zu veröffentlichen im MÜLL erstickt, siehe Youtube: Billige Handyvideos mit Artefakten und Rauschen, statt tauglicher Produktion.
Solange es gute Künstler gibt die gute Kunst produzieren, werde ich dafür zahlen. Auch für die Verbreitung. Übrigens sind die CD und DVD Preise in anderen Ländern viel niedriger und da verdienen alle(!) auch genug daran. Sonst wäre das nicht möglich.
Im Artikel ging es unter anderem darum, dass diese Risikokosten heute eliminiert bzw. umgangen werden können, was neben anderem diverse Auswirkungen hat. Es ging nicht um Rechtfertigung von irgendwas.
90.000 Dollar Vorschuss in Form von Spenden für die Produktion eines Albums halte ich für beachtlich, nicht für niedlich.
Du hast nach Beispielen gefragt, ich habe eins geliefert.
Natürlich werden auch die neuen Ansätze nicht für alle Bands funktionieren, so wie auch das althergebrachte System nur einem Bruchteil der Musiker ein Einkommen beschert hat. Aber immer mehr Musiker und Bands setzen die neuen Erlösmodelle erfolgreich ein. Das ist nicht von der Hand zu weisen.
Die weiterführenden Links im Artikel könnten hilfreich sein, um sich in das eine oder andere Feld einzulesen, besonders was das Thema Bezahlschranken angeht.
Niemand hat etwas von 'Vollidioten' geschrieben. Die Sales-Abteilungen der etablierten Presseverlage arbeiten schlicht suboptimal, wenn es um den Verkauf der Online-Werbeplätze bei ihren Angeboten angeht, weil sie viele zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht nutzen.
Angesichts der Diskussion hier halte ich deine Grundeinstellung für keine gute Basis für eine Zusammenarbeit.
Ich sehe gerade den Bruchteil, der (semi-) professionell arbeiten kann kleiner werden und nur sehr wenige, die es auf „neue“ Art schaffen.
Man darf halt nicht den Fehler machen nur eine Seite zu betrachten.
Es gibt einige wenige, für die es funktioniert. Das ist schön und in der Tat nicht von der Hand zu weisen!
Leider ersetzen diese paar Leuchttürme nicht das was wegfällt.
Ich meinte den Aspekt, dass Informationen (und darunter fallen bei mir auch Musik und Film) im digitalen Zeitalter „public goods“ geworden sind, es also keine Rivalität im Konsum gibt (da sich Dateien unendlich vervielfältigen lassen), und de facto auch keine Ausschließbarkeit (allenfalls unter sehr großem Aufwand). Gemäß der „Lighthouse“-Theorie von Coase müssen sich die Produzenten dieser öffentlichen Güter jetzt also damit zusammenhängende private Gute suchen, die die anderen querfinanzieren. Der Rest ist oben beschrieben.
Ich war der Meinung, dass du diesen Aspekt nicht in deinem Artikel angesprochen hast. Habe ich mich geirrt?
Natürlich darf man mit „Fairness“ und „Angemessenheit“ argumentieren. Dieses Recht wird sogar vom Gesetz dem Urheber bei Nutzungs- bzw. Verwertungsrechteverhandlungen zugesprochen: §32 UrhG.
Dieser sog. Fairness- oder Bestsellerparagraph sieht vor, dass der Urheber, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entsteht, eine Anpassung des Vertrages und eine angemessene Beteiligung an dem wirtschaftlichen Erfolg der Wertnutzung verlangen kann.
Aber eine wirtschaftliche Nutzung findet ja nicht mehr statt, wenn alles quasi für umsonst im Netz zum Download bereit steht. Gelitten hat letzten Endes somit der Urheber.
Der Unterschied zu Wikipedia, was Du als Vergleich heranziehst, und was nur zeigt, dass Du grundlegendes vergisst oder absichtlich außen vor lässt: kostenlose Inhalte wie z. B. auf Wikipedia werden von vorneherein kostenlos vom Urheber selbst ins Netz gestellt, zum Allgemeinwohl.
Daten, die von „gönnerhaften“ Konsumente beim Filsharing „zur freien Verfügung“ bereitgestellt werden, gehen zu Lasten der Rechteverwerter und letztendlich der Künstler, die sicher gerne von ihrer Kunst leben wollen.
Tut mir Leid, aber Dein Standpunkt und Deine Argumentation entspricht der typsichen, rein subjektiven Situationsbewertung von End-Konsumenten, die selbst überhaupt nicht zu wissen scheinen, was es bedeutet eigene geistige und aufwendige Wertschöpfungen wie Musik oder dergleichen zu produzieren. Es wird immer vergessen, dass irgendwo am Ende des Fließbands, von dem man sich so schön selbstgerecht und selbstverständlich bedient, eine arme Sau hockt, die das alles produzieren muss.
Nein, die Urheberrechte sind erst einmal die Rechte des Urhebers.
Dass sie nur ein Mittel zum Zweck sind, das ist Deine Interpretation. Vielleicht solltest Du wirklich mal, wie oben erwähnt einen eigenen Artikel darüber schreiben. Ich bin gespannt.
Und sicher, die Musikindustrie hat Fehler gemacht, aber sie ist ja auch im Begriff, sich neu zu definieren. Natürlich auch, weil sie es muss.
Doch es ist eine naive Utopie zu denken, dass ins Netz gestellte Wertschöpfungen von der Allgemeinheit fair und angemessen entlohnt werden, wenn man ihr die Chance gibt.
Schönes Beispiel: Trent Reznor. Der hat sicher viele Fans, aber als er ein Album kostenlos ins Netz gestellt hat, mit der Aufforderung „Pay what you want“, da wollte wohl kaum einer etwas zahlen (Auszug aus Wikipedia):
„Trent Reznor produzierte das Ende 2007 erschienene Album The Inevitable Rise and Liberation of Niggy Tardust des amerikanischen Spoken-Word-Künstlers Saul Williams, welches über das Internet gegen freiwillige Zahlung heruntergeladen werden konnte. Er äußerte sich enttäuscht, dass nur 18 Prozent aller Downloader eine Zahlung geleistet hätten.[7]“
Auf Deine Frage:
ein Künstler muss seine Fans nicht zwingend lieben, wenn diese ihn umgekehrt auch nicht wertschätzen, oder?
Und ein Kunde ist ja streng genommen nur ein Kunde, wenn er für ein Produkt oder eine Dienstleistung etwas zahlt. Somit hat die Musikindustrie ja nicht die ehrlichen Kunden als ihre Feinde deklariert. Vielmehr ist es so, dass der Ehrliche unter den Reaktionen der Musikindustrie gelitten hat, weil sie sich ja in irgendeiner Form gegen die sich etablierenden Zustände wehren musste. Verständlicherweise, wie ich finde.
Ein vergleichendes Beispiel: bevor CD-Brenner und MP3’s etabliert waren, war es z. B. möglich, CD’s auch dann noch umtauschen zu können, selbst wenn das Siegel geöffnet war. Ich habe Leute gekannt, die haben sich CD’s „gekauft“, zuhause gebrannt und am nächsten Tag wieder umgetauscht. Heute kann auch ein ehrlicher Kunde kein Xbox-Spiel, CD’s oder Software umtauschen. Dafür können sie sich aber bei diesen schwarzen Schafen bedanken.
Dass also die Musikindustrie oder wie im Beispiel oben Geschäfte tatenlos zusehen sollen, wenn sich gewisse Konsumenten schamlos bedienen, muss man auch verstehen. Wie würdest Du denn umgekehrt reagieren, wenn Dir die Dinge einfach weggenommen werden? Dinge, von deren Verkauf Deine Existenz abhängt.
@MarcelWeiss:
„eine ineffizientere Verteilung von Kulturgütern“? „Monopole für Refinanzierung?“
Das ist selbstgerechter Blödsinn. Der Urheber von geistigen Wertschöpfungen hat das Recht, dass der wirtschaftliche Mehrwert, den seine Kreation bringt und der über die reine handwerkliche Arbeit hinausgeht auch finanziell vergütet wird. Nur so lässt sich letztendlich von Kunst vernünftig leben und dazu dient eben der Urheberschutz:
damit Vertriebsfirmen den Künstler nicht übervorteilen können, dass er vor solchen Ungerechtigkeiten einen Schutz erhält. Aber letztendlich nicht nur vor den bösen kapitalistischen Firmen, sondern auch vor egoistischen „Websozialisten“, die sich ein Schwarz-Weiß-Weltbild zusammenzimmern, wie Du es zum Beispel aufbaust. Womit letztendlich nur schöngeredet werden soll, dass man sich Kulturgut beschaft, ohne die Kulturproduzenten angemessen dafür zu entlohnen.
Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die Künstler, bzw. Urheber, damit glücklich sind, wenn ihre Arbeit von tausenden Menschen konsumiert wird, ohne sie dafür etwas zahlen aber die Arbeit schönfinden. Davon wird der Kühlschrank nämlich nicht voll.
Im letztn Absatz meine ich natürlich, dass die Musikindustrie und Geschäfte NICHT tatenlos zusehen…
„Doch es ist eine naive Utopie zu denken, dass ins Netz gestellte
Wertschöpfungen von der Allgemeinheit fair und angemessen entlohnt
werden, wenn man ihr die Chance gibt.“
Schiebe mir bitte nicht Sachen unter, die ich so nie geäußert habe.
Die Vorstellung selbst von einer „fairen und angemessenen“ Entlohnung
ist eine naive Utopie. Marktpreise und damit Entlohnungen sind immer
Kompromisse der Marktparteien. Je nachdem wen man danach fragt, wird
man immer einen anderen „fairen“ Betrag genannt bekommen.
@Marcel Weiss:
„Die Grenzkosten digitaler Güter liegen bei Null: Es ist für mich als Produzenten irrelevant ob ich von meinem Album eine, zehn oder 1000 digitale Kopien anfertige. Meine Kostensituation bleibt die gleiche. Bei physischen Kopien ist das nicht der Fall.“
Was ist denn mit den Kosten, die die Künstler/produzenten zu bewältigen haben, weil sie sich teure Instrumente, Proberäume, Mixing-Equipement, usw… zulegen und vorfinanzieren müssen, bevor sie überhaupt mal etwas produzieren können, dass dann wieder als kostenloses Kulturgut im Netz weiterverschenkt werden soll? Ist das etwa fair gegenüber den Künstlern?
Aber halt, ich vergesse ja: Fairness hat bei dieser Art von Diskussionen ja nichts zu suchen.
@Marcel Weiss:
Auch hier ist Deine Antwort leider wieder nur sehr ausweichend. Du konntest mir bis jetzt auf keine meiner Fragen und Einwände eine befriedigende Antwort geben, die mir Deine Ansichten besser erläutert.
Und keine Angst, ich will Dir hier nichts unterschieben. Ich sage nur, dass ICH es, ganz allgemeinen, als eine Utopie empfinde, wenn man denkt dass eine Gesellschaft für etwas zahlt, wenn sich es nicht explizit muss. Ein paar wenige, ja, vielleicht. Aber das sind dann eben die Ausnahmen. Also muss man sein Recht irgendwie durchsetzen.
Vielleicht hat sich bei eBay auch deshalb die Sitte eingebürgert, dass man seine Ware erst dann vom Verkäufer zugeschickt bekommt, wenn bei ihm das Geld auf dem Konto eingegangen ist. Weil man eben weiß, wie die Leute sein ‚können‘, aber nicht, weil man kategorisch alle als Feinde ansieht. Ist nur eine reine Vorsichtsmaßnahme.
Im anonymen Internet ist der konkrete Mensch hinter den Files, hinter der Ware oder den abstrakten Informationen dem Konsumenten eben mehr oder weniger egal. Aber das führt jetzt zu weit.
Wie Du sagt, neue Geschäftsmodelle müssen etabliert werden. Doch es liegt alleine nur daran, weil die Industrie Schadenbegrenzung betreiben muss, um wenigstens noch eine Kleinigkeit für ihre Ware zu bekommen. Weil der Konsument sich nun einfach nehmen kann, was er will und sich nicht, so wie früher auch mal in Verzicht üben muss.
Klar, durch diese neuen Umstände muss dann eben die Firma oder der Laden, den man führt abgespeckt werden. Dann müssen halt ’n paar Leute entlassen werden. Vielleicht ja auch nur die Putzfrau, weil man die nicht mehr bezahlen kann. Irgendeiner hat eben Pech.
Da man als reiner Konsument aber zum Glück Distanz zu diesen Dingen hat und sie einen selbst nicht betreffen, kann einem das alles ja zum Glück alles egal sein, solange man seine Musik, Spiele und Filmchen hat. Das Sein bestimmt das Bewusstsein.
nabend marcel. oben beim thema „künstliche verknappung“ bzw. alternativen bzw. deinem lösungsvorschlag hatte ich noch um ein beispiel gebeten. mich interessiert deine ansicht hier brennend, ich fand deine antwort allerdings zu abstrakt und würde mich deshalb wie gesagt um ein beispiel sehr freuen. thx!
Um das Urheberrecht sinnvoll diskutieren zu können, muss man es als
das benennen, was es ist.
Das Urheberrecht hat _Vorteile_, deswegen existiert es, und
_Nachteile_, deswegen entstehen der Gesellschaft nicht nur Nutzen
sondern auch Kosten damit, deswegen ist es in seiner heutigen Form
modernisierungswürdig, und deswegen sind als ein konkretes Beispiel
die heutigen Fristen bis zum Erlöschen viel zu lang.
Aber das ist eine Diskussion für einen anderen Artikel.
Du verwechselst Fixkosten und Grenzkosten bzw. Du setzt alle
Kostenarten gleich. Das ist für das Finden von funktionierenden
Geschäftsmodellen eher hinderlich.
Vielleicht setze ich das gleich, aber es sind eben Kosten, die auch in die Rechnnung mit einfließen, damit überhaupt erst einmal ein Produkt entstehen kann. Sie müssen miteinfließen und sich irgendwann rechnen, damit das Geschäftsmodell kein Selbstausbeutungsmodell wird. Aber letztendlich propagierst Du letzteres mit Deinen Argumentationen. Und meiner Frage oben bist Du mit dieser Wortspalterei auch nur ausgewichen.
Ich meine, der „Witz“ ist ja, dass die „historischen“ Geschäftsmodelle auf der fairen Basis „Kunde bezahlt für ein Produkt, Kunde bekommt das Produkt“ gut funktioniert haben. Sie werden nur unterwandert, weil die Menschen es heute durch das Internet können. Sie erpressen die Urheber und Vertriebe, wenn sie propagieren: Wenn ihr euer Produkt nicht billiger macht, klaue ich es mir im Internet.
Die von Dir und anderen so vielgepriesene kostenlose Kulturverbreitung bezieht sich ja, wenn man ehrlich ist, nur darauf, dass man kostenlos oder zu Dumping-Preisen Unterhaltungsmedien konsumieren will. Seiten wie Wikipedia und andere Wissensquellen, die Kultur und Wissen verbreiten, sind doch schon immer kostenlos – aber DAS will ja keiner zum Genuss konsumieren. ;-)
Für die Gestaltung eines erfolgreichen Geschäftsmodells muss man die Kostenarten zwingend unterscheiden. Ich habe das mal als Thema auf die Liste kommender Artikel gesetzt.
@Marcell Weiss:
„Um das Urheberrecht sinnvoll diskutieren zu können, muss man es als
das benennen, was es ist.
Das Urheberrecht hat _Vorteile_, deswegen existiert es, und
_Nachteile_, deswegen entstehen der Gesellschaft nicht nur Nutzen
sondern auch Kosten damit, deswegen ist es in seiner heutigen Form
modernisierungswürdig, und deswegen sind als ein konkretes Beispiel
die heutigen Fristen bis zum Erlöschen viel zu lang.
Aber das ist eine Diskussion für einen anderen Artikel.“
Nein, das gehört hierher!
Denn im Kern sollen die neuen Geschäftsmodelle, die Du gutheißt, die Urheber- und Verwertungsrechte so aufweichem, dass der Urheber nur noch dasRecht hat, Dinge für eine selbstgerechte Allgemeinheit zu produzieren. Um auf die Gnade zu hoffen, _vielleicht_ über Flattr und Co. ein paar Almosen für seine Ideen und Kunst zu bekommen.
Du mißverstehst in Deiner von mir zitierten Aussage etwas grundlegendes und weichst damit wieder sehr schwammig meiner konkreten Frage und Argumentation aus.
Sinn und Zweck des Urheberrechts ist es nicht, der Gesellschaft zu nutzen, ihr etwas zu schenken, sondern die Rechte des Urhebers zu wahren, den Künstler vor Ausbeutung durch die Gesellschaft zu schützen.
Deine Argumentation unterstreicht somit eigentlich nur meine Ansicht, dass das Urheberrecht heute sogar noch wichtiger ist, als in früheren Zeiten. Denn früher musste man sich „nur“ gegen die Verwertungsindustrie durchsetzen. Heute sind auch noch die Konsumten hinzugekommen, die sich die Dinge einfach nehmen und keinen Respekt mehr vor geistigen Wertschöpfungen haben.
Das wurde im Artikel teilweise bereits angesprochen. Die Produktion von Inhalten ist zum Beispiel ein knappes Gut. Die Verbreitung von jetzt digitalen Gütern ist es nicht mehr. (Ein wichtiger Punkt des Artikel ist die beobachtbare Trennung von Produktion und Verbreitung.) Deswegen sind Flattr und co. quasi als Vorschuss für die künftige Produktion spannende erste Ansätze für institutionalisierte, genuine Bezahlansätze, die sich ohne Konflikt in das System des Internets einbetten lassen.
Womit natürlich weder gesagt ist, dass Flattr und Kachingle die Lösung für alles sind oder dass ausgerechnet sie den Sprung in den Mainstream schaffen. Es geht hier mehr um das zugrunde liegende Konzept und den allgemeinen Ansatz, der in welcher Form auch immer eine wichtige Säule für den digitalen Güterverkehr werden kann.
Andere knappe Güter für Musiker: Konzerte, Merchandise, limitierte Editionen von LPs, Zugang zum Musiker jeglicher Art.
Knappe Güter z.B. für Blogger, die ihre Texte kostenfrei anbieten: Vorträge, Beratung.
Der Unterschied zwischen echter Knappheit und künstlicher Knappheit wird in den Beispielen auch offensichtlich:
Die Tatsache, dass nicht unendlich viele Personen auf ein Konzert gehen oder eine Beratung von Person XY erhalten können, ist nicht Folge einer Entscheidung des Anbieters (Musiker, Blogger, etc.) sondern eine Folge der realen Gegebenheiten.
Die Ansicht, die eigenen Kunden zu Feinden zu erklären, vor denen man
sich schützen muss, hat der Musikindustrie die letzten 12 Jahre keine
guten Dienste geleistet.
Sinn und Zweck des Urheberrechts ist die Sicherstellung der Erstellung
von Kultur jeglicher Art. Das oberste Ziel ist nicht der Schutz der
Künstler. Der Schutz ist Mittel zum Zweck.
In erster Linie ging es im Text um Verschiebungen in der Wertschöpfung
in verschiedenen Branchen und auf Zufällen basierende
Werteinschätzungen, nicht um unautorisiertes Filesharing.
Ehrlich gemeinte Frage: Wenn Du Deine Kunden und Fans für Deine Feinde
hältst, warum willst Du dann weiterhin versuchen, ihnen etwas zu
verkaufen?
@Marcel Weiss:
Das mag sein, aber die Frage, die ich etwas weiter oben indirekt stelle, ist doch:
kann man bei der momentanen Entwicklung und durch das fehlende Unrechtsbewusstsein im Bezug auf Raubkopien _wenigstens_ noch die Fixkosten erwirtschaften, wenn man Kunst produzieren will? Und diese Fixkosten fallen definitiv an und stellen die erste große Hürde dar. Ob dies nun Musikinstrumente, Software oder andere Investitionen sind, ist dabei egal.
Man zu dem deprimierenden Schluss kommen, dass sich die Produktion geistiger Wertschöpfungen nicht mehr lohnt, wenn die „Kulturverbreiter“ dem Kulturschaffenden die herkömmlichen Vertriebswege und somit den Markt kaputt machen und er auf Spenden und Wohlwollen angewiesen ist.
Es wird immer als „Lösung“ in den Raum geworfen, dass der Künstler sich halt nach anderen Möglichkeiten umsehen MUSS, wenn er Geld verdienen will. Als wäre die Arbeit am Werk schon nicht genug. Nein, er soll halt mal zusehen, dass er mal eben so, irgendwie noch einen Mehrwert bietet, wenn er für seine eigentliche Arbeit schon nichts mehr bekommt.
Es wird immer vergessen, dass nicht jeder Musiker Zeit oder Energie hat, ständig Konzerte zu geben. Vielleicht tüftelt er lieber im Studio an seiner Musik. Oder vielleicht ist er auch aufgrund eines Gebrechens nicht dazu in der Lage ist. Aber dann kann er ja zum Glück T-Shirts verkaufen. Merchandising und so.
Oder es ist beispielsweise auch gar nicht so abwegig, dass ein Markt entsteht, in dem es sich für Verlage einfach nicht mehr lohnt, Bücher zu drucken oder eben nur noch eine Bruchteil dessen, was heute noch auf den Markt kommt. Somit bekommen auch kleinere Autoren keine Chance mehr sich zu etablieren.
Wenn man dann auch die Möglichkeit hat, sich deren eBooks kostenlos zu kopieren, was hat dann der nicht auf Papier gedruckte Schriftsteller noch für Möglichkeiten, Geld mit seiner Kunst zu verdienen? Ach stimmt, soll er eben Lesereisen machen, die Sääle füllen und dann das Hütchen herum gehen lassen. Die Reisekosten hat er ja zum Glück schon vorher mit dem Verkauf von T-Shirts gedeckt.
Diese Freund/Feind Kiste ist doch albern. Meine Kunden, oder besser die zahlenden Kunden meines Verwerters, sind natürlich Kunden. Jemand, der meine Werke unlizenziert verbreitet, ist weder mein Kunde noch mein Feind. Der ist einfach asozial.
@“Sinn und Zweck des Urheberrechts ist die Sicherstellung der Erstellung
von Kultur jeglicher Art. „
Aber genau das ist doch Kern meiner Argumentation! Das Urheberrecht ist für die Schaffung von Kulturgütern notwendig! Der Schutz von Künstlern und Verwertern lässt sich davon nicht abkoppeln.
Werteinschäzungn basieren vielleicht im Falle von Spenden oder PayWhatYouWant auf Zufällen, Preise nicht!
@“Sicher müssen die Filterwerkzeuge noch besser werden.“
Ach und ich dachte Verwerter (im Sinne von Finanziers, Veredlern, Marken) seien überflüssig…
„Ach und ich dachte Verwerter (im Sinne von Finanziers, Veredlern,
Marken) seien überflüssig…“
Das wurde von mir nicht behauptet. Abgesehen davon, waren nicht
Verwerter mit „Filterwerkzeugen“ gemeint.
Verschiebung in der Aufgabenteilung bedeutet nicht immer automatisch,
dass jemand überflüssig wird. Überflüssig wird allerdings, wer sich an
die Marktbedingungen nicht anpasst.
Es mag gut sein, dass in der „neuen digitalen Ökonomie“ einige Künstler weniger verdienen werden (obgleich die Empirie bislang das Gegenteil beweist). Aber es ist schließlich nicht das erste mal, dass eine Berufsgruppe aufgrund fortschreitender technischer Entwicklung ihre Daseinsberechtigung verliert oder zumindest in Frage gestellt sieht.
So ging es den Pferdezüchtern, als sich die Automobile verbreiteten; so ging es den Fährleuten, als Brücken gebaut wurden; so ging es den Bankmitarbeitern am Ein- und Auszahl-Schalter, als der Geldautomat erfunden wurde. Sowie in tausenden anderen Fällen.
Wozu braucht es Plattenfirmen, wenn sich Musik losgelöst vom Medium sowie von jeder physischen Beschränkung verbreiten lässt? Gleiches gilt für jene Tageszeitungen, deren einzige „Dienstleistung“ darin besteht, die Agenturmeldungen vom Vortag auf Papier zu drucken. Beide werden auf mittlere Frist verschwinden.
BBC Video: „The businessmodell for young composers is collapsing.“
http://www.bbc.co.uk/news/entertainment-arts-11…
Das lässt sich schön nüchtern und sachlich sagen, wenn man selbst wohl nicht zu dieser „Zunft“ gehört.
Weil heutzutage die Arbeit der Produzenten z. B. über Filesharing illegal „publiziert“ und dadurch wertlos gemacht wird, soll der Künstler also „einfach“ mal gucken, wie er sonst noch Mehrwert generiert, damit er überhaupt eine Gegenleistung für seine eigentliche Arbeit bekommen kann?
Ich kann es nicht anders sagen: das ist einfach nur respektlos und arrogant. Man merkt bei Deiner Argumentation (so wie bei vielen), dass Du selbst nicht zu der Berufsgruppe der Produzenten, Künstler und sonstigen Medien gehörst. Anders kann ich mir die kurzsichtigen und ignoranten Argumentationen nicht erklären.
Hier wird z. B. Filesharing propagiert, wodurch Labels überflüssig werden. Filesharing lässt aber nicht nur Labels überflüssig werden, es führt auch dazu, dass der Produzent bzw. Künstler auch nichts mehr an seiner Arbeit verdient. Oder nur mit viel Glück.
Wenn also diese Berufsgruppe keine Erwerbsmöglichkeit mehr hat, dann hat sie auch irgendwann keinen Bock mehr, etwas für einen „auf-gut-Glück“-Almosenbetrag zu produzieren. Oder es gibt nur noch Grütze.
Deine Argumentation (Vergleich mit den Pferdezüchtern) ist also absurd. Wenn es sich nicht mehr lohnt, geistige Wertschöpfungen zu produzieren, gibt es für die selbsternannten Kulturvberbreiter auch bald nix neues oder nix gutes mehr zu sharen.
Denn die Konsumenten bekommen irgendwann dann als Gegenleistung auch nur noch das, was sie zu investieren bereit ist.
Und nochmal: eine Plattenfirma kümmert sich nicht nur um den Vertrieb, sie managed unter anderem auch den Künstler in anderen Belangen, kümmert sich um neue Verwertungsmöglichkeiten, usw.
Sie kümmert sich eben um all das, worum sich der Künstler Deiner Meinung nach nun in Zukunft auch noch kümmern soll.
„Überflüssig wird allerdings, wer sich an die Marktbedingungen nicht anpasst.“
Sprich: die Künstler.
„Ich möchte Platten verkaufen, um leben zu können, ohne bei Mc Donalds arbeiten zu müssen.“ – Aphex Twin
Hehe, lese in den letzten Wochen auch das Shirkey Buch. Hast Du interessant in Deine Überlegungen eingebaut, die Du seit Monaten immer weiter verfeinerst. Das mit den „historischen Unfällen“ ist ein wirklich erstklassiger Gedanke von Shirkey. schön, dass Du den noch einmal so hervorgehoben hast.